Beratungsszene: Vermittlerinnen und Vermittler sollten regelmäßig ihre VSH überprüfen. © Drazen Zigic/Freepik.com
  • Von Oliver Lepold
  • 27.02.2023 um 11:09
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Vermittelnde müssen sich gegen mögliche Fehler versichern. Und ihre Vermögensschadenhaftpflichtversicherung stets aktuell halten, sonst kann es schnell sehr teuer werden.

Wie findet man die richtige Police?

„Eine VSH muss, wie andere Pflichtversicherungen auch, den gesetzlichen Vorgaben gerecht werden. Sie sollte die spezifischen Haftpflichtgefahren berücksichtigen und eine an den individuellen Bedarf des Vermittlers angepasste, eventuell auch höhere Versicherungssumme aufweisen“, sagt Norman Wirth, Vorstand des AfW Bundesverbands Finanzdienstleistung. Dazu müssen Fragen beantwortet werden wie: Sind alle Mitarbeitenden erfasst? Haben sich rechtliche Rahmenbedingungen geändert? Wurden neue Geschäftsfelder und -praktiken erschlossen? Sind alle Produkte, zu denen beraten wird und die vermittelt werden, vom Versicherungsschutz umfasst?

Diese und weitere wichtige Fragen können Vermittelnde anhand von sieben zentralen Kriterien (darunter auch Punkte wie der versicherte Personenkreis, Kündigung und Ausschlüsse) mithilfe einer vom AfW in Kooperation mit Hans John Versicherungsmakler erstellten und jüngst überarbeiteten VSH-Checkliste beleuchten. So überprüfen sie, wo akuter Handlungsbedarf besteht oder ob der bestehende VSH-Versicherungsschutz noch ausreicht. Das 19-seitige PDF-Dokument steht hier kostenfrei zur Verfügung.

Gerade bei bestehenden älteren Verträgen lohnt ein Blick in die Bedingungen: „Leider haben nicht alle Anbieter ihr Konzept laufend gepflegt, sodass gerade ältere VSH-Verträge heute viele Schlechterstellungen im Vergleich zu modernen Konzepten beinhalten“, gibt CGPA-Geschäftsführer Henseler zu bedenken. So sollten Services des Vermittlers, die über die reine Vermittlung hinausgehen und direkt vom Kunden vergütet werden, auch versichert sein. Und: „Der Verzicht auf Quotelung bei grober Fahrlässigkeit, eine Besitzstandsklausel beim Wechsel des VSH-Anbieters, eine Innovations- oder eine Best-Leistungs-Garantie können sinnvolle Deckungserweiterungen darstellen“, so Henseler weiter.

Der VSH-Schutz sollte ohnehin mindestens einmal jährlich gecheckt werden, unterstreicht AfW-Vorstand Wirth. Und: „Bei sämtlichen Änderungen Ihres Risikos sollten Sie überprüfen, ob hierfür überhaupt und in angemessener Höhe Versicherungsschutz besteht. Wir raten: Beraten Sie nur zu Produkten und vermitteln diese, wenn auch der entsprechende VSH-Schutz vorhanden ist.“

Die Sache mit der Nachhaftung

Zeitliche Deckungslücken sind natürlich zu vermeiden. Das ist allerdings aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zu Verstoßdeckung und unbegrenzter Nachhaftung kein gravierendes Problem mehr. Es gilt für alle Beratungsfehler durchgehend Versicherungsschutz. Vermittler, die ihren VSH-Vertragspartner wechseln, sind zudem auf der sicheren Seite, wenn der neue Anbieter eine Übernahme der Nachhaftung aus sämtlichen Vorverträgen sowie eine generell unbegrenzte Nachhaftung anbietet.

Problematisch kann es jedoch werden, wenn der Versicherer den Vertrag direkt nach einem Schaden kündigt, wozu er nach Versicherungsvertragsgesetz ebenso wie der Versicherungsnehmer berechtigt ist. Macht der Versicherer von diesem Recht Gebrauch, so muss er eine Frist von einem Monat einhalten. Die Gefahr: Findet der Versicherungsmakler innerhalb dieses Monats keinen neuen Versicherer, droht ihm der Entzug der Erlaubnis durch die zuständige Industrie- und Handelskammer mangels Nachweises der gesetzlichen Pflichtversicherung.

Verzicht auf Sonderkündigungsrecht wichtig

Hinzu kommt: Ein Haftungsfall kann sich, insbesondere wenn es um hohe Summen und über mehrere Instanzen geht, sehr lange hinziehen. „Das kann mental sehr belastend sein. Der Umstand, dass der eigene VSH-Versicherer den Schadenfall letztlich nicht zum Anlass nimmt, auch noch die Kündigung mit einer Frist von einem Monat auszusprechen, sorgt dann durchaus für ein bisschen Beruhigung“, so Henseler. Daher gehört der Verzicht auf das Sonderkündigungsrecht nach einem Schadenfall zu den wichtigsten Kriterien – denn das stellt ein klares Statement des Versicherers dar, seinen Kunden im Schadenfall nicht alleinzulassen.

Hat ein Versicherungsmakler etwa einen Drei-Jahres-Vertrag abgeschlossen, ist er mindestens für die gesamte vereinbarte Versicherungsdauer abgesichert, auch wenn Schadenfälle auftreten oder unberechtigte Forderungen abgewehrt werden müssen. „Gerade für Existenzgründer, bei denen das Gefahrenpotenzial eines Vermögensschadens grundsätzlich höher ist, ist dies von großer Wichtigkeit. Hinzu kommt, dass es im schlimmsten Fall auch zu zwei in kurzer Zeit aufeinanderfolgenden Schäden kommen kann“, betont Henseler.

Mehr ist mehr

Mehr ist also mehr in Sachen VSH. Denn Vermittelnde können ihren Haftungsumfang über ihre Geschäftsbedingungen nicht generell begrenzen. Im Fluttor-Fall wurde eine solche Klausel verworfen, denn laut Gesetzgeber kann eine Haftung für grob fahrlässige Pflichtverletzungen nicht beschränkt werden. Das Landgericht Hamburg hat zudem nochmals klargestellt, dass Makler im Rahmen ihrer laufenden Betreuung das versicherte Risiko nicht nur überwachen, sondern den Versicherungsnehmer bei Veränderungen auch darauf hinweisen und auf eine Anpassung hinwirken müssen.

Allerdings muss der Versicherungsnehmer den Makler über mögliche Veränderungen zuvor in Kenntnis setzen. Das war hier der Fall. Der Streitwert wurde auf 5 Millionen Euro festgesetzt; das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, der Fall befindet sich in Revision. Während die Branche gespannt auf das finale Urteil wartet, sollte sie ihren VSH-Schutz kritisch überprüfen.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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