Beratungsszene: Mit den Kundeneinwilligungen hapert es in der Versicherungsbranche oft noch. © mindandi/Freepik
  • Von Redaktion
  • 31.05.2022 um 14:40
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Es ist ein Dilemma: Viele Kunden wollen individuell behandelt werden, willigen aber nur selten in Maßnahmen ein, die das ermöglichen. Ralf Pispers, Geschäftsführer des Software-Hauses Personal Business Machine, geht in seinem Gastbeitrag auf dieses Thema ein.

„Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage.“ Wer kennt ihn nicht, den berühmten Satz aus William Shakespeares Stück „Hamlet“. Diese zentrale Fragestellung der Rache-Tragödie ist leider aktueller denn je. Auch für das Versicherungswesen. Nur eben anders formuliert: Einwilligen oder nicht einwilligen, das ist hier die Frage. Jeder will als Kunde individuell behandelt werden, doch nicht alle erfüllen die Voraussetzungen dafür.

Nur ein Bruchteil der Konsumenten willigt ein, über neue Produkte und Services digital informiert zu werden – das Drama des Zögerns. Hut ab vor dem großen William Shakespare, dessen Worte auch nach mehr als 420 Jahren immer noch aktuell sind – auch für die Versicherungsbranche.

Ist es die deutsche Skepsis, die dem Versicherungswesen einen Strich durch die Rechnung macht? Oder sind es die deutschen Versicherer, die Probleme haben, ihre Kunden von dem Mehrwert der digitalen Kommunikation zu überzeugen? Eine von uns betreute Bachelorarbeit zum Thema „Permissions und Kundenplattformen“ geht diesen Fragen auf den Grund.

Wie hatte der absolute Klassiker der Weltliteratur, Charles Dickens, nochmal gesagt? „Auch eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig“. Auch Versicherungen müssen mit diesem Paradoxon leben. Schnelligkeit, Übersichtlichkeit und Verfügbarkeit rund um die Uhr – ja gern, wer wünscht sich das nicht? Elektronische Werbeeinwilligung gemäß EU-DSGVO – nein. Eine Zwickmühle. Schnell und unkompliziert Schäden melden oder Belege für Behandlungen einreichen – mit den digitalen Kundenplattformen können Versicherungskunden ihre persönlichen Daten digital verwalten, vorhandene Policen einsehen, Anfragen stellen oder auch neue Tarife abschließen.

Auf der Unternehmensseite ist es möglich, dem Kunden maßgeschneiderte Angebote über die Plattform anzubieten oder auf konkrete Anliegen schnell zu reagieren. Weiterhin können Daten, die aus getätigten Handlungen des Kunden innerhalb der Plattform entstehen, zu Erkenntnissen aufbereitet werden. Doch der Kunde muss erst in die Verarbeitung einwilligen, bevor ihm maßgeschneiderte Angebote gemacht werden können.

Bei der Umsetzung in der Praxis allerdings hapert es. Das Einholen der Kundeneinwilligung entwickelt sich zunehmend zu einer Handlung von hoher Relevanz. Die Mehrheit der Versicherungsunternehmen (über 90 Prozent) versteht, dass das ein entscheidender Erfolgsfaktor für die richtige Ansprache ihrer Kunden sind. Allerdings liegen den Unternehmen im Schnitt nur von 29 Prozent ihrer Kunden eine entsprechende Erlaubnis vor.

Nur knapp die Hälfte holt aktiv Einwilligungen ein

Die Kluft zwischen Relevanz und dem Vorliegen der Kundeneinwilligungen ist zu groß. 65 Prozent der Befragten stimmten zu, dass es ihrem Unternehmen schwerfällt, die Kundeneinwilligung einzuholen und nur knapp 58 Prozent gaben an, dass sich ihr Unternehmen aktiv um eine solche bemüht.

Die Kanäle, auf denen die Kundeneinwilligungen eingeholt werden, stellen für viele Versicherungsunternehmen ein gravierendes Problem dar. Noch wird die Mehrheit der Kunden via Brief kontaktiert. Ungefähr 60 Prozent der Prozesse in den Unternehmen, so die Studie, basieren noch zum Großteil auf Papier. Das bedeutet einen erhöhten Aufwand für den Versand und höhere Kosten. Laut Umfrage digitalisieren die meisten Unternehmen die Kundenreise nicht in umfangreichem Maße. Sie schaffen es vor allem nicht, die Kundinnen und Kunden von der postalischen in eine digitale Customer Journey zu konvertieren. Es fehlt an Wissen, Digitalisierung und dem Verständnis für geeignete Methoden.

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