bKV-Experte Senator h.c. Marco Scherbaum, Geschäftsführer der bKV-Maklerfirma HEALTH FOR ALL © Marco Scherbaum
  • Von René Weihrauch
  • 18.08.2021 um 09:12
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Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) gehört zu den zukunftsträchtigsten Wachstumsfeldern. Warum sich eine Spezialisierung lohnt und welche Kompetenzen es dazu braucht, erklärt bKV-Experte Senator h.c. Marco Scherbaum, Geschäftsführer der bKV-Maklerfirma HEALTH FOR ALL, Europäischer Wirtschaftssenator und Fachbuchautor.

Pfefferminzia: Im Sommer 2020 haben Sie in einem Interview gesagt, Corona habe bei Personalverantwortlichen in Deutschland das Thema betriebliche Krankenversicherung (bKV) verstärkt in den Fokus gerückt. Hat sich Ihr Eindruck bestätigt? Wie ist der Status quo am Mark?

Marco Scherbaum: Corona hat das Thema bKV nicht nur verstärkt, die Pandemie erweist sich als Turbo. Ich will es anhand der legendären Aussage des früheren Bundeskanzlers Konrad Adenauer erklären. Er sagte: „Kinder kriegen die Leute immer.“ Das war ein Irrtum, wie man heute weiß. Ebenso wie ein Kanzler können sich auch Arbeitgeber irren, wenn sie sich beim Thema Mitarbeitergesundheit lediglich auf die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkasse verlassen und denken, die Gesundheit der Mitarbeiter kommt von selbst.

Die Pandemie zeigt uns allen, auch den Unternehmen und Personalverantwortlichen, welchen immensen Einfluss die Qualität der Gesundheitsversorgung auf das Arbeitsleben nimmt. Und genau diese Erkenntnis der Arbeitgeber macht in aktuellen Zeiten den Turbo.

Der Status quo am Markt: Aus meiner Sicht wächst das Bewusstsein für mein Credo: „Ohne gesunde und motivierte Mitarbeiter ist alles nichts!“.

Pfefferminzia: Viele Makler scheuen dennoch eine Spezialisierung auf die bKV. Zu aufwändig, zu zeitraubend, heißt es. Was entgegnen Sie?

Eine obligatorische, also arbeitgeberfinanzierte bKV ist komplex und aus meiner Überzeugung auch kein bloßes Versicherungsprodukt. Als bKV-Spezialmakler verstehe ich die betriebliche Krankenversicherung als unternehmensindividuelles Konzept, als Maßanfertigung für moderne Personalpolitik. Es braucht höchste Beratungskompetenz, fachliche Expertise und Erfahrung auch in den Bereichen Steuer- und Arbeitsrecht. Ebenso Kommunikationsgeschick für Dialog auf Augenhöhe mit einer Vielzahl von Entscheidern im Unternehmen. Mitarbeitergesundheit ist das Fundament für gute Produktionsergebnisse. Die bKV ist also quasi ein Wartungsvertrag für den Menschen – das wichtigste Kapital im Unternehmen. Und daher kein Thema für „nebenher“.

Pfefferminzia: Das klingt fast, als würden Sie von einer Spezialisierung auf bKV abraten…

In Gegenteil! Ich warne nur davor, sich dieser Versicherungsart anzunehmen, ohne über die nötigen Kompetenzen zu verfügen. Zur Verdeutlichung ein Vergleich: Ein Patient mit Herzerkrankung wird ja auch nicht vom Allgemeinarzt, sondern vom Facharzt mit Spezialisierung operiert. Ebenso ist bei der Vermittlung von bKV Spezialisierung gefragt!

Pfefferminzia: Worauf kommt es bei einer erfolgreichen Vermittlung denn an?

Übliche Versicherungsprodukte sind oftmals als „Massengeschäft“ schnell vermittelt, meist an Privatkunden. Bei der bKV ist das anders: Hier bewegen wir uns im B2B-Geschäft. Das betriebliche Setting fordert eine völlig andere, nämlich individuelle, Herangehensweise und auf Human Resources abgestimmte Ablaufprozesse. Das gilt für alle Phasen, von der Beratung bis zur dauerhaften Begleitung der bKV im Unternehmen.

Pfefferminzia: Welche Rolle spielt die bKV im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements?

Dazu muss zunächst der Begriff BGM klar definiert sein. Fakt ist: Ein Obstkorb oder ein einmaliger Aktionstag macht noch kein Gesundheitsmanagement aus. Oft findet man in Betrieben isolierte Einzelmaßnahmen für die Themenfelder Bewegung, Ernährung und Rücken. Natürlich haben die ihre Berechtigung. Meist klagen BGM-Manager aber über sehr niedrige Teilnahmequoten. Das Angebot verpufft, und dadurch wird viel Geld verbrannt. Ganz anders ist es mit der betrieblichen Krankenversicherung. Sie erweist sich als erlebbare Gesundheitsleistung und ist bei Arbeitnehmern extrem beliebt. Als nachhaltiges Benefit ist sie als freiwillige, zielgerichtete Maßnahme der betrieblichen Gesundheitsförderung einzuordnen. Die bKV ist somit die Kür, oder sogar „die Revolution der betrieblichen Gesundheitsversorgung“, wie ich meinem Fachbuch zur bKV getitelt habe. Für die Einordung der bKV in unser Gesundheitssystem verwende ich folgende Grafik, die deren Relevanz veranschaulicht.

Grafik: Modell Einordnung der bkv im Gesundheitssystem ©2016 HEALTH FOR ALL®

Pfefferminzia: Sie sind im Europäischen Wirtschaftssenat EWS als Senator für betriebliche Gesundheitskonzepte zuständig. Wie beschreiben Sie die Situation in Deutschland im EU-Vergleich?

Das deutsche Gesundheitswesen mit seinem dualen System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung zählt zu den besten Europas, und nimmt sogar weltweit einen Spitzenplatz ein. Dennoch weisen die gesetzlichen Kassenleistungen Versorgungslücken auf, und für die private Krankenversicherung gibt es Zugangshürden. Beides mit dramatischen Folgen. Leider ist Deutschland in Sachen betriebliches Gesundheitsmanagement kein Vorreiter. Es ist dringend Zeit für intelligente Lösungen wie die betriebliche Krankenversicherung. Sie eignet sich, die Mitarbeitergesundheit zu verbessern und hilft gleichzeitig die Arbeitgebermarke deutscher Firmen zu stärken. Deutschland kann also mit der bKV auch im Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern in Sachen Fachkräftemangel punkten.

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René

René Weihrauch

René Weihrauch arbeitet seit 35 Jahren als Journalist. Einer seiner Schwerpunkte sind Finanz- und Verbraucherthemen. Neben Pfefferminzia schreibt er für mehrere bundesweit erscheinende Zeitschriften und international tätige Medienagenturen.

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