Eine junge Frau sitzt bei ihrer Großmutter an der Bettkante: Die Mehrheit der jungen Menschen hierzulande würde Angehörige zuhause pflegen. © picture alliance / photothek | Ute Grabowsky
  • Von Juliana Demski
  • 27.10.2021 um 16:49
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Unter den jungen Deutschen im Alter zwischen 16 und 39 Jahren ist die Bereitschaft groß, im Ernstfall Angehörige zu pflegen. Zwei von drei können sich das vorstellen – Frauen dabei etwas häufiger als Männer. Das und mehr hat der aktuelle Pflegereport der DAK Gesundheit ergeben.

Pflege ist zeitintensiv, aber Berufsleben leidet nur selten stark

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Junge Pflegende investieren viel Zeit, damit es ihren Angehörigen gut geht. So gaben 35 Prozent von ihnen im Rahmen der Befragung an, mehrmals wöchentlich Pflegeaufgaben zu übernehmen. 40 Prozent sind sogar jeden Tag aktiv; 18 Prozent von ihnen täglich drei Stunden oder mehr.

Und obwohl junge Pflegende meist noch mitten in einer Ausbildung oder einem Studium stecken, mussten nur 18 Prozent von ihnen ihre Berufstätigkeit reduzieren oder aufgeben. Dabei verringerten sie häufiger ihr Stundenvolumen (13 Prozent) als ihren Beruf zu unterbrechen (5 Prozent).

„Bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf schaffen“

„Viele junge Menschen sind heute bereit, ihre Angehörigen zu pflegen“, kommentiert DAK-Vorstandschef Andreas Storm die Studienergebnisse. Doch es ist nicht selbstverständlich, dass sie dadurch berufliche und finanzielle Nachteile in Kauf nehmen. Wir müssen einen festen Rahmen schaffen, in dem es kein ‚Entweder-Oder‘ gibt.“ Eine stärkere Unterstützung bei der Weiterführung des Haushalts und der Kinderbetreuung für jüngere Pflegende könnte ein Ansatzpunkt sein; ebenso ein gesetzlicher Anspruch auf Zuschüsse zu Weiterbildungskosten und unterstützende Angebote, um einen Pflegemix von Angehörigen- und Fachkraftpflege zu ermöglichen.

„Es ist Aufgabe der kommenden Bundesregierung, eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu schaffen“, findet Storm. „Sonst wird es in Zukunft immer weniger Menschen geben, die Angehörige zu Hause pflegen wollen und auch können.“ Mit dieser Forderung trifft er bei den jungen Pflegenden ins Schwarze, wie die Umfrage weiter zeigt. 83 Prozent sind der Meinung, dass das Thema Pflege nicht den Stellenwert habe, den es verdiene, und die Politik mehr tun müsse.

„Wir brauchen eine Stärkung der Pflege zu Hause“, sagt auch Thomas Klie, Professor an der Evangelischen Hochschule Freiburg. „Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels werden wir bald an die Kapazitätsgrenzen in Pflegeheimen stoßen. Wir müssen sicherstellen, dass pflegende Angehörige umfassend unterstützt werden, um ihren wichtigen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen zu können. Wenn wir jetzt nicht aktiv werden, wird die Situation der Pflege weiter eskalieren.“

Pflegekosten als Belastung

Auch das Thema Kosten spielte bei der Umfrage eine Rolle. Es zeigt sich: Jeder zweite junge Pflegende erlebt aktuell, dass die Gepflegten durch die Pflegekosten finanziell stark oder sehr stark belastet werden (50 Prozent). In rund 40 Prozent der Haushalte hat sich die finanzielle Situation verschlechtert.

„Pflege darf kein Armutsrisiko in unserer Gesellschaft werden“, sagt DAK-Chef Storm dazu. „Pflegende Angehörige müssen kurzfristig finanziell entlastet werden, um damit auch ihren Einsatz für das Allgemeinwohl anzuerkennen. Die Erhöhung des Pflegegeldes um 5 Prozent und die Dynamisierung des Pflegegeldes wären richtige Schritte.“

Eine „grundlegende Reform der Pflegeversicherung“ müsse her, so Storm weiter. „Das ist eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Bundesregierung. Wir fordern die Einberufung eines Pflegegipfels – als eine der ersten Amtshandlungen nach der Unterschrift unter dem kommenden Koalitionsvertrag.“

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Juliana Demski

Juliana Demski gehörte dem Pfeffi-Team seit 2016 an. Sie war Redakteurin und Social-Media-Managerin bei Pfefferminzia. Das Unternehmen hat sie im Januar 2024 verlassen.

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