Philip Wenzel ist Versicherungsmakler und Biometrie-Experte. © Doris Köhler
  • Von Redaktion
  • 17.10.2023 um 08:56
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Über zu niedrige Rentenhöhen in der BU-Versicherung ärgert sich Versicherungsmakler Philip Wenzel regelmäßig. Denn die Police soll ja im Ernstfall die Ausgaben des Kunden decken, wenn dieser im Job ausfällt. An welchen Stellschrauben man bei Geldmangel des Kunden eher drehen sollte, erklärt er in seiner Kolumne.

Für mich ist es ja das Allerschlimmste, wenn die versicherte Rentenhöhe zu niedrig gewählt wurde. Ich bin da vielleicht extrem, aber es ist doch bescheuert, wenn jemand monatlich 2.000 Euro braucht und er nur 1.000 Euro versichert. Im Leistungsfall ist es dann zwar schlimm, wenn der Versicherer nicht zahlt, aber es ist immer noch nicht gut, wenn er ganz brav zahlt. Denn ich muss jeden Monat 1.000 Euro aus dem Ersparten dazulegen. Und wenn das Geld weg ist, bin ich pleite.

Ich habe also eine Versicherung, die meine Insolvenz herauszögert.

Ich finde das sogar so schlimm, dass es mich ein kleines bisschen freuen würde, wenn mal ein Gericht einen Vermittler verklagen würde, weil der Bedarf in der Höhe zwar erkannt, aber nicht ausreichend versichert wurde.

Und mir gefällt auch das Modell nicht, dass der Kunde jetzt zwar zu wenig hat, dann aber später über Nachversicherungsgarantien (NVG) erhöht. Das ergibt nur Sinn, wenn er jetzt nur 1.000 Euro Bedarf hat und der steigende Bedarf immer über die NVG eingefangen wird.

Oft ist es aber so, dass der Kunde halt genau jetzt so viele Ausgaben hat, dass er sich die BU-Versicherung nicht leisten kann. Das ist aber ja genau der Witz der Berufsunfähigkeitsversicherung! Die ist dafür da, dass all meine Ausgaben abgesichert werden. Und wer sich die Versicherung nicht leisten kann, kann sich erst recht keine BU ohne Versicherung leisten. Und selbst wenn er bei dem Modell Glück hat, nicht BU wird und später über Nachversicherungsgarantien auf die richtige Höhe kommt, dann zahlt er jetzt deutlich mehr pro Monat, weil er zum Zeitpunkt der Nachversicherung älter ist.

Sollte also die BU-Versicherung zu teuer sein, dann kann man in der Regel nicht den einfachsten Weg gehen und die Rente kürzen. Viel sinnvoller ist es dem Kunden die Wertigkeit der BU-Versicherung zu erklären, sodass er seinen Netflix-Account kündigt und das Geld in eine sinnvolle Versicherung investiert. Klappt nicht immer.

Wenn nicht, dann mit dem Kunden klären, welche Risiken er selbst zu tragen bereit ist. Das könnte zum Beispiel eine kürzere Laufzeit in der BU-Versicherung sein und er übernimmt das Risiko, dass er bis dahin es nicht schafft, finanziell unabhängig zu sein. Das könnte aber auch sein, dass der Kunde das Risiko einer Umschulung selbst tragen kann und somit für ihn auch eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung infrage kommt.

Ich weiß, das hört sich immer drastisch an, wenn der Kunde schwierig kalkulierbare Risiken selbst übernehmen soll. Aber es ist immer noch besser, als das garantierte Risiko, dass das Geld im Leistungsfall nicht ausreicht, weil die Rente zu niedrig ist, oder?

kommentare
Gerd Kemnitz
Vor 6 Monaten

Natürlich ist eine zu niedrig vereinbarte BU-Rente nicht gut. Trotzdem sind – um beim genannten Beispiel zu bleiben – für einen berufsunfähig gewordenen Arbeitnehmer 1.000 € besser als gar nichts. Denn wer „nur“ berufsunfähig ist, kann sich durchaus in einem anderen Job noch etwas dazuverdienen, um die finanzielle Lücke zu schließen. Und trifft es ihn ganz hart, hat er unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Viel schlimmer ist nach meiner Ansicht, wenn er statt einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine Erwerbs- oder auch Grundfähigkeitsversicherung über 2.000 € abschließt und dann gar nichts bekommt, weil er eben „nur“ berufsunfähig geworden ist. Diese Lücke dürfte dann deutlich schwerer zu schließen sein.

    Sven Paulsen
    Vor 6 Monaten

    Besser als gar nichts , ist aber auf Lücke planen. Den Wunsch das sich das mal win Gericht anguckt, habe ich schon lange. 50% BU sind ganz schön schwer zu erreichen.

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Gerd Kemnitz
Vor 6 Monaten

Natürlich ist eine zu niedrig vereinbarte BU-Rente nicht gut. Trotzdem sind – um beim genannten Beispiel zu bleiben – für einen berufsunfähig gewordenen Arbeitnehmer 1.000 € besser als gar nichts. Denn wer „nur“ berufsunfähig ist, kann sich durchaus in einem anderen Job noch etwas dazuverdienen, um die finanzielle Lücke zu schließen. Und trifft es ihn ganz hart, hat er unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Viel schlimmer ist nach meiner Ansicht, wenn er statt einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine Erwerbs- oder auch Grundfähigkeitsversicherung über 2.000 € abschließt und dann gar nichts bekommt, weil er eben „nur“ berufsunfähig geworden ist. Diese Lücke dürfte dann deutlich schwerer zu schließen sein.

    Sven Paulsen
    Vor 6 Monaten

    Besser als gar nichts , ist aber auf Lücke planen. Den Wunsch das sich das mal win Gericht anguckt, habe ich schon lange. 50% BU sind ganz schön schwer zu erreichen.

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