So gealssen wie dieser Junge durch sein Fernglas blickt, blicken viele Versicherer in die Zukunft. © picture alliance / Zoonar | NATALIIA ZHEKOVA
  • Von Achim Nixdorf
  • 01.07.2021 um 14:29
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Bei den Versicherern in Deutschland herrscht trotz aller Corona-Folgen mehrheitlich gute Stimmung. Drei von vier Entscheidern erwarten laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Sopra Steria Consulting, dass sich die Branche bis 2023 mindestens so gut entwickeln wird wie die gesamte Wirtschaft. Bei den Vermittlern ist die Stimmung allerdings deutlich gedämpfter.

Trotz der Corona-Pandemie blickt die Assekuranz zuversichtlich in die Zukunft. Über 30 Prozent aller Versicherer sind davon überzeugt, dass sich die Branche in den nächsten zwei Jahren so gut entwickeln wird wie die Gesamtwirtschaft – 41 Prozent erwarten sogar mehr Wachstum (siehe Grafik).

Das zeigt die aktuelle Studie „Branchenkompass Insurance 2021“, die das Beratungsunternehmen Sopra Steria Consulting gemeinsam mit dem F.A.Z.-Institut erstellt hat. Für die Studie wurden nach eigenen Angaben im April 2021 insgesamt 108 Führungskräfte aus der Versicherungsbranche befragt.

Grund zu Optimismus haben demnach vor allem die großen und mittelgroßen Versicherer. Hausrat- und Kfz-Versicherer verzeichneten während der Pandemie geringere Schadenquoten. Die Einbruchszahlen gingen zurück, zudem gab es weniger Verkehrsunfälle.

„Darüber hinaus haben viele Versicherer den Lockdown für Digitalisierungsmaßnahmen genutzt“, schreiben die Studienautoren. „Viel mehr Unternehmen als noch vor zwei Jahren bieten ihren Kunden Apps, Videochats und Self-Services über Online-Kundenportale an. Zudem sind Kundendaten deutlich besser verfügbar. Davon versprechen sich die Unternehmen positive Effekte.“

Die Ergebnisse von Sopra Steria decken sich mit den Prognosen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Auch der Verband geht für die nächste Zeit von spürbaren Erholungseffekten aus, insbesondere wegen eines Nachholbedarfs bei Lebensversicherungen und anderen Vorsorgeprodukten.

Verhaltene Stimmung bei Vermittlern

Bei den Vermittlern, insbesondere bei den kleinen gebundenen, ist die Stimmung allerdings deutlich gedämpfter: Nur jeder Fünfte von ihnen glaubt der Studie zufolge an eine im Vergleich zur Gesamtwirtschaft bessere Geschäftsentwicklung in den kommenden zwei Jahren. Der Grund: Kleinere Vermittler haben stärker mit dem Umstieg auf eine Online-Beratung als Folge der Corona-Pandemie zu kämpfen als große Makler. „Die vertriebsunterstützenden Maßnahmen ihrer Produktgeber werden erst mittelfristig greifen und sich stimmungsaufhellend auswirken“, heißt es in der Studie.

Top-Themen Digitalisierung und Datensicherheit

Trotz der guten Prognosen zeigt die Studie aber auch, dass die Covid-19-Pandemie für fast zwei von drei Versicherern die Top-Herausforderung dieser Zeit bleibt. Themen wie Datensicherheit und Datenschutz rückten vor dem Hintergrund neuer Arbeits- und Beratungsformen immer stärker in den Fokus der Branche – noch vor Themen wie Niedrigzinsniveau oder Regulierung und Kosten. Auch das Thema Nachhaltigkeit schaffe es derzeit auf kaum eine Strategieagenda der Versicherer.

„Das liegt schlicht daran, dass derzeit Corona alle übrigen Aufgaben überstrahlt. Die Versicherer sind gezwungen, zu digitalisieren und als Folge daraus in die IT-Sicherheit zu investieren. Regulierung und Kostenreduktion bleiben allerdings wichtig“, sagt Kai-Uwe Reiter, Leiter Insurance Consulting bei Sopra Steria.

„Versicherer erkaufen sich Zeit“

Veraltete IT-Systeme, zu geringe Budgets und der Mangel an Fachkräften bremsten allerdings benötigte Innnovationen in digitale Geschäftsfelder aus. Einen kompletten IT-Neustart erwartet Reiter daher nicht. Viele Versicherer zögen einen Zwischenschritt vor, indem sie mit ihrer Alt-Software in eine Cloud-Umgebung umzögen. „Damit erkaufen sie sich Zeit. Sie erreichen schnell erste Kostenvorteile der Cloud-Infrastruktur, ohne allerdings das ganze Einsparpotenzial im IT-Betrieb sowie die strategischen Möglichkeiten auszuschöpfen”, ist sich Reiter sicher.

Aus Sicht des Experten täten Versicherer außerdem gut daran, weniger Geschäftsprozesse in ihre eigenen IT-Systeme zu integrieren, sondern diese zunehmend von Plattformen einzukaufen. „Sie wären so viel stärker und schneller als bislang in der Lage, maßgeschneiderte Produkte und Prozesse für ihre Kunden anzubieten.“

Über die Studie

Für den „Branchenkompass Insurance 2021“ wurden im April insgesamt 108 Führungskräfte aus der Versicherungsbranche befragt. Zusätzlich wurden Telefoninterviews mit drei Entscheidern geführt – mit Michael Diener, Vorstandsmitglied der Neuen Rechtsschutz-Versicherungsgesellschaft (NRV), mit Matthias Uebing, Gründer und Vorstand der mailo Versicherung, und mit Guido Leber, Bereichsleiter für die Konzern- und Unternehmensstrategie der ALH Gruppe. Die gesamte Studie können Sie kostenpflichtig hier bestellen.

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Achim Nixdorf

Achim Nixdorf ist seit April 2019 Content- und Projekt-Manager bei Pfefferminzia. Davor arbeitete er als Tageszeitungs- und Zeitschriftenredakteur mit dem Fokus auf Verbraucher- und Ratgeberthemen.

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