Sitz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in Frankfurt. In einer aktuellen Stellungnahme kritisiert die Bafin die Lebensversicherer für ihre Kostenstrutkturen. © picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski
  • Von Lorenz Klein
  • 21.03.2022 um 12:32
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Die Finanzaufsicht Bafin hat in einer bemerkenswerten Stellungnahme zu bedenken gegeben, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis vor allem bei vielen Fondspolicen aus Kundensicht „nicht mehr angemessen“ sein könnte – zugleich gibt sich die Bafin besorgt über etwaige „Interessenkonflikte im Vertrieb“ von Lebensversicherungen.

Da die Rückvergütungen nach Bafin-Angaben in immerhin 19 Prozent der Fälle direkt an die Vermittler fließen, jedoch die konkrete Höhe nur etwas weniger als der Hälfte der Lebensversicherer bekannt ist, kommen die Autoren zu dieser Schlussfolgerung: „Das weist darauf hin, dass es für einige Lebensversicherer nur eingeschränkt möglich ist, etwaige Interessenkonflikte im Vertrieb zu identifizieren und die gesetzlichen Vorgaben zur Vertriebsvergütung umzusetzen.“

„Verlockung groß, den Fonds mit den höchsten Rückvergütungen zu empfehlen“

Und wie ein derartiger Interessenkonflikt aussehen könnte, beschreiben die Autoren in deutlichen Worten: Erhält also ein Vermittler bei einem fondsgebundenen Produkt Rückvergütungen der Fondsgesellschaften, so sei für ihn „die Verlockung groß, Kundinnen und Kunden den Fonds mit den höchsten Rückvergütungen zu empfehlen“. Solche Interessenkonflikte einzuschätzen und angemessen mit ihnen umzugehen, so die Autoren weiter, sei für den Lebensversicherer nur dann möglich, wenn er die Höhe der Rückvergütungen kenne.

Hinzu komme, dass Rückvergütungen an die Vermittler nicht den Überschuss des Lebensversicherers erhöhten – und damit auch nicht die Überschussbeteiligung der Versicherungsnehmerinnen und -nehmer. Sie stellen demnach vielmehr de facto eine zusätzliche Vertriebsvergütung dar, die aus der Managementgebühr der Fondsgesellschaft finanziert werde und erhöhe „daher tendenziell die Kosten des fondsgebundenen Lebensversicherungsprodukts“. Dadurch erhöhe sich die Gefahr, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis aus der Perspektive der Versicherungsnehmer nicht mehr angemessen sei, so die Autoren.

Was macht die Bafin aus den Ergebnissen?

Was die Bafin nun mit diesen Erkenntnissen anfängt, wird im Beitrag der Autoren nicht genannt. So oder so dürfte die Behörde den Versicherern damit klar gemacht haben, dass sie hier ein Problem sieht, um das sie sich kümmern möchte.

Immerhin dürften die Versicherer aber die Erkenntnis aus dem Beitrag ziehen, dass die Bafin bei einem durchschnittlichen Effektivkostensatz von 1,9 Prozent keinen Ärger machen wird, denn solche Werte „erscheinen bei den längeren Laufzeiten angesichts dieser Zielsetzung vertretbar“, wie es im Text heißt. Sprich: Es sind die deutlichen Ausreißer nach oben, die den Aufsehern ein Dorn im Auge sind. Die höheren Effektivkosten in der Spitze ließen „ernsthaft daran zweifeln, dass die Produktfreigabeverfahren den Interessen, Bedürfnissen und Merkmalen des Zielmarktes ausreichend Rechnung getragen haben – so, wie es die Wohlverhaltensregeln vorgeben“, so die unverhohlene Warnung der Finanzaufsicht.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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