Noch herrscht Verwirrung, wann ein Produkt nachhaltig ist. © Who is Danny / Freepik.com
  • Von Stephan Busch und Tom Wonneberger
  • 17.11.2022 um 14:05
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Immer mehr Menschen wird Nachhaltigkeit bei ihren Finanzen und Versicherungen wichtig. Gleichzeitig sind sich viele unsicher, ob und wie nachhaltig Finanzprodukte überhaupt sein können. Die Antwort ist nicht einfach, schreiben die Versicherungsmakler Stephan Busch und Tom Wonneberger von Progress Finanzplaner.

Vier Dimensionen auf Anbieterebene

Auf der Anbieterebene betrachten wir die Versicherer, Banken und Kapitalanlagegesellschaften. Es gibt vier Dimensionen, die entscheidend sind, damit (diese) Unternehmen Nachhaltigkeit effektiv verankern und umsetzen können.

Wesentlichkeit

Unternehmen sollten herausfinden, wo sie wirklich große Auswirkungen haben und wo nicht. Das bedeutet, analytisch die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte herauszuarbeiten. Beispiel: Änderung der Kapitalanlage statt einen Baum für einen Vertrag zu pflanzen.

Kompetenz

Um Nachhaltigkeit strategisch zu verankern und erfolgreich umzusetzen, braucht es Kompetenz. Die Mitarbeitenden müssen befähigt werden, Nachhaltigkeit zu verstehen und auszuführen. Ist dieses Wissen nicht im Unternehmen vorhanden, sollte es extern eingekauft werden.

Strategie

Für eine klare Orientierung und eine dauerhafte Verankerung im Unternehmen braucht es eine Nachhaltigkeitsstrategie. Eine Strategie benennt den Status quo und Ziele. Diese sollen durch glaubwürdige Maßnahmen erreicht werden. Es reicht eben nicht, auch Nachhaltigkeit irgendwie zu berücksichtigen. Sie muss integraler Unternehmensbestandteil sein.

Kultur

Letztendlich sind Unternehmen die Summe der dort arbeitenden Menschen. Erst wenn Nachhaltigkeit Teil der Gespräche, der persönlichen Ziele, der alltäglichen Arbeit und der Vision werden, kann sie dauerhaft gelebt werden. Stellen Sie sich eine Finanzfirma mit toller Nachhaltigkeitsstrategie vor, aber alle fahren mit dem Auto zur Arbeit oder bezahlen Männer und Frauen unterschiedlich. Das ist keine gelebte Nachhaltigkeitskultur!

Versicherungsgedanke ist nachhaltig

Der Grundgedanke der Versicherung ist nachhaltig: Eine Versicherung ist eine Gemeinschaft, ein Kollektiv, in dem viele (die Versicherten) einen kleinen Beitrag einzahlen (Versicherungsprämie) und im Schadenfall jemand eine definierte Versicherungsleistung erhält. Es gilt also das Prinzip „Alle für einen“. Die Versicherung selbst übernimmt dabei die Funktion der zentralen Sammelstelle der Beiträge und Leistungen.

Damit eine Versicherungsgesellschaft vollständig nachhaltig ist, muss sie drei Dimensionen berücksichtigen. Erstens, den nachhaltigen Betrieb. Das betrifft alles, was das Unternehmen macht und braucht, um überhaupt wirtschaften zu können. Das sind zum Beispiel ein grünes Gebäude als Firmensitz, ein reduzierter oder alternativ betriebener Fuhrpark und die aktive Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, der faire Umgang mit Mitarbeitenden und Familienfreundlichkeit.

Zweitens: die Kapitalanlage. Das dürfte der größte Hebel sein, schließlich geht es hier um Billionen Euro. Einerseits kann der Versicherer Negativ- oder Ausschlusskriterien definieren, also beispielsweise keine Investitionen in Rüstung, Gentechnik, Tierversuche oder Atomkraft zulassen. Andererseits oder ergänzend kann er eine Positivliste anwenden. Das sind Investitionen in erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft, soziale Wirtschaft (Schulen, Seniorenheime, Krankenhäuser) oder fairen Handel. Als drittes Element kann eine nachhaltige Immobilienbewirtschaftung dienen. Schließlich sind Versicherer mit 62 Milliarden Euro (Stand 2021) große Immobilieneigentümer.

Und drittens: die Produkte. Auf Produktebene tut sich derzeit am meisten. Das können höhere Erstattungen für nachhaltige/klimafreundliche Neuanschaffungen sein oder das Belohnen nachhaltigen Verhaltens seitens des Versicherten.

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Stephan Busch

Stephan Busch und Tom Wonneberger

Stephan Busch und Tom Wonneberger sind Versicherungsmakler und Inhaber der Progress Finanzplaner aus Dresden.

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