Tobias Strübing ist Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte. © Wirth Rechtsanwälte
  • Von Redaktion
  • 07.12.2023 um 14:08
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Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat einen Gebäudeversicherer zum Schadenersatz in Höhe von 118.000 Euro verdonnert, obwohl zum Zeitpunkt des Leitungswasserschadens kein Versicherungsschutz mehr bestand. Warum, erklärt Rechtsanwalt Tobias Strübing in seinem Gastbeitrag.

Was war geschehen?

Ausgangspunkt des Rechtsstreites war die Scheidung zweier Eheleute. Diese hatten vereinbart, dass im Zuge der Scheidung das Eigentum an dem Wohnhaus von der Ehefrau auf den Ehemann übergehen soll. Die Ehefrau war auch Versicherungsnehmerin der Gebäudeversicherung. Lange vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch wandte sich der Ehemann daher an die Gebäudeversicherung und bat um Übertragung des Versicherungsvertrages auf ihn.

Gegenüber dem Versicherungsvertreter äußerte er zudem die Befürchtung, dass seine Exfrau bis zur Eintragung im Grundbuch fällig werdende Versicherungsbeiträge nicht zahlen und dadurch der Versicherungsschutz gefährdet sein könnte.

Trotz der so geäußerten Befürchtungen kümmerte sich der Vertreter nur um die Vertragsübernahme und die dafür erforderliche Zustimmung der Exfrau. Diese erfolgt ebenso wenig, wie die Zahlung der Versicherungsbeiträge. Die Gebäudeversicherung war im Zeitpunkt des Leitungswasserschadens aufgrund des Prämienverzuges daher leistungsfrei.

Das Urteil

Trotzdem hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe in einem Urteil vom 05. Oktober 2023 den Gebäudeversicherer zum Schadenersatz verurteilt (Geschäftszeichen 12 U 66/23). Sie hafte dem Kläger gemäß Paragraf 6 Absatz 5 Satz 1 VVG auf Schadenersatz.

Das OLG führte hierzu aus, dass sich aus den geäußerten Bedenken ein hinreichender Anlass im Sinne des oben genannten Paragrafen ergab, den Kläger auf die Möglichkeit zum Abschluss einer eigenen Gebäudeversicherung hinzuweisen. Laut der Richter hatte der Kläger nämlich zum Ausdruck gebracht, dass er den Versicherungsschutz aufrecht und dem Einfluss seiner Exfrau entziehen wollte.

Gerade weil eine Vertragsübernahme von der Zustimmung der Exfrau abhing, hätte der Abschluss einer eigenen Gebäudeversicherung empfohlen werden müssen. Da Letzteres auch möglich war und beratungsgerechtes Verhalten vermutet wird, muss die Gebäudeversicherung nun doch für den Schaden in Höhe von 118.000 Euro und gegebenenfalls weitere Schäden aufkommen.

Auswirkungen auf die Praxis

Dieses Urteil zeigt, dass auch Versicherungsgesellschaften hohe Beratungspflichten haben können. In Ausnahmefällen können solche Beratungspflichten sogar dann bestehen, wenn die Versicherung durch einen Makler vermittelt wurde. Daher sollten mit der Betreuung solcher Fälle immer Spezialisten beauftragt werden.

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