Heilberufe sind für Vermittler eine lohnende Zielgruppe – es gibt dabei aber auch einiges zu beachten. © Racool Studio/freepik.com
  • Von Redaktion
  • 04.06.2021 um 13:01
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Heilberufe gehören seit jeher zu einer der gefragtesten Zielgruppen für Versicherungsmakler. Um dort zu reüssieren, sollten jedoch die Unterschiede innerhalb der Heilberufe beachtet werden. Welche das sind berichten die Zielgruppenexperten Nicole Gerwert, Rebekka Sarnes und Michael Jeinsen.

Niedergelassene Mediziner

Von Rebekka Sarnes

Wer sich auf die Beratung von Humanmedizinern spezialisieren möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass es die eine Zielgruppe „Ärzte“ eigentlich gar nicht gibt. Denn dieser Beruf umfasst so viele verschiedene Facetten, dass es schwierig ist, diese auf den ersten Blick sehr homogen wirkende Gruppe unter einen Hut zu bekommen. Davon einmal abgesehen, dass nicht jeder Arzt oder jede Ärztin eine Niederlassung anstrebt, existieren in der Humanmedizin mehr als 30 verschiedene Fachrichtungen. Und diese Vielfalt ist durchaus versicherungsrelevant – die Praxis eines Psychotherapeuten ohne teure technische Geräte ist etwas ganz anderes als eine Praxis eines Radiologen. Dennoch haben viele Vermittler eine simple Rechnung im Kopf: „Arzt = niedergelassener Arzt = Chef in eigener Praxis = gutes Einkommen = lukratives Mandat.“ Doch so einfach ist es nicht.

Die Vielschichtigkeit der Ärzteschaft stellt die Beratung zwar vor neue Herausforderungen, bietet aber auch zusätzliche Chancen. Angestellte Ärztinnen und Ärzte haben beispielsweise bei der beruflichen Haftung einen anderen Beratungsbedarf als ihre niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Auch hinsichtlich der Fachrichtungen gibt es erhebliche Unterschiede, die wesentliche Auswirkungen auf die angemessene Beratung und den passenden Lösungsweg haben. Hat sich ein Arzt oder eine Ärztin für eine Fachrichtung mit Patientenkontakt entschieden, so sind mögliche Haftungsfälle deutlich wahrscheinlicher als in Gebieten ohne Patientenkontakt. Auch eine Unterteilung in operative und nicht chirurgische Tätigkeiten hat Auswirkungen auf das angebrachte Versicherungsportfolio. Gerade Ärztinnen beschäftigen sich vielfach mit anderen oder weiterführenden Fragestellungen und sind oftmals in vielen finanziellen Entscheidungen unsicherer als ihre Kollegen.

Fehler wollen Ärzte vermeiden

Eine auffällige Gemeinsamkeit der Ärzteschaft ist eine große Aversion gegen Fehler. Sicher, Fehler begeht niemand gerne, doch unter Medizinern ist die Furcht vor Fehlentscheidungen oft ungewöhnlich stark ausgeprägt. Ein Grund dafür dürfte der Beruf sein. Denn Ärzte stehen in ihrem beruflichen Alltag oft vor Entscheidungen, die über das Wohlbefinden von Menschen, wenn nicht sogar über Leben und Tod bestimmen. Fehler können sich also fatal auswirken – das prägt auch das Verhalten außerhalb der Praxis. Ärzte müssen sich ihrer Sache sicher sein und zu ihrer Entscheidung stehen, diese begründen können, auch wenn es mal schief gehen kann. Das grundsätzliche Bedürfnis, nur richtige Entscheidungen zu treffen und an diesen festzuhalten, ist somit besonders ausgeprägt.

Diese Charakteristik lässt Mediziner mitunter als „beratungsresistent“ erscheinen. Sie sind zwar neugierig und wollen informiert sein, das gilt vor allem für die jüngere Generation, aber sie tun sich (fast alle) schwer damit, einmal getroffene Entscheidungen für eine Versicherung zu verändern oder anzupassen oder gar eine neue Zusammenarbeit mit einem anderen als dem bisherigen Versicherungsvertreter einzugehen.

Vor diesem Hintergrund benötigen Dienstleister, die sich für die Beratung von Ärzten und Ärztinnen entscheiden, mehr als „nur“ das Wissen über die passenden Produkte aus der bunten Versicherungswelt. Ein Spezialist für diese Zielgruppe braucht Empathie und Fingerspitzengefühl, um zu verstehen, welche Bedürfnisse der Arzt oder die Ärztin gerade wirklich hat. Oftmals ist es das Bedürfnis nach Sicherheit. Aber nicht die Sicherheit, die Versicherungspolicen in Form von Produkteigenschaften mit sich bringen. Es ist der Wunsch nach der Gewissheit, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Mediziner tauschen sich aus

Um diesem Bedürfnis gerecht zu werden, sollte ein Vermittler seinen Kunden erklären, warum die vorgeschlagene Lösung für die individuelle Situation passend ist. Zudem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Mediziner sich untereinander austauschen, welche Lösungen ihnen angeboten wurden und welche sie für sich gewählt haben. Stimmen die Lösungen nicht überein, sind Ärzte und Ärztinnen oft verunsichert, was wiederum mit einer fehlerfreien Entscheidung konterkariert.

Um dieser Beunruhigung der Humanmediziner vorzubeugen, ist es hilfreich, die Kunden im Idealfall darauf vorzubereiten, dass beispielsweise ein Internist einen anderen Absicherungsbedarf hat als ein Kardiologe oder Pädiater. Dass aber auch ein niedergelassener Arzt andere Absicherungen benötigt als der angestellte Arzt. Und selbst bei angestellten Medizinern gibt es unterschiedliche Rollen, Positionen und Arbeitgeber, was zu verschiedenen Versicherungslösungen führen kann. Denn Ärzte sind eben nicht alle gleich, nur weil sie alle eine Approbation haben. Das gilt für die Absicherung beruflicher Risiken und für private Risiken wie beispielsweise die Absicherung des Einkommens oder den Schutz der eigenen Gesundheit.

Versicherungsmakler, die sich eindeutig der Beratung von Ärztinnen und Ärzten widmen wollen, sollten also nicht nur über fachliche Expertise verfügen, sondern auch die Denkweise von Humanmedizinern verstehen. Man muss bereit sein, in diese Art des Denkens eintauchen zu wollen.

Über die Autorin

Rebekka Sarnes gründete 2016 als selbständige Wirtschaftsberaterin und Versicherungsmaklerin das Unternehmen „Arzt im Blick“. Zuvor war sie bereits lange Jahre als selbstständige Wirtschaftsberaterin für Ärzte und Zahnärzte aktiv. Seit 2018 ist sie IHK-Trainerin und Referentin der DMA im Lehrgang Heilwesenberater für das Fach Arztberatung.

Kontakt: r.sarnes@medical-network-stiftung.de

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