Zettel und Stift zur Hand? Dann Vorabpauschale ausrechnen! © picture alliance / blickwinkel/McPHOTO/A. Pulwey
  • Von Andreas Harms
  • 05.01.2024 um 15:01
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In diesem Jahr wurden zum ersten Mal nach zwei Jahren wieder Vorabpauschalen auf Investmentfonds, also auch auf ETFs, fällig. Damit Sie die Zahlen überprüfen können und auch für die kommenden Jahre gewappnet sind, kommen hier die Details zur Materie.

Es ist ein nicht mehr so ganz gewohntes Gefühl: Aber in diesem neuen Jahr könnten zum ersten Mal Steuern auch auf Investmentfonds fällig geworden sein, die Dividenden und Zinsen zum Teil oder komplett automatisch wiederanlegen (thesaurieren). Möglich macht es die sogenannte Vorabpauschale, die der Gesetzgeber im Jahr 2018 eingeführt hat.

Ob ein Fonds thesauriert, lässt sich in den Informationsblättern erkennen, zum Beispiel dem Factsheet, aber auch dem PRIIP KID. Nicht selten existieren von ein und demselben Fonds mehrere Anteilsklassen (Tranchen), von denen einige thesaurieren und andere ausschütten. Jede von ihnen hat sogar eine eigene Kennnummer (ISIN). Trägt eine Anteilsklasse den Zusatz „Acc“ für Accumulation, thesauriert sie zweifellos. Aber nicht alle thesaurierenden Anteilsklassen haben anders herum betrachtet diesen Acc-Zusatz.

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Dabei lässt sich zunächst feststellen: Zum Glück gibt es die Vorabpauschale. Gäbe es sie nicht, müssten Anleger erst am Ende der Anlagedauer, also beim Fondsverkauf, den gesamten Gewinn versteuern. Inklusive aller bis dahin aufgelaufenen Dividenden und Zinsen. Und das kann gerade bei Haltedauern von zehn oder mehr Jahren eine Menge sein.

Die Vorabpauschale sorgt dafür, dass bis dahin jedes Jahr zumindest kleine Beträge steuerlich abgerechnet werden. Auch wenn die der Dividendenrendite eines schönen, ruhigen Aktienfonds nicht immer voll gerecht werden, denn die liegt gern mal bei 2 bis 4 Prozent. Aber immerhin senkt es die Steuerlast schon mal ein bisschen.

Wohlgemerkt: Zwar mussten Anleger auch früher schon die Thesaurier-Beträge jedes Jahr versteuern. Das ging aber nur für in Deutschland aufgelegte Fonds automatisch. Für ausländische Fonds (und die meisten sitzen nun mal in Luxemburg) war es hingegen kompliziert und funktionierte nur über die Steuererklärung. Das ist nun nicht mehr nötig, die Vorabpauschale vereinfacht das Verfahren enorm.

Und welche Formel greift bei der Vorabpauschale?

Die Vorabpauschale ermittelt die depotführende Stelle über eine Formel, die auf dem sogenannten Basiszins und dem Fondswert zu Beginn des steuerlich relevanten Kalenderjahrs aufbaut. Bei den aktuellen Rechnungen also vom 1. Januar 2023. Den Basiszins ermittelt die Deutsche Bundesbank. Für 2021 und 2022 lag er unter null, für 2023 bei 2,55 Prozent. Damit lautet die Formel:

Rücknahmepreis der Fondsanteile x Basiszins x 0,7

Für eine Fondsanlage von 20.000 Euro Anfang 2023 lautet die Rechnung also:

20.000 Euro x 2,55% x 0,7 = 357 Euro

Doch das ist noch nicht alles, sondern erst einmal der sogenannte Basisertrag. Von dem muss man noch Beträge abziehen, die eventuell doch schon teilausgeschüttet wurden. Sind sie höher als der Basisertrag, entfällt die Vorabpauschale.

Und nein, das war es immer noch nicht. Denn die Vorabpauschale darf die gesamte tatsächliche Wertentwicklung des Fonds in dem Jahr nicht übersteigen. Tut sie das, wird sie gedeckelt. Lieferte der Fonds insgesamt einen Jahresverlust – kann ja mal vorkommen –, entfällt auch die Vorabpauschale.

Aber auch das ist noch nicht alles: Denn auch die so ermittelte Vorabpauschale nach Ausschüttung ist nicht immer komplett steuerpflichtig. Denn je nach Art der Fonds (zu erfahren beim Anbieter) bleiben Teile davon nach der sogenannten Teilfreistellung steuerfrei:

  • Mindestens 25 Prozent Aktienquote: 15 Prozent steuerfrei
  • Mindestens 50 Prozent Aktienquote: 30 Prozent steuerfrei
  • Offene Immobilienfonds: 60 Prozent steuerfrei
  • Offene Immobilienfonds mit Schwerpunkt im Ausland: 80 Prozent steuerfrei

Diese Freiheiten sollen dem Umstand Rechnung tragen, dass Dividenden ja schon besteuert werden, bevor sie im Fonds ankommen.

Sollte also das obige Beispiel ein Aktienfonds sein, sinkt der steuerpflichtige Betrag von 357 auf 249,90 Euro.

Damit lässt sich festhalten: Sehr viel einfacher ist die Materie an sich durch die Vorabpauschale zwar nicht geworden. Allerdings müssen Anleger nichts mehr selbst ausrechnen und in die Steuererklärung schreiben. Den Kram erledigt die depotführende Bank komplett allein. Nachrechnen sollte man aber sicherlich vorsichtshalber.

Abgeltungssteuer wird extra abgebucht

Die Bank gleicht den steuerpflichtigen Betrag zunächst mit dem Sparerfreibetrag ab (der seit 2023 ja bei 1.000 Euro pro Nase liegt). Und wenn der nicht ausreicht, kassiert sie direkt vom Gegenkonto (nicht aus dem Fonds!) die Abgeltungssteuer von 25 Prozent. Weshalb Anleger ihre Kontostände überprüfen sollten. Liegen die Fonds in einem ausländischen Depot, zahlt die Bank keine Steuern, schreibt aber alles in eine Erträgnisaufstellung. Und die gehört dann in die Steuererklärung.

Interessanterweise wird die Vorabpauschale erst per ersten Werktag im neuen Jahr gebucht, eventuelle Teilausschüttungen aber bei Zufluss im Steuerjahr. Damit beziehen sich beide auf dasselbe Steuerjahr, werden aber in unterschiedlichen Kalenderjahren fällig.

Verkauft der Anleger dann irgendwann später die Anlage komplett oder in Teilen, zieht die depotführende Bank alle schon in den Jahren davor versteuerten Pauschalen vom Gesamtgewinn ab. Und damit man das dann nachprüfen kann: Unterlagen aufbewahren!

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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