Pfefferminzia-Redakteur mag Aktienanlagen und findet das Generationenkapital ganz gut. © Pfefferminzia
  • Von Andreas Harms
  • 08.08.2023 um 16:46
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Und da sind sie wieder, jene Kräfte, die Aktienanlagen für Zockerei und Teufelsblendwerk halten. Kaum will die Regierung das Generationenkapital endlich aufbauen, bringen sich zahlreiche Aktiengegner in Stellung und schießen dagegen. Pfefferminzia-Redakteur Andreas Harms hat davon die Faxen wirklich dicke und versucht es in seinem Kommentar mit (hoffentlich guten) Argumenten.

Was wäre die Welt ohne lustige Klischees? Frauen können nicht einparken. Apple-Nutzer haben keine Ahnung von Technik. Und Politiker lügen, wenn sie den Mund aufmachen. So weit, so lustig – wenn man sie denn mit einem gerüttelt Maß an Ironie betrachtet und den Wahrheitsgehalt nicht allzu hoch bewertet. Ich selbst bin zum Beispiel ein grauenhafter Einparker, aber das verrate ich niemandem.

Nervig werden Klischees jedoch immer dann, wenn sie hartnäckig, bierernst und noch durch ideologische Ansichten verstärkt immer wieder vorgetragen werden. Womit wir bei einem aktuell wieder aufgeploppten Klischee angekommen sind: Nämlich, dass Aktien nur zum Zocken taugen.

Erinnern wir uns: Da rappelt sich die Bundesregierung endlich mal auf, das leicht in die Jahre gekommene Rentensystem zu entstauben und mit Kapitalanlagen zu unterfüttern. Sprich: Nach jahrzehntelangem Geld-hin-und-her-schieben will sie es mit Substanz versehen. Aktienrente sollte es zuerst heißen, jetzt ist das Generationenkapital draus geworden. 200 Milliarden Euro schwer soll es bis 2035 werden, aus Aktien bestehen und über seine laufenden Erträge die Rente stützen. Sicherlich ist es nicht schön, dass es über Kredite finanziert werden soll. Aber was in diesem Land ist nicht per Kredit finanziert? Die (kompletten) Zuschüsse in die Rentenkasse etwa?

Das Generationenkapital ist in meinen Augen eine gute Idee, die schon einige andere Länder vor uns umgesetzt haben. Wie so oft bei guten Ideen. Doch sofort regt sich Widerstand von der Klischeefront, zum Beispiel hier:

  • DGB-Chefin Yasmin Fahimi findet nicht, dass man auf volatilen Finanzmärkten einen Generationenvertrag aufbauen kann (wobei sie offenbar vergisst, dass der Generationenvertrag ein viel größeres Problem hat, als ein paar schwankende Kurse).
  • Der Grünen-Abgeordnete Markus Kurth verweist als Negativbeispiel auf den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo), der im Jahr 2022 12,2 Prozent an Wert verlor (wobei er offenbar vergisst, dass der Fonds die drei Jahre davor immer deutlich mit Gewinn abschnitt).
  • Die globalisierungskritische Organisation Attac-Niederrhein fürchtet, dass „die Bürgerinnen und Bürger zum staatlich verordneten Zocken gebracht werden“ sollen (wobei sie eine „stabile und sichere umlagebasierte Altersversorgung“ fordert und dabei nicht einmal den Widerspruch in sich bemerkt).

Um es einmal klar zu erwähnen: Ja, wenn ich eine einzelne Aktie kaufe und hoffe, dass ihr Kurs in den kommenden Wochen steigt, dann nennt man das eine Spekulation. Und die kann furchtbar schiefgehen. Gar keine Frage.

Dividenden-Dividenden-Effekt ist eine hübsche Angelegenheit

Wenn ich aber ein Portfolio aus mehreren hundert Aktien aufbaue und es über Dekaden hinweg ruhig und überlegt verwalte, dann nennt man das eine vernünftige Geldanlage. Dann zocke ich nämlich nicht mehr schnell mal mit irgendwelchen Papierchen, die ich nicht kenne. Sondern ich beteilige mich langfristig an Unternehmen, die wachsen und gedeihen und Gewinne abwerfen. Und die fließen in Form von Dividenden in die Rentenkasse. Die Dividendenrendite eines recht langweiligen Aktienportfolios liegt ungefähr zwischen 3 und 5 Prozent. Pro Jahr. Der daraus entstehende Dividenden-Dividenden-Effekt, analog zum Zinseszinseffekt ist eine wirklich hübsche Angelegenheit.

Wie groß war doch regelmäßig der neidische, mediale Aufschrei, wenn Familie Quandt ihre jährliche BMW-Dividende in Millionenhöhe kassierte? Jetzt können endlich mal alle Deutschen bei so etwas mitmachen – und dann trauen sie sich nicht? German Angst schlägt German Neid.

Ich erinnere an dieser Stelle nur kurz an die Rendite-Dreiecke des Deutschen Aktieninstituts (das vom Aktienindex Dax finden Sie hier). Sie zeigen einwandfrei, wie souverän langfristige Aktienanlagen ganz ohne Management abschneiden. Einfach nur durch Kaufen und Liegenlassen – und ohne Spekulieren.

Malen wir mal den Teufel an die Wand

Doch sie zeigen freilich nur die Vergangenheit, weshalb ich auch auf die Zukunft eingehen möchte. Die kennt natürlich keiner. Man kann aber mal den Teufel mit einem Gedankenspiel an die Wand malen: Was müsste passieren, damit hunderte internationaler Aktien, also Anteile von Unternehmen, im Wert sinken, dauerhaft dort unten bleiben und keine Dividenden mehr einbringen? Wenn also die Apples, BMWs, Googles, Alibabas, Nestlés und Allianzen dieser Welt so gut wie weg sind? Richtig, dann ist uns das gesamte Finanzsystem um die Ohren geflogen, Deutschland ist pleite, und wir können uns von unserer Rente auch nichts mehr kaufen. Worüber reden wir hier also?

Stattdessen speist sich die langfristige Rendite eines Aktienportfolios aus solchen Komponenten: Wirtschaftswachstum, Inflation (!), Dividende (Anteil am Unternehmensgewinn), individuelles Wachstum der Unternehmen. Wie bei Unternehmensbeteiligungen eben üblich. Wird es auch in den kommenden Dekaden Wachstum, Inflation und Unternehmensgewinne in irgendeiner Form geben? Ich denke schon.

Natürlich kann einem schwummerig werden, wenn kurzfristig am Markt die Nerven mal wieder blank liegen und das Portfolio um 30 Prozent schrumpft. Ich habe das selbst mehrmals erlebt. Es ist normal und gehört dazu. Doch darum geht es nun mal nicht. Denn die Formel lautet: Spekulation + Zeit = Investition.

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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