Wolfgang Kuckertz ist Vorstand der Going Public! Akademie für Finanzberatung AG. © Going Public!
  • Von Wolfgang Kuckertz
  • 02.09.2019 um 17:22
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Ist die DIN 77230 in manchen Punkten zu ungenau? Ja, meinte jüngst Inveda-Geschäftsführer Dirk Pappelbaum in einem Meinungsbeitrag. Der Kollege irrt hier jedoch, entgegnet Wolfgang Kuckertz, Vorstand der Going Public! Akademie für Finanzberatung. In einem Gastbeitrag für Pfefferminzia möchte Kuckertz „Missverständnisse“ ausräumen, die „ein falsches Licht auf die DIN werfen“.

Ein Normtext ist ungefähr so verständlich wie die Bedienungsanleitung einer Spülmaschine mit 98 verschiedenen Programmen und einer intelligenten Steuerung. Das liest sich nicht locker in der Badewanne weg. Insofern kommt es auch immer wieder zu Fehlinterpretationen der Norm, die ein falsches Licht auf die DIN 77230 werfen. Ist die Norm vielleicht zu kompliziert? Ganz im Gegenteil!

Genau wie bei der Spülmaschine gilt: wird das einmal vernünftig gezeigt und erklärt, dann gelingt die Bedienung eigentlich jedem. In der Finanzanalyse benötigt man anstelle der intelligenten Steuerung nur neben der Erklärung eine entsprechende Beratungssoftware.

Eines der jüngeren Irrtümer bezog sich auf den nach Norm empfohlenen Todesfallschutz. Der Autor schrieb etwas von „Unzulänglichkeiten der neuen DIN in Bezug auf die Todesfallabsicherung“ (Pfefferminzia berichtete). Was wurde hier falsch verstanden?

Ausgangsfall war eine Familie: Vater, Mutter und zwei Kinder. Die beiden Eheleute sollten jeweils ein Einkommen knapp über dem Mindestlohn haben. Das wären dann jeweils gut 1.160 EUR netto im Monat. Der Autor meinte, dass in diesem Fall kein Todesfallschutz für die beiden Eheleute empfohlen würde, sofern der Haushalt wirtschaftlich nicht von dem Einkommen der Eheleute abhängig ist.

Wie ist es aber tatsächlich?

Sofern die Eheleute gemeinsam analysiert werden, wird in der Norm immer von einer Verantwortung der beiden füreinander ausgegangen. Ist also ein Lebenspartner oder ein Kind im Spiel, dann wird stets eine Todesfallabsicherung empfohlen. Um das absolute Existenzminimum zu sichern, beträgt dieser Minimalschutz vereinfacht ausgedrückt immer das fünffache des jährlichen Netto-Mindestlohns. Sind wirtschaftlich abhängige Kinder im Spiel – also Kinder, für die man Kindergeld bezieht – so erhöht sich dieser Wert je Kind um das dreifache des jährlichen Netto-Mindestlohns.

Was heißt das in Euro? Sowohl der Todesfall der Mutter als auch der Todesfall des Vaters sollten jeweils mit 152.848,08 EUR abgesichert sein. Haben die Eheleute noch Schulden, dann erhöht sich der Wert zusätzlich um die Höhe der Darlehen. Damit haben wir die Mindestabsicherung ermittelt, die keinesfalls unterschritten werden sollte. Hätten die Eltern ein üppigeres Einkommen, so wird für den Erhalt des Lebensstandards sogar ein noch höherer Betrag empfohlen.

Stellt sich noch die Frage wie die Situation aussieht, wenn eines der Elternteile ein noch geringeres oder sogar überhaupt kein Einkommen hätte. Auch für diesen Fall gilt der gleiche Mindestwert. Denn im Zweifel leistet das Elternteil ohne Einkommen zuhause wertvolle Arbeit wie beispielsweise die Erziehung der Kinder. Der Wegfall dieser Leistung durch den Todesfall müsste finanziell ebenfalls abgesichert werden.

Ist dieser Wert nun fachlich wirklich richtig? Darüber kann man sicher trefflich streiten. So, wie über jeden anderen Betrag auch, den man an diese Stelle setzt. Aber dieser Wert ist normiert und damit eine mögliche Richtschnur für alle Berater. Das gibt schnelle Orientierung, Sicherheit und dem Verbraucher Vertrauen in die Branche.

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Wolfgang Kuckertz

Dr. Wolfgang Kuckertz ist Vorstand der Going Public! Akademie für Finanzberatung AG. Going Public! bietet seit 1990 Lehr- und Studiengänge für die Finanz- und Versicherungswirtschaft an.

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