Kinder spielen im Dreck: Untersuchungen ergaben, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwuchsen, seltener unter Allergien und Asthma leiden. © panthermedia
  • Von Joachim Haid
  • 27.08.2019 um 10:15
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Im zweiten Teil dieser Reihe beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Folgen der Kampf gegen Bakterien und Viren seit deren Entdeckung als Krankheitsauslöser Ende des 19. Jahrhunderts hatte. Welche Konsequenzen haben moderne Trends wie geplante Kaiserschnitte? Und was ist eigentlich ein Holobiont? Hier erfahren Sie es.

Wie im ersten Teil bereits ausgeführt, gehört die Magensäure mit zu unserem angeborenen Immunsystem. Dringen Keime ein, sterben viele davon in der sauren Umgebung ab. Parallel zum Rückgang von H. Pylori nimmt Sodbrennen in Industrieländern zu. Tritt dieses häufiger auf, wird den Patienten ein Magenschutz-Medikament verschrieben. Eines der bekanntesten ist Pantroprazol. Dieses gehört zur Gruppe der Protonenpumpen-Hemmer und soll die Produktion der Magensäure reduzieren. Weniger Magensäure, weniger saures Aufstoßen, so die These. Tatsächlich ist heute jedoch bekannt, dass Sodbrennen, auch Reflux genannt, häufig nicht durch zu viel, sondern durch zu wenig Magensäure ausgelöst wird. Ist weniger Magensäure vorhanden, verbleibt der Speisenbrei länger im Magen. Das kann dann zu Sodbrennen führen. Wenn nun die Besiedlung mit H. Pylori rückläufig ist und gleichzeitig Reflux zunimmt, könnte es hier einen Zusammenhang geben? Genau das erforschte der bereits oben erwähnte Martin J. Blaser und kam zu folgendem Ergebnis:

„Überraschenderweise fanden wir keine positive Korrelation zwischen H. Pylori und dem Reflux, sondern eine negative! Menschen ohne das Bakterium hatten eine doppelt so hohe Erkrankungswahrscheinlichkeit. Spätere Studien kamen sogar zu einer achtfach erhöhten Wahrscheinlichkeit“.

Bei weiteren Untersuchungen fand der Arzt heraus, dass H. Pylori außerdem an der Regulation der Hormone Ghrelin und Leptin beteiligt ist, welche auch als Sättigungshormone bekannt sind. Könnte die Reduktion des Magenkeims die weltweite Adipositas-Pandemie also zusätzlich gefördert haben?

Gutes stärken – statt schädliches bekämpfen

Mit jedem Einsatz von Antibiotika vernichten wir auch einen Teil unseres schützenden Mikrobioms. Ebenfalls mit dem Einsatz von Desinfektionsmitteln im Haushalt und beim Händewaschen. Die Entwicklung dieser Medikamente war ein großer Segen für die Menschheit. Noch heute retten sie täglich tausenden Menschen weltweit das Leben. Besteht also Lebensgefahr und kann unser Körper Bakterien nicht mehr alleine erfolgreich bekämpfen, ist der Einsatz von Antibiotika sehr sinnvoll und ist in vielen Fällen, zumindest heute noch, alternativlos.

Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass wir damit auch viele der Keime schädigen, welche für uns nicht nur völlig harmlos sind, sondern uns eben vor pathogenen Keimen auch schützen, oder uns bei der Verdauung unserer Nahrung helfen. Deshalb sollten wir präventiv unsere Mitbewohner, die es gut mit uns meinen, fördern, hegen und pflegen, damit wir möglichst erst gar nicht von Erregern befallen werden, gegen deren Abwehr wir auf Antibiotika angewiesen sind.

Dabei sollten wir immer daran denken: Der Mensch besteht nur zum kleinen Teil aus Mensch und zum viel größeren Teil aus Mikroben. Als Holobiont sind wir auf unsere Mitbewohner angewiesen. Schwächen und töten wir diese pauschal, leiden wir womöglich am Ende selbst am meisten darunter.

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Joachim Haid

Joachim Haid ist Gründer des Gesundheitsprogramms PaleoMental®, zudem Gesundheitscoach und Heilpraktiker in Ausbildung.

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