Guido Bader, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter © Stuttgarter
  • Von Lorenz Klein
  • 12.07.2023 um 12:27
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„Mit diesem Merkblatt schließt die Bafin eine Lücke“, freut sich Stuttgarter-Leben-Chef Guido Bader. In dem neuen Papier erteilt die Finanzaufsicht den Lebensversicherern klare Vorschriften, wie sie mit „frischem Geld“ in nachhaltige Kapitalanlagen investieren können. Was die Kunden und die Versicherer davon haben, erklärt Bader im Interview.

Pfefferminzia: Das Bafin-Merkblatt zu „wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten“ hatte zuletzt rege Diskussionen ausgelöst. Geradezu geräuschlos mutet dagegen die Diskussion um ein ganz neues Merkblatt der Bafin an – vielleicht liegt es ja am sperrigen Titel: Es nennt sich Merkblatt „zur Anwendung des Zuordnungsansatzes durch Lebensversicherungsunternehmen im engeren Sinne sowie Pensionskassen und Pensionsfonds im Rahmen der EU-Offenlegungsverordnung“. Was muss man dazu wissen, was bezweckt die Bafin damit?

Guido Bader: Mit diesem Merkblatt schließt die Bafin eine Lücke. Denn bislang berücksichtigen die europäischen Vorgaben zu Produkten gemäß SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) die Besonderheiten des Sicherungsvermögens in den deutschen Altersvorsorgeprodukten nicht angemessen. Aber letztlich ist das Sicherungsvermögen, also der klassische Deckungsstock, für jedes Produkt relevant – selbst die fondsgebundene Rentenversicherung ist im Rentenbezug irgendwann einmal „klassisch“.

Möchten nun deutsche Lebensversicherer nachhaltige Produkte anbieten, die zusätzliche Angaben nach Artikel 8 oder 9 der SFDR erfordern, beziehen diese Angaben sich aktuell auf das gesamte Sicherungsvermögen – und das wäre für Anleger durchaus irritierend, da hier anfangs sehr geringe Quoten an taxonomiekonformen Kapitalanlagen ausgewiesen würden.

Kurzum: Erst der Zuordnungsansatz der Bafin ermöglicht es den Versicherern, diesen Produkten spezielle Kapitalanlagen „zuzuordnen“ und die gemäß Artikel 8 beziehungsweise 9 der SFDR notwendigen Angaben sodann auf diese zugeordneten Kapitalanlagen zu beziehen. Die ausgewiesenen Quoten taxonomiekonformer Kapitalanlagen würde das deutlich verbessern.

Und damit die Versicherer auch tatsächlich mit „frischem Geld“ in nachhaltige Assets investieren und nicht einfach nur längst vorhandene Kapitalanlagen umwidmen, macht das Bafin-Merkblatt zur Neuanlage dezidierte Vorschriften. Insgesamt ist das eine sehr gute Lösung. Das bewerte ich nicht ganz ohne ein bisschen Stolz, denn die „Grüne Rente“ der Stuttgarter war quasi die Blaupause für den Zuordnungsansatz.

Pfefferminzia: Kürzlich hat die EU-Kommission neue Vorschläge für EU-Taxonomie und ESG-Kriterien gemacht. Wie verträgt sich die laufende Diskussion eigentlich mit der Zielsetzung des Bafin-Papiers?

Die laufenden Diskussionen um die Konkretisierung der EU-Taxonomie und das Bafin-Papier passen sehr gut zusammen. Viele der Artikel 8- oder Artikel 9-Produkte werden sich dadurch auszeichnen, dass sie zu einem signifikanten Anteil in taxonomiekonforme Kapitalanlagen investieren. Konkretisiert die EU im Rahmen der delegierten Verordnungen nun, welche Kapitalanlagen taxonomiekonform sind, können die Versicherer gezielt in diese Anlagen investieren. Das erweitert einerseits das Anlagespektrum der Versicherer und fördert andererseits das Angebot taxonomiekonformer Assets. Genaue Vorgaben verhindern darüber hinaus die zunehmende Gefahr von Greenwashing, da klar geregelt wird, was taxonomiekonform ist und was nicht.

Pfefferminzia: Das Bafin-Merkblatt verlangt unter anderem, dass Finanzmarktteilnehmer dem Anleger erläutern müssen, „wie die für das Finanzprodukt erklärten Nachhaltigkeitsziele erreicht werden sollen und über die Erreichung dieser Ziele berichten“. Was ist so neu an dieser Vorgabe?

Wirklich neu ist an der Vorgabe nichts. Die Berichtspflichten ergeben sich ohnehin aus den Artikeln 8 bis 11 der SFDR. Die Bafin konkretisiert allerdings diese Berichtspflichten für den Fall, dass Unternehmen den Zuordnungsansatz anwenden. Aus Gründen der Transparenz ist es durchaus sinnvoll, Käufer von nachhaltigen Produkten zu informieren, dass sich ihre Überschussbeteiligung aus dem gesamten Sicherungsvermögen speist und nicht nur aus den zugeordneten Kapitalanlagen.

Überprüft werden sollte jedoch, ob es wirklich notwendig ist, einen „Warnhinweis“ für Käufer der anderen, nicht explizit nachhaltigen Produkte in den Angaben gemäß Artikel 6 SFDR einzuführen. Diese Information würde darauf abzielen, dass sich ihr Risikoprofil implizit ändern könnte, wenn vermehrt nachhaltige Produkte verkauft werden. Für das Ziel der nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft wäre das nicht sehr förderlich.

Pfefferminzia: Was bedeutet das Bafin-Vorhaben speziell für die Produktstrategie der Stuttgarter? Erhofft sich Ihr Unternehmen hier womöglich Wettbewerbsvorteile?

Die Stuttgarter ist mit der „Grünen Rente“, die wir bereits 2013 eingeführt haben – also weit vor Veröffentlichung der Taxonomieverordnung oder der SFDR –, ein Pionier nachhaltiger Versicherungsprodukte. Der bei unseren Produkten angewandte Ansatz entspricht im Kern dem Zuordnungsansatz der Bafin. Unabhängig davon, ob wir den Zuordnungsansatz der Bafin künftig anwenden oder nicht, wird sich das nicht ändern.

Wir bieten unseren Geschäftspartnern und Kunden nachhaltige Produkte, bei denen wir die zugeordneten Kapitalanlagen im Sicherungsvermögen einem sehr kritischen externen Review unterziehen. Das ist ein gewichtiger Wettbewerbsvorteil für uns, der auch vom Markt honoriert wird. So liegt der Anteil der „Grünen Rente“ im sehr umsatzstarken bAV-Neugeschäft bei uns bereits bei über 50 Prozent. Dennoch werden auch wir sukzessive unsere „Grüne Rente“ weiterentwickeln. Dazu kann eine Anwendung des Zuordnungsansatzes gemäß der Bafin-Vorgaben durchaus gehören.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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