Nach dem Wasserschaden kommt der Schadenregulierer: Reinhard Hinmüller misst den Feuchtegehalt einer Wand. © Reinhard Hinmueller
  • Von Redaktion
  • 01.07.2015 um 12:10
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Hat es gebrannt oder flutet eine geplatzte Wasserleitung das Haus, kommt Reinhard Hinmüller ins Spiel. Der freie Schadensachverständige begutachtet die Unglücksstelle und empfiehlt Sofortmaßnahmen.

Pfefferminzia: Herr Hinmüller, Sie sind hauptsächlich in Bayern tätig. Welche Schäden beschäftigen Sie am häufigsten? Wo beobachten Sie Zuwächse?

Reinhard Hinmüller: Mehr als 80 Prozent aller Schadenfälle gehen auf Wasserschäden zurück. Diese Schäden treten häufiger an älteren Gebäuden auf. Insgesamt zugenommen haben Sturmschäden, teilweise bedingt durch die Klimaerwärmung. Oft werde ich aber auch nach einem Diebstahl zum Begutachten von aufgebrochenen Türen und Fenstern gerufen.

Kommt für all das die Wohngebäudeversicherung auf?

Je nachdem, zu welchen Konditionen sich der Hauseigentümer versichert hat. Heute decken die Verträge zumeist die Risiken Feuer, Leitungswasser, Sturm und Hagel ab. Der zusätzliche Elementarschutz berücksichtigt auch Risiken wie Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen und witterungsbedingten Rückstau, der zum Beispiel bei einer überlasteten Kanalisation auftreten kann.

Wann und wie werden Sie tätig?

Wird ein Schaden bekannt, beauftragen mich Unternehmen wie die Oberösterreichische Versicherung in Deutschland. Ich bin selbstständig und arbeite  unabhängig für mehrere Gesellschaften. Wenn ich gerufen werde, mache ich mir vor Ort persönlich ein Bild über den Hergang des Unglücks. Dann erstelle ich einen Sachverständigenbericht.

Was sagt der Gutachter zum Elementarschutz – sollte man den einschließen?

Das halte ich für sinnvoll. Unwetter verursachen immer mehr Überschwemmungsschäden. In Gebäude kann das Wasser auch über fehlende oder defekte Rückstauventile eindringen, sodass der Keller schließlich vollläuft.

Ist der Kunde mit einem Komplettschutz rundum abgesichert?

Weitgehend ja. Außergewöhnliche Ereignisse wie ein Baum, der bei flauem Wind umstürzt oder latente Bodenkontaminationen oder in Überflutungsgebieten gebaute Häuser wird allerdings kaum ein Versicherer abdecken. Außerdem müssen Hauseigentümer ihren Obliegenheiten und Sicherheitsvorschriften nachkommen. Sie dürfen ihr Gebäude nicht verwahrlosen lassen oder nach dem Eintritt eines Schadens einfach warten.

Manche Eigentümer versuchen auch, die grundlegende Sanierung ihres Gebäudes auf die Versicherung abzuwälzen. Das ist natürlich nicht statthaft und wird meist schnell erkannt.

Werden solche Manöver denn häufig versucht?

Bedauerlicherweise ist das nicht selten. Ich wurde einmal zu einem Schaden gerufen, bei dem angeblich ein Sturm ein großes Flachdach beschädigt hatte. Man sah aber eindeutig, dass seit längerer Zeit Wasser von oben in das Gebäude eingedrungen ist. Ich fand ein verwittertes Kunststoffdach vor, das bereits mehrfach notdürftig repariert worden war. Die Behebung eines solchen Mangels obliegt eindeutig den Eigentümern.


Betrugsversuch: Sonne, Wind und Regen haben das PVC-Dach zermürbt. Der Eigentümer meldet: Sturmschaden. Gutachter Reinhard Hinmüller stellt einen Allmählichkeitsschaden (Shattering-Schaden) fest.

Kursieren auch unrealistische Vorstellungen über den Versicherungsumfang?

Durchaus. Bei Wasserschäden wird gerne versucht, alte Schimmelflecken bei anderswo neu aufgetretenen Schäden gleich mit beseitigen zu lassen. Das geht natürlich nicht. Platzen im Haus Leitungsrohre, wollen einige Versicherte das gesamte Rohrsystem im Haus saniert bekommen.

Tatsächlich ersetzt werden aber nur die Reparatur der aktuellen Rohrbruchstelle sowie die hierdurch direkt entstandenen Folgeschäden am Gebäude. Den Austausch sämtlicher alter Wasserleitungen im Haus samt Bad- oder Küchensanierung kann jedoch niemand verlangen. Außerdem ersetzt die Wohngebäudeversicherung keine Schäden, die klassisch durch die aufsteigende Erdfeuchte an Althäusern entstehen.

Was geschieht bei sogenannter grober Fahrlässigkeit?

Grob fahrlässig handelt zum Beispiel, wer heiße Asche in einen Plastikmülleimer füllt und dadurch einen Brand auslöst. Je nach dem Grad der Fahrlässigkeit ersetzt die Versicherung aber trotzdem einen Teil des Schadens. Liegt objektiv und subjektiv ein derartiger Sachverhalt vor, dann wird zunächst von einer Quote von 50 % ausgegangen. Liegt eine leichte Form der groben Fahrlässigkeit vor, kann die Erstattung 75 % betragen. Bei grob Grobfahrlässiger Verursachung kann die Quote aber auch bis auf 25 % oder darunter sinken. Viele Versicherer verzichten aber auch auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit, wenn dies vorher vertraglich vereinbart war.

Was ist zu unternehmen, wenn ein Schaden eingetreten ist?

Versicherte sollten jedes Ereignis unverzüglich melden. Meist wenden Sie sich dabei an ihren Makler. Diese setzen sich in der Regel sofort mit dem Versicherer in Verbindung. Unternehmen wie die Oberösterreichische reagieren dann sehr schnell. Sie rufen an und schicken mich an den Unglücksort. Von mir werden dann – falls erforderlich – Sofortmaßnahmen in die Wege geleitet und zeitnah ein Besichtigungstermin mit dem Kunden vereinbart.

In Einzelfällen ist es aber auch schon vorgekommen, dass Meldungen einfach beim Vermittler liegenblieben. So etwas sollte nie passieren. Schlimmstenfalls erhöht sich der Reparaturaufwand deutlich. Makler könnten hierfür in Regress genommen werden.

Worauf sollten alle Beteiligten noch achten, wenn Schäden zu regulieren sind?

Gerade bei Wasserschäden muss schnell gehandelt werden. Feuchtigkeit in der Wand und im Boden lässt sich eindämmen, wenn fachkundige Handwerker sofort Trocknungsgeräte installieren und direkt nach Sturmschäden das Dach abdecken. Viele Versicherte wissen das nicht. Sie lassen wertvolle Zeit verstreichen. Ärgerlich ist es auch, wenn unseriöse Betriebe völlig überhöhte Angebote abgeben und der Geschädigte darauf hereinfällt. Hier helfe ich, indem ich den Eigentümern drei bis vier geeignete Handwerker nenne, die es auf so etwas nicht absehen.

Reinhard Hinmüller (45) ist freiberuflicher Schadensachverständiger. Er lebt und arbeitet in Bayern. Er reguliert für Versicherungsunternehmen unter anderem Schäden an Wohngebäuden, Gewerbe- und Industriebauten. Hinmüller führt seit 2008 die Geschäfte der Eurokonzept24 in Mettenheim.

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