Michael Franke, Geschäftsführer Franke und Bornberg. © Franke und Bornberg
  • Von Redaktion
  • 21.12.2016 um 17:50
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Die Ratingagentur Franke und Bornberg hat die finanzielle Stabilität von 57 Versicherern, die Berufsunfähigkeitsversicherungen (BU) anbieten, unter die Lupe genommen. Demnach haben zwölf Unternehmen die Analyse „mit Bravour“ bestanden – doch der massive Wettbewerb um Preise und Bedingungswerke bereitet den Marktbeobachtern zunehmend Sorge.

Gleichwohl können die meisten Versicherer im Bereich „Finanzielle Stabilität“ punkten, berichten die Studienautoren. Dabei haben die Analysten nach eigenen Angaben vor allem Unternehmenskennzahlen bewertet: 18 Gesellschaften erreichen demnach mindestens 75 Prozent, weitere 14 mindestens 70 Prozent. Kein einziges Unternehmen, für das Kennzahlen ausgewertet werden konnten, liegt unterhalb der Schwelle von 50 Prozent. Aufschlussreich sind den Autoren zufolge die Einzelwerte: Die Eigenmittelquote beträgt demnach in 2015 im Mittel 10,06 Prozent bei einer Bandbreite von 4,75 bis 44,11 Prozent. 14 Versicherer erreichen mehr als zehn Prozent.

Die Nettoverzinsung laut Bafin-Berechnungsmethode liegt für 2015 im Durchschnitt bei 4,05 Prozent, die Bandbreite zwischen 2,6 bis 5,4 Prozent. „Aber reicht die Nettoverzinsung auch für die deklarierten Zinsüberschüsse?“, geben die Autoren zu Bedenken. Bei sechs Versicherern war das nicht der Fall. Der durchschnittliche Spread betrug 0,92 Prozentpunkte.

Fragen nach Tätigkeitsanteilen öffneten „Manipulationen Tür und Tor“

Damit nicht genug, üben die Autoren auch harsche Kritik an der Praxis, wie die Versicherer das berufliche Risiko ihrer Kunden einschätzen. Die Einschätzung des beruflichen Risikos sei – neben der Gesundheitsprüfung – „eine tragende Säule der Antragsprüfung“.
Um noch feiner differenzieren und damit noch günstiger anbieten zu können, nutzten Versicherer vielfach ein Scoring-Modell, das sich am Anteil der kaufmännischen beziehungsweise körperlichen Tätigkeit und manchmal auch der Reisetätigkeit orientiere. So kommt die Studie zu der Erkenntnis, dass davon inzwischen rund 80 Prozent der Versicherer Gebrauch machten. Den Analysten gefällt das gar nicht: Fragen nach Tätigkeitsanteilen öffneten Manipulationen „Tür und Tor“ und bergen das Risiko, dass der Beitrag unter der Bedarfsprämie bleibt“.

Diese Gefahr steige weiter, sofern für Vermittler und Verbraucher „Sprungstellen“ erkennbar werden, „deren Überschreiten zu überproportionalen Steigerungen des Beitrages führt“. Hier sei absehbar, so Franke und Bornberg, „dass Angaben optimiert werden, um eine günstige Einstufung zu erlangen – regelmäßig zum Nachteil der kalkulierten Risikoverteilung im Versicherungskollektiv“.

Kritik an hohen Dynamiksätzen ohne zusätzliche Gesundheitsprüfung

Als weiteren destabilisierenden Faktor machen die Autoren hohe Dynamiksätze ohne zusätzliche Gesundheitsprüfung aus. Diese bewirkten eine (unkalkulierbare) Risikoerhöhung für das Versichertenkollektiv. Immerhin sieben Versicherer sind nach den Erhebungen von Franke und Bornberg bereit, „zehn Prozent Dynamik ungeprüft in die Bücher zu nehmen“. Negative Selektionseffekte seien hier programmiert, heißt es. Dabei lehre die Erfahrung, mahnen die Analysten, dass sobald sich die versicherte BU-Rente dem bisherigen Nettoeinkommen des Versicherten nähere, steige die Wahrscheinlichkeit eines Leistungsantrags bis hin zu einer Verdoppelung der Antragszahlen insgesamt.

Risikoüberschüsse seien das Ergebnis einer vorsichtigen Kalkulation, heißt es weiter. Sie entstünden nur, „wenn das tatsächliche Risiko unterhalb der kalkulierten Invalidisierungswahrscheinlichkeit verläuft“. „Aber Überschüsse sind nicht naturgegeben“, sagt Franke. „Wir mussten bereits bei 13 Gesellschaften eine Senkung des laufenden Überschusssatzes oder Bonus feststellen. Das ist sicherlich der stärkste Indikator dafür, dass die Kalkulation schon in der Vergangenheit nur teilweise aufgegangen ist.“ Leidtragende seien die Kunden. Ihr Beitrag steige, ohne dass damit bessere Leistungen verbunden wären.


Quelle: Franke und Bornberg

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