Bundesfinanzhof in München: Entgegen der eigenen Rechtssprechung entschieden © picture alliance / SvenSimon | FRANK HOERMANN
  • Von Andreas Harms
  • 19.01.2024 um 12:43
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 01:35 Min

Kauft ein Miterbe den anderen Erben ihre Anteile an einem Grundstück ab und verkauft anschließend alles, braucht er den Gewinn daraus nicht (mehr) zu versteuern. Das legt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs fest.

Der Bundesfinanzhof (BFH) entlastet Immobilienerben. Wenn ein Mitglied einer Erbengemeinschaft den anderen ihre Anteile an einem Objekt abkauft und anschließend das ganze verkauft, bleibt der Gewinn daraus einkommensteuerfrei. Das gilt auch dann, wenn zwischen Abkauf und Verkauf keine zehn Jahre liegen. Das stellten die BFH-Richter in einem Urteil fest (Aktenzeichen IX R 13/22). Normalerweise sind Gewinne auf Immobilien erst nach einer Haltedauer von eben jenen zehn Jahren steuerfrei.

Doch kommen wir zu den konkreten Umständen. Nachdem eine Frau gestorben war, erbten der Witwer 52 Prozent und die beiden Kinder zu je 24 Prozent. Die drei bildeten somit eine Erbengemeinschaft (Verhindern lässt sich so etwas übrigens durch ein Testament).

Zum Nachlass gehörte auch eine Immobilie. Anschließend verkauften die Kinder ihre Anteile über einen Dritten an den übrigen Erben. Der zahlte dafür einen Kaufpreis. Die Erbengemeinschaft wurde daraufhin aufgelöst.

Ein paar Monate später verkaufte der nunmehr alleinige Eigentümer den Grundbesitz. Das örtliche Finanzamt ging davon aus, dass 48 Prozent davon zuvor gekauft waren. Der Gewinn darauf falle demnach in die Kategorie „sonstige Einkünfte aufgrund eines privaten Veräußerungsgeschäfts“. Folglich verlangte es auf den Gewinn Einkommensteuer, weil zwischen Kauf und Verkauf keine zehn Jahre lagen. Um den direkt geerbten Teil von 52 Prozent ging es nicht.

Der Fall ging durch mehrere Instanzen, die sich auf die Seite des Finanzamts stellten, und landete schließlich beim BFH. Und der sieht die Sache offenbar anders und lässt verlauten, dass das Finanzamt zu Unrecht einen zu versteuernden Gewinn angenommen hat. Die Revision gegen ein Urteil des Finanzgerichts München (1 K 2127/20) sei somit begründet und das Urteil aufgehoben. Im Übrigen ändert es damit auch seine bisherigen eigenen Ansichten zu der Materie, schreibt das „Handelsblatt“ (Bezahlschranke).

Wichtigster Knackpunkt in dem Urteil ist der Umstand, dass angeschafftes und veräußertes Wirtschaftsgut nicht identisch seien. Gekauft hatte der Kläger den Teil einer „gesamthänderischen Beteiligung“, so der juristische Oberbegriff für den Anteil an der Erbengemeinschaft. Verkauft hatte er hingegen eine Immobilie. Und beides sei nun mal nicht dasselbe.

Bleibt nur die Frage, ob sich andere Finanzämter an den Spruch halten müssen. Wie das „Handelsblatt“ erklärt, könnte das durchaus passieren. Nämlich dann, wenn das Bundesfinanzministerium die Füße stillhält und keinen sogenannten Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Derzeit prüfe man die Sache im Ministerium, heißt es weiter.

autorAutor
Andreas

Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort