Lisa Wlassa ist Biometrie-Expertin beim Maklerverbund Vema. © Vema
  • Von Lorenz Klein
  • 08.04.2022 um 16:12
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Die Grundfähigkeitsversicherung (GF) tritt allmählich aus dem Schatten der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Denn mit einer BU-Rente, „von der man letztlich nicht leben kann, ist auch niemandem geholfen“, sagt Lisa Wlassa, Biometrie-Expertin beim Maklerverbund Vema. Wie die GF im Vertrieb reüssiert und mit welchen Schwierigkeiten das Produkt noch zu kämpfen hat, sagt sie im Interview.

Pfefferminzia: „Als wesentliche Wachstumstreiber sehen die Lebensversicherer die Fondspolicen sowie Berufsunfähigkeits- und Grundfähigkeitsversicherungen“, heißt es in einer aktuellen Einschätzung der Ratingagentur Assekurata. Teilen Sie diese positiven Aussichten im Hinblick auf die Grundfähigkeitsversicherung, kurz GF?

Lisa Wlassa: Wir bemerken im Biometrie-Bereich immer mehr auch Anfragen im GF-Bereich. Die Makler scheinen so langsam nicht mehr nur den „Königsweg Berufsunfähigkeitsversicherung“ (BU) zu sehen, sondern eben auch nach Alternativen zu schauen. Wir glauben häufig hängt das auch mit dem Gesundheitszustand der Kunden zusammen, da die BU oft abgelehnt oder eben nur mit Ausschlüssen angenommen wird.

Allerdings muss man mittlerweile sagen, dass man nicht mehr pauschal von dem Motto ausgehen kann: „Wer die BU nicht bekommt, kommt dann eben in die GF rein.“ Auch bei der GF werden die Gesundheitsprüfungen strenger. Dennoch scheint die Beratung im Bereich Arbeitskraftabsicherung deutlich breiter gefächert wird als noch vor einigen Jahren.

Beim Analysehaus Franke und Bornberg beobachte man, „dass versicherte Grundfähigkeiten berufsspezifischer werden. Das erleichtert den Zielgruppenverkauf“, hieß es jüngst. Gründet sich der Optimismus der Versicherer im Vertrieb der GF nicht zuletzt auch darauf?

Sicher gehen die Intentionen der Versicherer in Richtung: Den Pflegeberufen kann man direkt eine GF anbieten, da es entsprechende Bausteine und Zielgruppenpakete gibt. Allerdings glauben wir, dass die Makler noch eine gewisse Zeit benötigen, um auf breiter Front warm mit dem Produkt zu werden – nach wie vor wird zuerst an die BU gedacht und dann erst an die GF.

Bis die GF für manche Berufe der neue „Königsweg“ wird, vergeht sicher noch eine gewisse Zeit. Dabei kann eine solide GF-Absicherung mitunter sinnvoller sein, als eine „(zu) kleine“ BU-Versicherung. Das Hauptproblem bei vielen Berufen mit eher niedrigen Verdiensten ist häufig, dass diese beitragsmäßig in der BU sehr hoch angesiedelt sind. Das hat bei der Entscheidung des Kunden dann natürlich Auswirkung auf versicherte Rentenhöhe und die Laufzeit. Mit einer BU-Rente, von der man letztlich nicht leben kann, ist auch niemandem geholfen.

Franke und Bornberg hat den Versicherern Fortschritten bei der Ausgestaltung der Grundfähigkeitsversicherungen attestiert. Was muss aus Ihrer Sicht noch verbessert werden, damit dieses Produkt ein besseres Standing im Vertrieb erhält?

Die versicherten Grundfähigkeiten müssen deutlich klarer definiert werden. Teilweise sind die Formulierungen hier so verwirrend und unterschiedlich, dass man kaum klare Aussagen treffen kann, wann der Leistungsfall ausgelöst wird. Das erschwert den Maklerkollegen, die formulierten Leistungsauslöser auf die konkrete berufliche Tätigkeit eines Kunden zu übertragen. Es ist nachvollziehbar, wenn hier momentan in der Beratung noch Unsicherheit herrscht. Die vielen unterschiedlichen Formulierungen machen diese Produktklasse unwahrscheinlich schwer vergleichbar.

Außerdem sollte man dem Makler klare Wege aufzeigen, wie eine Beratung im Bereich Arbeitskraftabsicherung heute aussehen sollte. Auch aus haftungstechnischen Gründen sollte klar sein, dass eine GF eigentlich mit angeboten werden muss – speziell bei den bereits erwähnten in der BU hochpreisigen Berufsgruppen. Alles in allem glauben wir aber trotzdem, dass das Standing im Vertrieb immer besser wird. Das beobachten wir, wie eingangs schon gesagt, auch durch vermehrte Anfragen im Bereich der GF.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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