Wie Pflanzen brauchen auch Fondspolicen regelmäßige Pflege. © freepik
  • Von Sabine Groth
  • 22.06.2022 um 11:32
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:35 Min

Die Vertriebsvergütung bei Lebensversicherungen sorgt immer wieder für Diskussionen. Auch ohne Zutun des Gesetzgebers verlieren hohe Abschlusscourtagen bei Fondspolicen an Bedeutung. Stattdessen wird der Berater an der Wertentwicklung des Vertragsguthabens beteiligt.

Provisionsverbot, Provisionsdeckel und jüngst brachte die Bafin auch noch den Provisionsrichtwert ins Spiel: Die Vertriebsvergütung von Lebensversicherungen schafft es immer wieder auf die Agenda von Gesetzgeber und Finanzaufsicht. Die EU mischt ebenfalls kräftig mit.

Auch künftig sind Anbieter und Berater vor diesem Thema nicht gefeit. Aktuell drohen allerdings weder Verbot noch Deckel. Und den Richtwert, an dem die Finanzaufsicht derzeit arbeitet, nennt Martin Klein „eine klare Kompetenzüberschreitung der Bafin“. Der Rechtsanwalt und Vorstand des Branchenverbands Votum hält hier nicht die Aufsicht, sondern den Gesetzgeber für zuständig.

Ist Honorarberatung die Lösung?

Bislang sind verpflichtende Vorgaben für Provisionen bei Lebensversicherungen ausgeblieben. Angesichts der anhaltenden Diskussionen darum, tut sich allerdings bereits seit geraumer Zeit etwas bei den Vergütungen. Immer mehr Honorartarife kommen auf den Markt, bei denen sich Berater nicht von der Versicherungsgesellschaft, sondern direkt vom Kunden bezahlen lassen.

„Inzwischen bieten Versicherer, die fast die Hälfte des Marktes repräsentieren, Honorartarife an, bei denen entweder keine Provision anfällt oder sie an den Kunden durchgereicht wird“, erläutert Matthias Beenken, Professor an der Fachhochschule Dortmund, ein Ergebnis einer Studie aus 2021, die er zusammen mit Professor Heinrich Schradin von der Universität Köln erstellt hat. Allerdings zeigt die Studie auch, dass der Anteil der Abschlüsse ohne Courtage verschwindend gering ist: Bei den Lebensversicherungen machen Honorartarife gerade mal 0,6 Prozent des gesamten Neugeschäfts aus.

Courtage-Tarife im Wandel

Die Vergütung der Versicherer spielt also nach wie vor die entscheidende Rolle im Markt. Aber auch hier hat sich einiges geändert, vor allem bei Fondspolicen. Schon vor neun Jahren machte der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM, damals VDVM) den Vorschlag für ein alternatives Vergütungsmodell, das eine reduzierte Abschlusscourtage und eine im Gegenzug erhöhte laufende Vergütung vorsieht. Von der Idee her ist das der richtige Ansatz. Aber die Zeit war wohl noch nicht reif.

 

Das hat sich mittlerweile geändert. „Der Trend bei der Vergütung von Fondspolicen ist eine Reduzierung der Abschluss- zugunsten einer Bestandspflegecourtage auf das Anteilsguthaben“, sagt Norbert Piechowiak, Abteilungsdirektor Vertrieb Leben/bAV bei Helvetia Leben. Der Vertrieb wird  demzufolge seinen Einnahmefluss neu kalkulieren. Die Verlagerung muss aber nicht von Nachteil sein. Denn Arbeitsanfall und Bezahlung könnten so besser zusammenpassen. Schließlich soll das Produkt nicht nur verkauft, sondern die Kunden auch über die Laufzeit betreut werden. „Da eine Fondspolice mit vielen Fonds eine aktive Betreuung benötigt, sollte der Berater auch vergütungstechnisch während der Laufzeit davon profitieren. Durch die Bestandspflegevergütung ist die Betreuung während der Laufzeit für den Berater attraktiver“, sagt Piechowiak.

Das gilt umso mehr, da sich im Gegensatz zu Standardtarifen die laufende Vergütung nicht am Beitrag, sondern bei modernen Tarifen am Anteilsguthaben bemisst. Das Anteilguthaben basiert auf dem Nettoinventarwert (NAV) der gehaltenen Fondsanteile. Der Berater hat neben dem Erhalt des Vertrages daher auch an einer guten Wertentwicklung der Fondsportfolios ein hohes Interesse. Wenn jedoch innerhalb der Police auf eine gemanagte Vermögensverwaltung mit automatischen Anlageentscheidungen gesetzt wird, hält Piechowiak das Know-how des Beraters nicht für zwingend erforderlich und auch die Bestandspflegevergütung verliere an Wichtigkeit.

Bestandspflegevergütungen sind ein Win-win-Modell

Helvetia hat für Fondspolicen zwei Tarif-Varianten: Eine zahlt ausschließlich Bestandsvergütung, die andere ist eine Kombination aus Abschlusscourtage und entsprechend geringerer Bestandsvergütung. „Unsere Vertriebspartner mögen beides, bei Verträgen mit Einmalbeitrag setzen die meisten voll auf eine laufende Vergütung, bei ratierlichen Verträgen eher auf das Kombi-Modell“, sagt Piechowiak. Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass bei Einmalbeiträgen von Beginn an ein höheres Anteilsguthaben vorhanden ist als bei Sparverträgen, wo das Vermögen erst aufgebaut werden muss. Im Vergleich zu einem separat zahlbaren Honorar gibt es auch einen steuerlichen Vorteil. Denn die laufende Vergütung mindert innerhalb des Vertrages den Ertrag und ist damit steuerwirksam in Bezug auf die Abgeltungsteuer.

Fazit

Der Trend zur Bestandscourtage hat für beide Seiten – Kunden und Makler – Vorteile. Fällt keine oder nur eine geringe Abschlusscourtage an, kann von Anfang an deutlich mehr in Fonds und damit in die Kapitalmärkte investiert werden. Zeit ist ein wichtiger Faktor für den Vermögensaufbau. Der Makler erhält anfangs zwar weniger Vergütung, als er es gewohnt ist. Über die Laufzeit jedoch, besonders wenn diese lang ist, zahlen sich höhere Bestandsvergütungen in der Regel aus.

autorAutorin
Sabine

Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

kommentare
Elke Scholz-Krause
Vor 2 Jahren

Und was macht der Ü50 Berater? Da hilft die NAV Vergütung nur bedingt. Bleibt nur die Honorarberatung. Und wer bleibt auf der Strecke? Die Kundengruppe, die finanziell nicht so gut aufgestellt. Gute Beratung werden dann nur die in Anspruch nehmen, die es sich leisten können.

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Elke Scholz-Krause
Vor 2 Jahren

Und was macht der Ü50 Berater? Da hilft die NAV Vergütung nur bedingt. Bleibt nur die Honorarberatung. Und wer bleibt auf der Strecke? Die Kundengruppe, die finanziell nicht so gut aufgestellt. Gute Beratung werden dann nur die in Anspruch nehmen, die es sich leisten können.

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