Hund mit Futternapf: Dentolo arbeitet über seine Marke Petolo mit Fressnapf.de zusammen © Adriana Morales / Pixabay
  • Von Andreas Harms
  • 05.06.2023 um 13:44
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Der Versicherer Zurich ließ auf einer Pressekonferenz durchblicken, wie es bei seinen Digitaltöchtern Dentolo und DA Direkt so läuft. Und es lässt sich festhalten: Bestens. Dabei helfen nicht zuletzt ausgeklügelte Systeme und ein paar bemerkenswerte Handgriffe.

Man kann ja so schnell durcheinanderkommen. Da ist das eine Unternehmen: Dentolo. Und da ist das andere Unternehmen: DA Direkt. Beide sind Töchter des Versicherers Zurich. Und beide sind sehr digital. Und bei beiden läuft das Geschäft. So gut, dass Zurich zur – digitalen – Pressekonferenz lädt, über seine Digi-Töchter berichtet und somit interessante Einblicke in deren Geschäftsmodell gibt.

Tatsächlich ist das, was man da zu hören bekommt, sehr erfreulich. DA Direkt räumte 2022 Beiträge in Höhe von 21,4 Millionen Euro ab – mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr. Da waren es noch 8,6 Millionen Euro. Ein sichtlich gut gelaunter Zurich-Digitalvorstand und DA-Direkt-Chef Peter Stockhorst meint dann auch: „Ich kann auch in den nächsten Jahren solche Folien auflegen.“ Soll heißen: Das digitale Versicherungsgeschäft hat zweifellos noch einige sehr gute Jahre vor sich.

Doch wie gesagt, man kann schnell durcheinanderkommen. Also sortieren wir jetzt mal: DA Direkt ist ein 100 Jahre alter Versicherer, den der Zurich-Konzern im Jahr 1928 kaufte und zu seinem Sachversicherer erkor. 2019 schloss er alle Geschäftsstellen und baute ihn zum Digitalversicherer um. Er versichert Hausrat, Autos, private Haftpflicht, Tiere, Unfälle und Zähne und hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. Ist es damit ein Fintech? Ja. Ist es ein Start-up? Nein.

Dentolo vermittelt und verwaltet für DA Direkt

Auf der anderen Seite ist da die Dentolo Deutschland GmbH. Die hat ihren Sitz in Berlin, ist ein Versicherungsvertreter mit Erlaubnis nach Paragraf 34d der Gewerbeordnung und vermittelt ausschließlich Zahnzusatz- und Tierkrankenpolicen der DA Direkt. Außerdem verwaltet Dentolo für DA Direkt in diesen beiden Kategorien die Bestände und bearbeitet die Schadenfälle. Gestartet ist Dentolo 2015 als Vergleichsplattform für Zahnbehandlungen. 2019 griff schließlich Zurich zu und übernahm das Insurtech. Verantwortlich war damals schon eben jener Peter Stockhorst, der als Vorstandschef der DA Direkt insbesondere das starke Zahnarzt-Netzwerk von Dentolo nutzen wollte.

Und das läuft. Dentolo hat DA Direkt allein über das Zahnzusatzgeschäft vom etwas einseitigen KFZ-Geschäft weggebracht und beim Neugeschäft sichtlich breiter aufgestellt. 2021 kam mit Petolo als eigene Marke von Dentolo das Segment der Tierkrankenversicherungen hinzu. Die Wachstumsraten liegen hoch. So hat sich das gebuchte Prämienvolumen im Geschäftsfeld Digital Health (Zahnzusatz und Tierkranken) von 1,7 Millionen Euro Ende 2020 auf 21,4 Millionen Euro 2022 vervielfacht. Der Bestand wuchs in derselben Zeit von 4 auf 31 Millionen Euro und betrug Ende Mai gar 42 Millionen Euro. „Sogar das Wachstum wächst“, fasst es René Billing, Vorstand „Direct Insurance“ bei DA Direkt, mit einem sehr schönen Satz zusammen.

„Den Customer happy machen“

Ebenfalls aufschlussreich ist es, wenn man Dentolo-Mitgründer Philipp Krause zuhört. Einerseits bekommt man dadurch einen Eindruck, wie Fintech-Gründer in Berlin so reden. Da fallen dann Sätze wie: „Wir wollen den Customer happy machen“, tauchen ständig irgendwelche Funnels, also Trichter auf, und der Kunde begibt sich auf eine „Customer Journey“.

Das ist ein wenig bizarr, zeigt aber eben inhaltlich, wie durchdacht das Ganze ist. Die Schadenfälle (also die Claims) werden zu 85 Prozent digital übers Kundenkonto übermittelt und zu 60 Prozent automatisch verarbeitet. Und die Akquise läuft durch „smartes Targeting“ und „Awareness-Kampagnen“ nicht etwa mit der Gießkanne, sondern gut zugeschnitten über automatische Plattformen. Und über sogenanntes Pull-Marketing versucht man, direkten Bedarf bei den Menschen zu wecken, damit sie von sich aus nach Produkten fragen. Das ist laut Philipp Krause nur halb so teuer wie Push-Marketing, bei dem man die Produkte anpreist.

Doch gerade bei der Akquise landeten die Strategen einen offenbar wirkungsvollen Treffer. Denn mit Fressnapf holten sie sich Deutschlands größten Online-Händler für Tierzubehör mit ins Boot. Wenn man jetzt dort etwas kauft, bekommt man eine Petolo-Versicherung für den kleinen Liebling gleich mit angeboten. Darin mit enthalten ist ein Online-Tierarzt, den man per Video-Schalte befragen kann. Und der jedes zweite dort vorgetragene Problem schon auf diese Art lösen kann, wie René Billing anmerkt. Über 14.000 Gespräche habe es so schon gegeben. Für Fressnapf bringt die Zusammenarbeit zwei Vorteile: Es kann sich einerseits als Komplett-Umsorger präsentieren und bekommt dafür andererseits natürlich Provision.

Finanzstarker Partner im Rücken

Nun ist Wachstum zweifellos eine schöne Sache. Doch wenn die Geschäftszahlen rot bleiben, nützt am Ende das schönste Wachstum nichts. Das belegt insbesondere die zuletzt von Geldsorgen geplagte Fintech-Szene in Berlin. Investorengeld ist seit der Zinswende knapp geworden. Der Dienstleister Wechselgott musste beispielsweise im Mai aufgeben.

Insofern können sich Dentolo und DA Direkt zunächst einmal glücklich schätzen, zur Zurich zu gehören und damit einen finanzstarken Partner im Rücken zu haben. Dentolo noch mehr als die DA Direkt. Denn zwar teilt Zurich auf Anfrage keine Geschäftszahlen zu Dentolo mit. Doch laut einem Geschäftsbericht der Zurich Beteiligungsgesellschaft liegt der Jahresfehlbetrag der Berliner 2022 bei mehr als 5 Millionen Euro.

Das gleicht DA Direkt sauber aus, indem es seinen Bestand profitabel hält. Der operative Gewinn lag 2022 bei 5,8 Millionen Euro. Die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) beträgt solide 89 Prozent.

Darauf lässt sich zweifellos aufbauen. Und Peter Stockhorst kann auch in den kommenden Jahren sicherlich ein paar erfreuliche Folien auflegen.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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