Georg Goedeckemeyer, Leiter Rating beim Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP) © IVFP
  • Von René Weihrauch
  • 19.10.2022 um 10:47
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Wie hilfreich sind Ratings zur betrieblichen Krankenversicherung für Makler? Wie kommen die Ergebnisse überhaupt zustande? Antworten gibt Georg Goedeckemeyer, Leiter Rating beim Institut für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), im Interview.

Pfefferminzia: Herr Goedeckemeyer, 2020 haben Sie beim IVFP zum dritten Mal nach 2016 und 2018 ein Kompetenz-Rating für bKV-Anbieter erstellt, und zwar mithilfe einer „interaktiven Kompetenzanalyse“, wie Sie es nennen. Was bedeutet das? Wie gehen Sie bei den Ratings vor?

Georg Goedeckemeyer: Eine interaktive Analyse ermöglicht es uns, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und eine Aussage zur Kompetenz der Teilnehmer zu treffen. Dabei ist es wichtig, dass wir die richtigen Fragen stellen, abseits von einer bloßen „Hard-Facts Analyse“. Das erfordert ein Mitarbeiten der Versicherer, da die Beantwortung unserer Fragen durch einfaches Ja oder Nein nicht zielführend ist. Deshalb nennen wir das Rating „interaktiv“. Die Ersterstellung eines Kompetenz-Ratings ist mit hohem Aufwand verbunden. Am Ende der Entwicklung steht ein Fragenkatalog, der den Versicherern zugesandt wird, nebst umfangreicher Beleglieferung. Die Entwicklung dieses Katalogs erfolgt fast schon wie bei einer klassischen Projektarbeit: angefangen mit der Ideenfindung und internen Stoffsammlung über die Entwicklung eines Erstkonzeptes, der Einbindung externer „Sparringspartner“, die Konzeptüberarbeitung bis zum Abschluss und Versand. In der Regel dauert die Entwicklung ein halbes Jahr.

Wie bereit sind die Versicherer, derartig genau unter die Lupe genommen zu werden?

Die Bereitschaft ist eigentlich sehr hoch. Eigentlich deshalb, weil dieses Rating auch bei den Unternehmen sehr viel Kapazitäten in Anspruch nimmt. Die Teilnahme steht grundsätzlich allen Versicherern offen und ist vollkommen kostenlos. Darüber hinaus erhalten alle Teilnehmer eine individuelle Einschätzung durch das IVFP, wie deren Anstrengungen im Bereich der bKV im Marktvergleich bewertet werden, also in einem echten Benchmarkverfahren. Das ist für die Versicherer natürlich ein großer Ansporn. Aufgrund der umfangreichen Datenerhebung nehmen in der Regel vorzugsweise Gesellschaften teil, die sich Chancen auf eine Bestbewertung ausrechnen. Deshalb ist die Qualität unter allen Teilnehmern normalerweise sehr hoch.

Können Makler sich wirklich darauf verlassen, dass dabei nicht geschummelt wird?

Das ist natürlich ein ernstes Thema. Das IVFP ist als inhabergeführtes Analysehaus ein Garant für Unabhängigkeit, Objektivität und Transparenz. Wir würden eines unserer Alleinstellungsmerkmale köpfen, wenn wir nicht objektiv wären. Das IVFP gehört keinem Maklerpool an, keiner Kapitalgesellschaft oder Ähnlichem, sodass keine anderweitigen Interessen unser Rating beeinflussen könnten. Wir müssen also einfach gute Arbeit leisten.

Natürlich sind wir nicht frei von Kritik. Immer wieder wird moniert, dass wir nicht alle Ergebnisse veröffentlichen. Wir verzichten seit jeher darauf, diejenigen Anbieter auszuweisen, die im Rating die Note 2,0 oder schlechter erreicht haben. Dadurch soll einem „Bashing“ von Anbietern vorgebeugt werden, deren Strukturen sich beispielsweise noch im Aufbau befinden, die sich aber dennoch bereiterklärt haben, an diesem Rating teilzunehmen. Diese Philosophie führt regelmäßig dazu, dass Gesellschaften auch deshalb an diesen freiwilligen IVFP-Ratings teilnehmen, um eine eigene Standortbestimmung zu erhalten, ohne mit schlechter Presse rechnen zu müssen.

Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten zeigen sich in den bisherigen Ratings?

Unser Rating zielt darauf ab, zu untersuchen, wie das Thema bKV von den Versicherern gelebt wird. Ich verwende das Wort gelebt absichtlich, da die Produkte sich früher oder später immer weiter angleichen. Es kommt also nach einem tadellosen Produkt auch auf die Philosophie des Versicherers an. Darauf, welche Flexibilitäten das Produkt hat, welche neuen Themen wie integriert werden, wie der Versicherer mit den Unternehmen kommuniziert, wie die Verwaltung gehandhabt wird – Stichwort Digitalisierung. Bei diesen Punkten sind die größten Unterschiede zu erkennen: Welcher Versicherer verändert sich, welcher stagniert?

Abgesehen von Ihrem Rating – worauf sollten Makler bei der Auswahl einer bKV generell achten?

Damit Makler wirklich das Produkt finden, das die Wünsche des Arbeitgebers passgenau erfüllt, kommt es auf das perfekte Zusammenspiel zwischen Makler, Versicherungsunternehmen und Arbeitgeber an. Die Bedarfe sind von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich. Neben dem eigentlichen Produkt, einer guten bKV, sind deshalb die so genannten Soft Facts extrem wichtig in der Beratung. Passt die Versicherung zum Kunden? Das ist in einer guten Beratung oder Bedarfsanalyse Grundvoraussetzung.

Ist für 2022 wieder ein Rating in Arbeit?
Ja, wir planen eine Veröffentlichung Ende November.

 

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René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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