Ein Schild an der Tür einer Zahnarztpraxis weist nach der Flutkatastrophe im Juli dieses Jahres darauf hin, dass die Praxis für längere Zeit geschlossen bleiben muss. © picture alliance/dpa | Thomas Frey
  • Von Redaktion
  • 22.09.2021 um 16:51
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Hygiene ist bei Gesundheitsdienstleistern ein sensibles Thema. Mangelnde Hygiene gefährdet nicht nur die Gesundheit und vergrault Kunden oder Patienten, sie gefährdet auch die Betriebserlaubnis. Denn die Anforderungen an Sauberkeit sind in dieser Branche deutlich strenger als in anderen Wirtschaftszweigen. Für Versicherungsvermittler ist das eine Chance, erklärt Experte Lothar Droste in seinem Gastbeitrag.

Vor einigen Jahren, im Sommer 2016, passierte in einer Berliner Apotheke etwas, was wohl mit Fug und Recht als „GAU“ für die Inhaberin bezeichnet werden kann. Heftige Starkregen fluteten die Kanalisation der Stadt. Irgendwo in der Nähe der Apotheke befand sich unter der Erde im Kanalsystem ein defektes Rückhalteventil. Und das hatte Konsequenzen: Schmutzige, braun-graue Abwässer drangen in die Apotheke ein. Die unteren Räume mit dem Lager standen innerhalb kurzer Zeit mehr als einen Meter unter Wasser. Eine undefinierbare Brühe kontaminierte Labormöbel, Kühlschränke und Regale, dicht bestückt mit Medikamenten und Kosmetik, Werbemitteln und Ordnern. Klar war, dass die gesamte Ware nach den üblichen Vorgaben vernichtet werden musste.

Doch mit der Entsorgung der Medikamente und Kosmetik war der Schaden noch längst nicht behoben. Bei Wasserschäden in Apotheken droht nämlich immer die Gefahr, dass sich Pilze ausbreiten oder eine Verkeimung – etwa mit Coli-Bakterien – stattfindet. Bei Schmutzwasser ist die Gefahr besonders groß. Schnelle Hilfe ist daher dringend notwendig. In unserem Fall alarmierte der Versicherungsvermittler kurz nach 18 Uhr eine Reinigungsfirma, die auch für sensible Reinigungen zertifiziert ist. Bei der Apotheke kam um 21 Uhr die Feuerwehr an und begann mit dem Abpumpen der Brühe. Eine halbe Stunde später war auch der Schadendienst vor Ort und übernahm die Apotheke von der Feuerwehr.

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Der Dienstleister schaffte es bis Mitternacht, das Wasser abzutransportieren. Was nicht durchnässt war, wurde in Sicherheit gebracht. Damit es am nächsten Morgen in der Apotheke nicht nach Kloake stank, wurde der Keller mit einer Unterdruck-Entlüftung durch den Schornstein ausgestattet. Fünf Trockner waren im Einsatz und arbeiteten ununterbrochen die nächsten fünf Wochen lang.

Ausräumen, desinfizieren, dokumentieren

Am Tag nach der Flutung begann das weitere Ausräumen, denn alles, was nass war, musste eingepackt oder abgebaut, für die Regulierung erfasst und dann entsorgt werden. Bei einem Abwasserstand von 1,20 Meter betraf das so gut wie alles in den tiefer gelegenen Räumen. Danach wurde der gesamte Keller mehrfach desinfiziert und mit einem speziellen antibakteriellen Anstrich behandelt. Fachleute prüften Elektroleitungen und Heizungsanlage. All das wurde exakt dokumentiert.

Eine vollständige Dokumentation inklusive Feuchtigkeits-, Bakterien-, Pilz- und Sporengutachten lag vor. Der Versicherer konnte schnell zahlen und selbst der Pharmazierat war zufrieden. Entscheidend für den glimpflichen Schadenverlauf war die schnelle Reaktion. Ohne unverzügliches und professionelles Eingreifen wäre die Apotheke wohl für mehrere Monate geschlossen gewesen – mindestens.

Schleichendes Risiko

Praxen in Gebäuden sind, wie alle Gebäude, von latenten Risiken nicht ausgenommen. Wasserschäden treten auch aus Defekten an Anlagen auf. Nicht akut, sondern sehr langsam. Es ist wenigen Eigentümern und Gebäudenutzern bewusst, dass haustechnische Anlagen nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Industrie und Handwerk geben eine Gebrauchsfähigkeit von 50 Jahren vor. Mietet man beispielsweise Praxisräume in einem Gebäude aus dem Baujahr 1980 ist die Frage nach der Erneuerung der Anlagen wichtig. Warum das so ist, liegt auf der Hand. Bestimmungswidrig austretendes Wasser aus Anlagen wird selten bemerkt. Aus Tröpfchenlecks tritt Wasser aus, und da in modernen Räumen alle Rohrleitungen verdeckt liegen, wird das lange Zeit nicht bemerkt. In Hohlräumen, wie zum Beispiel in der Trittschalldämmung des Bodenaufbaus, beginnt ein Wachstum von Mikroorganismen, die Sporen und Keime in die Raumluft abgeben. Wenn man es riecht, ist schon eine Gebäudekontamination in vollem Gange.

Als Eigentümer sollte man dieses Risiko auf ein Minimum begrenzen, indem Fachleute aus der Haustechnik die Anlagen auf Betriebssicherheit nicht nur begutachten, sondern richtig prüfen. Als Mieter sollte man sich den resultierenden Haus-Check aushändigen lassen, den Fachunternehmen als Ausweis ausfertigen. Vor Mietbeginn lassen sich übrigens derartige Kontaminationen auch mit einfachen Untersuchungen auffinden, um nicht nur augenscheinlich intakte Räume zu übernehmen, sondern verbriefte Sicherheit zu latenten Risiken zu haben, wenngleich das nur temporär Sicherheit bringt.

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