KVProfi Thorulf Müller. © privat
  • Von Redaktion
  • 18.10.2016 um 11:47
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Die Aussage des TK-Chefs Jens Baas, dass die Krankenkassen ihre Patienten kränker machen als sie sind, um mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds zu bekommen, hat für heftige Diskussionen unter anderem unter Versicherungsvermittlern gesorgt. KVProfi Thorulf Müller kann das nicht nachvollziehen, schließlich sei das doch schon seit Jahren gängige Praxis, meint er. Was nun passieren muss, erklärt er in seinem Kommentar.

Patientenakten immer anfordern

Dazu kommt, dass ich schon immer sage, dass man die Patientenakten ziehen muss, weil in den meisten Arztkarteien, werden Diagnosen aufgeführt, die der Kunde überhaupt gar nicht hat. Das sind entweder Fehler der Mitarbeiter oder Abrechnungsbetrug der Ärzte, die Diagnosen erfinden um ihren Teil vom Kuchen, den die Kassenärztliche Vereinigung verteilt, zu vergrößern.

Oft sind auch die Kunden Schuld, die zum Beispiel wegen eines gelben Zettels dem Arzt ein endogenes Erschöpfungssyndrom vorspielen.

Ich will das, was die Kassen da treiben, auf keinen Fall verharmlosen. Das geht gar nicht und ist definitiv zu verurteilen. Es ist eine Verschwendung  von Ressourcen und Zeit inklusive Arbeitskraft.

Vor allem aber ist es die Bagatellisierung von moralischem Anspruch einen Job zu machen. Wenn man ständig trickst und das auch noch Ärzten beibringt, dann vermittelt man dauerhaft ein Weltbild, dass wie ein Bumerang zurückkommt und schmerzhaft den trifft, der ihn geworfen hat.

Worum es wirklich geht

Es gab einen Vorschlag für verbindliche Richtlinien zur einheitlichen Kodierung von Diagnosen. Diese wurde aber nicht verabschiedet, weil die Ärzteschaft mal wieder blockiert hat. Das, was die Ärzte mehr fürchten, als der Teufel das Weihwasser, ist Transparenz.

Für ein vernünftiges Versorgungsmanagement wäre es aber sehr wichtig. Und vor allem würde damit dieses Spiel der Kodierungs-Optimierung sofort enden. Der Morbi-RSA würde endlich funktionieren beziehungsweise wäre das System viel besser zu justieren.

Die Ärzte blockieren

Im Ergebnis ist es wie immer: Die Ärzte blockieren sinnvolle Regelungen, die Kassen versuchen einen völlig sinnlosen Wettbewerb gegeneinander zu führen, die Politik bekommt die relevanten Dinge nicht geregelt und die Aufteilung von Kompetenzen auf Bund und Länder macht das Ganze zu einer endlosen Warteschleife.

Baas, der ja nicht nur Arzt ist und als solcher auch an Uni-Kliniken gearbeitet hat, sondern auch acht Jahre Berater bei der Boston Consulting Group war, hat hier ganz bewusst eine Lawine losgetreten.

Wenn er es nicht getan hätte, hätten wir vielleicht erst 2019/2020 eine Lösung bekommen. So wird der öffentliche und mediale Druck so groß, dass nun hoffentlich drei Dinge passieren:

1.    die Richtlinien zur einheitlichen Kodierung von Diagnosen werden unverzüglich umgesetzt
2.    die Kodierungs-Optimierung wird sofort untersagt
3.    alle Kassen werden dem BVA unterstellt

Wir können nur hoffen, dass das Bundesministerium für Gesundheit und die BVA schnell handeln.

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