"Einen guten Mitarbeiter zu halten ist günstiger als einen neuen einzustellen", so Tassilo Pollmeier, Geschäftsführer des Deutschen bKV-Service © Pressefoto Deutscher bKV-Service
  • Von René Weihrauch
  • 17.09.2020 um 10:02
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Fachkräftemangel gilt in deutschen Unternehmen als eines der größten Probleme. Eine betriebliche Krankenversicherung (bKV) kann deshalb im Kampf um die besten Köpfe ein wichtiges Argument sein. Tassilo Pollmeier, Geschäftsführer des Deutschen bKV-Service, erklärt, worauf es dabei ankommt.

Pfefferminzia: Herr Pollmeier, der Deutsche bKV-Service wird als Spezialmakler auch von großen Maklerhäusern als Partner genutzt. Aus Ihrer Erfahrung: Welche Rolle spielt die betriebliche Krankenversicherung bei der Gewinnung und Bindung von Fachkräften?

Tassilo Pollmeier: Da muss man differenzieren. Sicherlich ist die bKV hilfreich, wenn es darum geht, neue, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Für die Bindung von Beschäftigten ist sie aber noch viel wichtiger. Eine Gallup-Studie aus dem Jahr 2018 ergab, dass rund 15 Prozent der Angestellten in deutschen Unternehmen innerlich gekündigt hat. Um diese Leute müssen Arbeitgeber sich unbedingt kümmern. Denn unterm Strich ist es günstiger, einen guten Mitarbeiter zu halten als einen neuen einzustellen.

Was bedeutet das für Makler?

Sie sollten Arbeitgebern im Beratungsgespräch klarmachen, dass es um mehr geht, als nur eine Versicherung für die Beschäftigten abzuschließen. Wenn meine Mitarbeiter eine Zahnzusatzversicherung haben, ist das für sie natürlich super. Größerer, wirklicher Nutzen entsteht aber erst, wenn es gelingt, langfristig gesündere und begeisterte Mitarbeiter aufzubauen.

Das heißt konkret?

Die Prophylaxe muss stärker als bisher in den Vordergrund rücken. Experten sind inzwischen sicher, dass künftig nicht mehr die Behandlung, sondern die Vermeidung von Krankheiten in den Fokus rücken wird. Deshalb muss am Anfang eine Analyse der Personalsituation im Unternehmen stehen: Wie ist das Durchschnittsalter, wie die Geschlechterverteilung? Arbeiten die Beschäftigten körperlich oder im Büro? Branche, Region und Wettbewerbsstruktur sollten ebenfalls berücksichtigt werden. All diese Parameter sind notwendig, um das richtige Versicherungsunternehmen und den passenden Tarif zu finden.

Inwiefern hat Corona die Situation verändert?

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben in der Pandemie stärker als zuvor die zentrale Bedeutung des Themas Gesundheit erkannt. Das Problem für Makler besteht darin, dass momentan zahlreiche Unternehmer „keinen Kopf“ für dieses Thema haben, vielleicht auch nicht die Liquidität. Die Unsicherheit, was im Herbst und Winter passiert, ist bei vielen doch sehr groß. Die bKV ist noch immer ein Push-Markt. Makler sollten Verständnis für die Situation der Unternehmen zeigen und die betriebliche Krankenversicherung als niedrigschwellige und günstige Maßnahme präsentieren, mit der wichtige Mitarbeiter langfristig ans Unternehmen gebunden werden können.

Noch einmal zum Kosten-Nutzen-Verhältnis: Wie mache ich als Makler einem Arbeitgeber klar, dass sich die bKV für ihn lohnt?

Häufig hört man das Argument, ein halber Tag weniger Arbeitsausfall pro Mitarbeiter fängt die bKV-Kosten wieder auf. Von solchen Pauschalaussagen halte ich allerdings nicht viel. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Nehmen Sie zum Beispiel Zahnersatztarife. Davon hat der Arbeitgeber vordergründig erstmal null Mehrwert. Die Freude beim Arbeitnehmer hält nur kurz an, ist schnell wieder vergessen. Das Thema Zahnprophylaxe kommt dagegen regelmäßig immer wieder auf den Tisch. Ebenso die Vorsorgeuntersuchungen. Wir müssen uns von der Vorstellung einer bKV als reiner Versicherung verabschieden. Die betriebliche Krankenversicherung ist mehr. Sie ist eine strategische Entscheidung des Arbeitsgebers, sich beim Thema Gesundheit zu positionieren. Sie hat mit Wertschätzung gegenüber der Belegschaft zu tun, mit sozialer Verantwortung. Das muss natürlich auch entsprechend kommuniziert werden. Damit steht und fällt das Kosten-Nutzen-Verhältnis.

Wo sehen Sie die Zukunft der bKV? Wird sie irgendwann zum Standard in deutschen Unternehmen gehören?

Ich glaube, dass wir hier in fünf bis zehn Jahren einen Pull-Markt haben, ähnlich wie es in den USA heute bereits der Fall ist. Dort sind entsprechende Tarife vielfach Bestandteil des Arbeitsvertrags. Je nach Branche wird es in Deutschland unterschiedlich lange dauern, aber wir bewegen uns klar in diese Richtung. Wenn die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung weiter dramatisch abnehmen – womit in der Nach-Coronazeit zu rechnen ist – wird sich dieser Trend noch beschleunigen. Ich bin überzeugt: Die bKV, also die Finanzierung von Gesundheitsvorsorge durch den Arbeitgeber, ist die einzige Überlebenschance, die das deutsche Gesundheitssystem hat. Um so attraktiver werde ich als Arbeitgeber, wenn ich mich schon jetzt entsprechend positioniere.

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René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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