Handwerker arbeiten im Mai 2022 am Logo von Amazon am Versandlager im Landkreis Dahme-Spreewald. Hierzulande wird seit geraumer Zeit darüber spekuliert, ob der US-Handelsgigant in den den deutschen Versicherungsmarkt einsteigt. © picture alliance/dpa | Patrick Pleul
  • Von Redaktion
  • 26.07.2022 um 14:26
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Vor über vier Jahren warnte Fabrice Gerdes vor einem möglichen Eintritt von Amazon in den deutschen Versicherungsmarkt. Auch wenn seitdem scheinbar nichts passiert sei, bleibe er bei seiner Einschätzung, schreibt der heutige Provinzial-Generalbevollmächtigte in seinem Gastbeitrag – und sieht die Branche besser gerüstet als noch 2018.

In 2018 habe ich darauf verwiesen, dass Amazon als größter Onlinebuchhändler plante, in den USA ein landesweites Netz von stationären Buchläden zu eröffnen, obwohl dies die erste Branche war, die Amazon durch Disruption maßgeblich verändert hat. Eines der Ziele war es, neben dem Erproben von neuen Technologien im stationären Vertrieb die mit Abstand größte US-amerikanische Buchhandelskette Barns & Nobel anzugreifen. Mit über 600 Filialen zeigte sie, dass eine große Anzahl von Kunden das Ambiente und die persönliche Beratung in einem repräsentativen stationären Buchladen immer noch anspricht und zum Kauf vor Ort anstelle vom Onlinekauf animiert, da es Barns & Nobel gelungen ist, den stationären Handel mit Vorteilen des Onlinehandels zu ergänzen.

Im persönlichen Vertrieb gelten andere Erfolgsfaktoren als im reinen Onlinegeschäft

Vier Jahre später zeigt sich ein überraschendes Bild, denn Amazon hat im März 2022 bekannt gegeben, alle stationären Buchläden und andere stationären Shop-Formate mit Ausnahme der Super- und Lebensmittelmärkte zu schließen. Im Gegensatz hierzu ist trotz der Pandemie und den damit verbundenen massiven Kontaktbeschränkungen Barns & Nobel weitergewachsen. Das Unternehmen hat sein Onlineangebot weiter ausgebaut und eng mit dem stationären Handel verknüpft, der weiterhin mit über 600 Filialen das Rückgrat des Unternehmens darstellt. Darüber hinaus hat Barns & Nobel die Eröffnung weiterer Filialen angekündigt.

Amazon mag zwar den Onlinehandel dominieren, aber im persönlichen Vertrieb von beratungsintensiveren Produkten oder Dienstleistungen, wozu ein Großteil der Versicherungsprodukte zählt, gelten andere Erfolgsfaktoren als im reinen Onlinegeschäft. Hohe Beratungsqualität, persönliche Beratung, physische Nähe einer Anlaufstelle, Vertrauen und regionale Vernetzung sind Beispiele für Erfolgsfaktoren im stationären Versicherungsvertrieb.

Ich bin daher nach wie vor fest davon überzeugt, dass repräsentative, moderne und hochwertig ausgestattete Agenturen und Büros auch zukünftig die Erwartungen der Kunden an eine individuelle und bedarfsgerechte Beratung erfüllen werden. Vor allem dann, wenn sie mit hoher Kompetenz durch entsprechende Spezialisten, die vor Ort oder flexibel zuschaltbar sind, mit moderner Technologie ausgestattet sind und die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen.

Es muss Versicherern hierzu gelingen, ihre klassischen Vertriebe und Initiativen sowie ihre digitalen Initiativen übergreifend und gut abgestimmt agieren zu lassen. Mit einer Kombination aus lokaler und digitaler Exzellenz wird es gelingen, den Erfolg im Markt auch künftig sicherzustellen – unabhängig davon, ob es neue Markteintritte geben wird oder nicht.

Über den Autor

Fabrice Gerdes ist Generalbevollmächtigter Vertrieb Ausschließlichkeit im Provinzial Konzern. Zuvor war er als Manager bei der Unternehmensberatung Zeb tätig.

kommentare
Kemmer
Vor 2 Jahren

Amazon beherrscht den online Handel und entwickelt jetzt verstärkt den stationären Handel.

Das „Einkaufserlebnis“ Vermittlerbüro ist somit ein trügerischer USP. Warum Amazon, Google & Co nicht in den deutschen Versicherungsmarkt eintreten, erklärt sich seit Jahren nicht aus der fehlenden Daten-/Produktlkompetenz, sondern aus der unattraktiven Marge des deutschen Versicherungsmarktes im Vergleich zum Kerngeschäft dieser globalen Player.

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Kemmer
Vor 2 Jahren

Amazon beherrscht den online Handel und entwickelt jetzt verstärkt den stationären Handel.

Das „Einkaufserlebnis“ Vermittlerbüro ist somit ein trügerischer USP. Warum Amazon, Google & Co nicht in den deutschen Versicherungsmarkt eintreten, erklärt sich seit Jahren nicht aus der fehlenden Daten-/Produktlkompetenz, sondern aus der unattraktiven Marge des deutschen Versicherungsmarktes im Vergleich zum Kerngeschäft dieser globalen Player.

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