Peter Schmidt ist Unternehmensberater und Geschäftsführer von Consulting & Coaching in Berlin. © C&C
  • Von Peter Schmidt
  • 10.07.2017 um 11:18
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Kein Mensch ist frei davon: Heimlich oder offen beobachten, vergleichen, bewerten – oder gar abwerten. In der Branche der Versicherungsvermittler ist das nicht anders. So manches Statussymbol muss dazu herhalten, um den schönen Schein über das doch eher trübe Sein zu breiten. Wie sieht aber die Realität bei Vermittlern aus? Wie diese mit der Gefahr, das eigene Lebenswerk zu überschätzen, richtig umgehen, erläutert Unternehmensberater Peter Schmidt in seiner Kolumne.

Schaut, wie toll ich bin. Nicht erst seit dem Werbespot eines Geldinstitutes Ende der 1990er Jahre ist der Slogan „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“ sprichwörtlich geworden. Er ist ein Klassiker geworden, der fast tagtäglich seine Renaissance findet: Kaum ein Vermittler, der nicht sein PS-starkes Auto gerne bei Facebook oder Instagram postet. Bei den Häusern und Wohnungen ist man da schon etwas vorsichtiger. Schließlich versteht man gerade vor der Urlaubszeit etwas von Vermeidung von Einbruchdiebstählen (Achtung Satire!).

Wir glauben eben (ganz pauschal) zu gerne selbst, dass wir besser, leistungsfähiger, erfolgreicher oder auch netter sind. Und hübscher. Natürlich erst Recht im Straßen-verkehr. Psychologen erklären das – zunächst ganz harmlos – damit, dass wir einfach nicht nur Durchschnitt sein wollen. Dies liegt uns sicher ein Stück weit in den Genen. Dazu kommt, – ein Stück Selbsterhaltungstrieb lässt grüßen – dass wir uns aus Eigenliebe auch überschätzen. Und je inkompetenter umso schlimmer, meinen die amerikanischen Psychologen David Dunning und Justin Kruger:

„Wenn jemand inkompetent ist, dann kann er nicht wissen, dass er inkompetent ist. […] Die Fähigkeiten, die man braucht, um eine richtige Lösung zu finden, [sind] genau jene Fähigkeiten, die man braucht, um eine Lösung als richtig zu erkennen.“

Selbsteinschätzung und Realität

Nach dem etwas satirisch angehauchten Blick in die menschliche Seele lassen Sie uns nun in die Realität der Vermittlerschaft schauen. Als Spiegelbild sollen uns auszugsweise eine aktuelle Studie, vorgelegt von den Professoren Beenken und Radtke „Betriebswirt-schaftliche Strukturen des Versicherungsvertriebes“, sowie meine eigenen Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit Vermittlerkollegen dienen.

Grundlage der Studie von Beenken und Radtke ist eine alle zwei Jahre durch den Bundeverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) durchgeführte Befragung, zu der fast 4.000 vollständig ausgefüllte Fragebögen ausgewertet werden konnten. Größter Nachteil der Studie ist die Struktur der teilnehmenden Vermittler, die aber aus der Struktur des BVK selbst resultiert. Besonders die Aussagen der Studie zu Maklern (etwas über 200 Teilnehmer) sind deshalb mit etwas Vorsicht zu genießen.

Fast einheitlich nach Vertriebswegen sind die Hälfte der Teilnehmer der Studie über 50 Jahre alt. Dem stehen nur rund zwanzig Prozent der Teilnehmer gegenüber die im typischen Existenzgründeralter sind. Damit wird die bekannte Tatsache, dass wir grundsätzlich ein Problem mit der Nachfolge in allen Vertriebsformen haben. Und es wird auch deutlich, dass die Hälfte der Vermittler eine Nachfolgeregelung treffen muss und wird. Das Lebensalter ist da unerbittlich.

Es muss damit zu einer realistischen Selbsteinschätzung besonders für Makler in der Altersgruppe 50plus gehören, dass der Verkaufserlös für den eigenen Bestand oder die eigene Maklerfirma als Beitrag zur Altersversorgung durch ein zu erwartendes Überangebot in den kommenden Jahren gefährdet werden kann. Nur wer einen qualitativ hochwertigen Bestand und ein gut strukturiertes Unternehmen an den Markt bringt, wird den erwarteten Verkaufserlös auch realisieren können.

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Peter Schmidt

Dr. Peter Schmidt ist seit 2013 Inhaber der Unternehmensberatung Consulting & Coaching in Berlin und als Experte für Strategie- und Prozessberatung für Versicherer, Maklerpools, Vertriebe und Makler tätig.

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