Geschlossene Filiale der Silicon Valley Bank in Massachusetts: Staatsanleihen und Kredite an Tech-Unternehmen © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Scott Brauer
  • Von Andreas Harms
  • 20.03.2023 um 17:03
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Natürlich ist die Frage erlaubt, ob die Probleme der Silicon Valley Bank auch Lebensversicherer ereilen können. Es ist allerdings unwahrscheinlich, weil in den Bilanzen von Banken und Versicherern unterschiedliche Kräfte herrschen. Sehen wir uns das einmal genauer an.

Während bei Banken durch die Bodensatztheorie die Duration in der Aktiva regelmäßig höher ist als in der Passiva, ist sie bei Lebensversicherern – ganz im Gegenteil – kürzer. Ihre Verbindlichkeiten auf der Passivseite laufen enorm lange, mitunter sogar 30 oder 40 Jahre. Damit reagieren sie viel stärker auf die gestiegenen Marktrenditen als die deutlich kürzer laufenden Anleihen in der Aktiva. Heißt: Wenn die Renditen steigen, fällt der Wert der Schulden viel stärker als der Wert des Vermögens. Und das ist gut. Der Fachbegriff hierzu lautet „negative Durationslücke“.

Die konkreten Durationen weisen Versicherer leider nicht in ihren Geschäftsberichten aus. Allerdings haben die Aufsichten Bafin und Eiopa ein Auge darauf. Die Eiopa insbesondere im Rahmen ihrer regelmäßigen Stresstests. Zwar sind auch dort genaue Zahlen nicht so einfach abrufbar, die Behörde betont jedoch regelmäßig, dass Lebensversicherer grundsätzlich eine negative Durationslücke fahren. Was die oben beschriebenen Verhältnisse einfach nur in zwei Worte zusammenfasst.

„Die Reise geht in die richtige Richtung“

Die Eiopa-Chefin Petra Hielkema zeigte sich auf der europäischen Versicherungskonferenz im November 2022 auch durchaus gelassen und sagte: „Der Weg zu beträchtlichen Anteilen an hochrentablen Zinsanlagen in den Büchern der Versicherer ist zwar noch weit und birgt seine eigenen Probleme mit sich. Aber die Reise bei den Renditen geht in die richtige Richtung und ist für die Versicherungsbranche grundsätzlich positiv.“

Bei aller Freude darf man jedoch ein bestimmtes Risiko nicht vergessen: Die Kunden könnten massenhaft Lebensversicherungen kündigen und die Anbieter damit zwingen, Anleihen zu verkaufen. Damit hat sich zum Beispiel auch die Rating-Agentur Assekurata befasst (der komplette Beitrag ist hier). Analyst David Dyschelmann schreibt dazu: „Hier gilt es aber anzumerken, dass aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsmodelle ein solcher Run bei Versicherungen unwahrscheinlich ist. Das Stornoniveau der Lebensversicherer bewegt sich seit Jahren konstant bei knapp über 4 Prozent.“

Sicherlich kann es sein, dass ab einem gewissen Renditeniveau am Markt Kunden ihre Policen verstärkt zurückgeben wollen. Allerdings müsse man das „tendenziell träge Storno- und Optionsausübungsverhalten der deutschen Kunden“ berücksichtigen. Außerdem spielt die Zeit für die Versicherer: Sie können jedes Jahr fällige Anleihen schon wieder deutlich höher verzinst neu anlegen.

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Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare
Ditmar Gall
Vor 1 Jahr

Ich gebe den Versicherern keine 5 Jahre mehr, dass sie in schwierige Fahrwasser geraten. Alle Erklärungen zur Stabilität sind ohne den Wirt gemacht.

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Ditmar Gall
Vor 1 Jahr

Ich gebe den Versicherern keine 5 Jahre mehr, dass sie in schwierige Fahrwasser geraten. Alle Erklärungen zur Stabilität sind ohne den Wirt gemacht.

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