Käme die GKV für Beamte könnten Bund und Länder 60 Milliarden Euro sparen. Und GKV-Versicherte könnten sich über Beitragssenkungen freuen. © Bertelsmann Stiftung
  • Von Redaktion
  • 10.01.2017 um 10:38
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 04:25 Min

85 Prozent der deutschen Beamten sind privat versichert. Würde man sie in das gesetzliche Krankenversicherungssystem integrieren, könnten die öffentlichen Haushalte bis 2030 rund 60 Milliarden Euro sparen. Und auch die gesetzlich Versicherten könnten mit Beitragssenkungen rechnen. Der PKV-Verband und die Bundesärztekammer indes kritisieren die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen scharf.

Auch die Bundesärztekammer übt heftige Kritik an der Studie. Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery führt aus:

„Die Ergebnisse der aktuellen Bertelsmann-Untersuchung mögen auf den ersten Blick beeindruckend klingen. Da ist von milliardenschweren Einsparungen die Rede, wenn man die Beihilfe für Beamte abschaffen würde. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass sich die Autoren hier ein Szenario zurecht gezimmert haben, dass jeglichem rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Realitätssinn entbehrt. Die Autoren selbst gestehen ein, dass eine verfassungs- oder beamtenrechtliche Bewertung ihres Modells nicht erfolgt ist. Das wäre aber aufschlussreich gewesen, zum Beispiel um die Frage zu klären, was aus den angesparten Alterungsrückstellungen der privat versicherten Beamten wird.

Unklar ist auch, wie zwei Dritteln der rund 3 Millionen Beamten Pflichtbeiträge zur Krankenversicherung auferlegt werden können, ohne dies bei der Besoldung und Versorgung finanziell zu kompensieren. Peinlich genau achten die Autoren darauf, den Begriff Bürgerversicherung in ihrer Studie zu vermeiden. Ihr Modell ist aber nichts anderes als der Totengräber des dualen Krankenversicherungssystems in Deutschland und der Wegbereiter der Einheitskasse. Wenn man das will, muss man die Menschen aber auch über die Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Reform aufklären.

So bleiben bei der Bertelsmann-Studie Aspekte der gesundheitlichen Versorgung komplett außen vor. In den Niederlanden oder in Großbritannien sehen wir, dass Einheitssysteme zu Rationierung, Wartezeiten und zu Begrenzungen in den Leistungskatalogen führen. Diejenigen, die es sich leisten können, sichern sich einen exklusiven Zugang zur Spitzenmedizin als Selbstzahler oder durch teure Zusatzversicherungen. Was uns also als gerechtere Alternative zum dualen Krankenversicherungssystem angeboten wird, ist in Wirklichkeit der Turbo-Lader für die Zwei-Klassen-Medizin.

Hinzu kommt, dass die Private Krankenversicherung die rasche Übernahme des medizinischen Fortschritts für alle Patienten ermöglicht. Denn die Existenz der PKV führt mit einem hohen Leistungsversprechen dazu, dass auch das GKV-System versucht, einen hohen Versorgungsstandard trotz aller Sparbemühungen aufrechtzuerhalten. So fördert die private Krankenversicherung Innovationen bei Diagnostik und Therapie, genehmigt sie schnell und setzt damit die Krankenkassen in der Regel unter Zugzwang. Nicht weiter thematisiert wird von den Studienautoren, dass das Bertelsmann-Modell der medizinischen Versorgung mehr als 6 Milliarden Euro pro Jahr entziehen würde. Das trifft nicht nur Ärzte, Physiotherapeuten oder Hebammen, sondern auch und gerade die Patientinnen und Patienten.

Denn Privatversicherte ermöglichen mit ihrem die tatsächlichen Kosten deckenden Finanzierungsbeitrag eine hochwertige medizinische Ausstattung von Krankenhäusern und Praxen, die allen Patienten unabhängig von ihrem Versicherungsstatus zur Verfügung steht. Auch auf solche Fakten muss man hinweisen, wenn man die Axt an das bewährte duale Krankenversicherungssystem in Deutschland legt.”

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort