Freund deutlicher Worte: Bafin-Chef Mark Branson © picture alliance / Ulrich Baumgarten
  • Von Andreas Harms
  • 14.11.2023 um 12:45
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Bafin-Chef Mark Branson hat in einer bemerkenswerten Rede durchblicken lassen, was er vom europäischen Regulierungsdschungel hält: nicht viel. Stattdessen stecke man in einer Sackgasse, aus der man wieder raus muss. Für diese Worte gab es Beifall vom Branchenverband AfW.

Die deutsche Finanzaufsicht Bafin ist offenbar nicht mit allen Finanzmarktregeln – die sie ja überwachen soll – immer ganz glücklich. Nur so lassen sich die deutlichen Worte deuten, die Bafin-Chef Mark Branson auf der „Euro Finance Week“ in Frankfurt sprach. Und über die das „Handelsblatt“ berichtete.

Bransons Angriffspunkt sind jene Maßnahmen, mit denen die Europäische Union (EU) die nachhaltige Geldanlage in Europa voranbringen wollte (ESG-Anlagen). Kein Zweifel: Regeln sind wichtig, damit Anlegergeld in geeignete Kanäle fließt, um den Weg in die Klimaneutralität zu finanzieren.

Der aktuelle Werkzeugkasten enthält deshalb unter anderem die Offenlegungsverordnung (SFDR), die Taxonomie, die verpflichtende Nachhaltigkeitsabfrage an deutschen Beratungstischen – aber eben offenbar jede Menge Mängel. „Es gibt viel gut gemeinte Regulierung, die das Ziel verfehlt hat und uns teilweise in eine Sackgasse gebracht hat. Da müssen wir wieder raus“, sagte Branson nämlich.

Wobei er sich speziell mit der Taxonomie befasst, die festlegen soll, welche wirtschaftlichen Aktivitäten nachhaltig sind und welche nicht. Doch diese Einteilung ist immer wieder umstritten (Beispiele Atomkraft und Erdgas) und lässt noch immer komplette Branchen außen vor. „Ich denke, die Taxonomie war gut gemeint, aber sie ist nicht der Weg zum Ziel“, sagte Branson. Anstatt Umweltprobleme zu lösen, bringe sie „vielmehr Geld für Beratungsunternehmen in diesem Bereich“.

Doch Branson empfindet das ganze Gebilde inzwischen als zu groß und zu kompliziert. „Ich bin generell der Meinung, dass die Komplexität insbesondere in Europa mit dieser sehr, sehr schweren Regulierungsmaschinerie seine Grenzen erreicht hat“, so der Bafin-Chef. Regulierung sollte aber nicht immer komplizierter werden, sondern präzise eingestellt sein („richtig kalibriert“).

Offenbar ist Branson aber nicht sonderlich frohen Mutes, dass man so eine misslungene Regulierung einfach nachträglich noch auf die richtige Bahn bringt: „Immer hat sich jemand in einen Paragrafen verliebt und deshalb ist es schwierig, Vorschriften wieder zu streichen.“

Beifall für die deutlichen Worte gibt es vom Bundesverband Finanzdienstleistung (AfW). „Diese Deutlichkeit ist bemerkenswert, und auch der AfW hat dies in seiner sehr kritischen Stellungnahme an die European Securities and Markets Authority (ESMA) zur praktischen Anwendung und Umsetzung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage von Kunden im Beratungsgespräch zu Finanzanlagen nach MiFID 2 betont“, lässt der Verband verlauten.

Sein geschäftsführender Vorstand Norman Wirth schreibt im Karrierenetzwerk Linkedin: „Wir erleben hier – leider! – klar ein Scheitern der regulatorischen Intention. Das sollte sich eingestanden werden und dann zu einem neuen Denken und besseren Lösungen führen.“

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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