Rechtsanwalt Tim Banerjee berät freie Handelsvertreter regelmäßig bei Streitigkeiten mit dem Versicherer. © Banerjee & Kollegen
  • Von Redaktion
  • 27.02.2023 um 15:15
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Auch bei hohen Provisionen sollten Arbeitnehmer im Vertrieb ein Fixgehalt erhalten, betont der Rechtsanwalt Tim Banerjee. Worauf Beschäftigte mit Provisionsansprüchen achten sollten, wenn sie ihre Vereinbarungen gestalten, erklärt Banerjee in seinem Gastbeitrag.

Wer an Vertriebsmitarbeiter denkt, hat regelmäßig freie Handelsvertreter im Sinne des Handelsgesetzbuches vor Augen, die als Unternehmer für eine oder mehrere Gesellschaften auftreten. Der Vertrieb in Deutschland wird jedoch in weiten Teilen von Arbeitnehmern durchgeführt. Angestellte im Vertrieb sind somit über alle Branchen hinweg tätig – ob in der Finanzdienstleistung, im produzierenden Gewerbe oder der Textilwirtschaft. Für diese Vertriebsarbeitnehmer gehören daher Provisionen beziehungsweise Bonizahlungen für vermittelte Geschäfte zur festen Gehaltsstruktur.

Diese können einen spürbaren Anteil an der gesamten Vergütung ausmachen. Grundsätzlich werden diese Ansprüche im Arbeitsvertrag geregelt, die Höhe der Vergütung orientiert sich beim Provisionsvertrag meist an einem bestimmten Prozentsatz. Dieser wiederum ergibt sich in der Regel aus dem für den Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit erwirtschafteten Gewinn oder erbrachten Umsatz. 

Wichtig dabei ist, dass die Provisionsregelungen arbeits- oder tarifvertraglich genau definiert werden, um Streitigkeiten zu vermeiden. Unzulässig ist beispielsweise eine vertragliche Grundlage, wenn von vornherein offenkundig sei, dass der Arbeitnehmer allein aus den Provisionszahlungen keinen angemessenen Verdienst erzielen könne.

Ebenfalls ist zu betonen, dass der Verdienst nicht angemessen ist, wenn Arbeitszeit und Provision des Mitarbeiters in einem krassen Missverhältnis stehen. Eine solche Vereinbarung ist sittenwidrig (Paragraf 138 BGB). Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall die für seine Tätigkeit übliche Vergütung nach Stunde oder Monat verlangen.

Woran es in der Praxis immer wieder hakt

In diesem Zusammenhang ist auf einen weiteren Aspekt hinzuweisen, der sich wirtschaftlich erheblich auf einen Arbeitnehmer im Vertrieb auswirken kann: Die Provisionsregelungen dürfen nicht so strukturiert sein, dass sie überdurchschnittlich in das Gehalt des Arbeitnehmers eingreifen, etwa bei Kündigung und Freistellung. Zwar darf der Arbeitgeber Zielvereinbarungen und Zielvorgaben einseitig anpassen, aber dies darf einen Arbeitnehmer nicht finanziell überfordern in der Hinsicht, dass sein Gehalt massiv beschnitten wird, wenn er die Ziele nicht erreicht.

Kurzum: Auch bei Vertriebsmitarbeitern mit hohen Provisionsregelungen muss ein der Arbeitsleistung entsprechendes Fixgehalt gezahlt werden, damit das Nichterreichen der Ziele nicht die wirtschaftliche Existenz eines Mitarbeiters gefährdet. Diese Ansicht sei von Arbeitsgerichten bereits mehrfach bestätigt worden. 

Allein: In der Praxis sehe ich regelmäßig Probleme zwischen Unternehmen und ihren Arbeitnehmern, wonach das Verständnis hinsichtlich Berechnung und Strukturierung der Provisionsregelungen weit auseinandergeht. Entscheidend ist, dass die sogenannte Zielerreichungskontrolle transparent und fair ist – und der Arbeitgeber ist für die Richtigkeit der Leistungsbestimmung verantwortlich und muss diese im Zweifel vor Gericht auch beweisen.

Zielvorgaben müssen realistisch sein

Vor allem gilt auch der Grundsatz, dass Zielvereinbarungen beziehungsweise Zielvorgaben realistisch sein müssten. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits 2010 festgelegt. Der Arbeitgeber muss im Zweifel nachweisen, dass die Ziele erreichbar gewesen sind. Ist dies nicht der Fall, kann dies Schadensersatzansprüche gegen das Unternehmen begründen, die von den Gerichten auch geschätzt werden können.

Dazu kommt: Um Streitigkeiten über die Voraussetzungen des Entstehens des Provisionsanspruches und über die Höhe der Provision zu vermeiden, braucht es zum einen individuelle vertragliche Regelungen, die für beide Seiten akzeptabel sind. Meist ist die Höhe der Vergütung beim Provisionsvertrag als bestimmter Prozentsatz geregelt. Dieser ergibt sich in der Regel aus dem für den Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Tätigkeit erwirtschafteten Gewinn oder erbrachten Umsatz.

Grundsätzlich sollten Vertriebsmitarbeiter daher schon bei den Arbeitsvertragsverhandlungen und der Festsetzung der Provisionsregelungen und Zielvereinbarungen darauf achten, dass rechtlich tragfähige und konsensuale Regelungen gefunden werden. Das kann später viel Ärger ersparen.

Der Autor:

Tim Banerjee ist Partner der auf Vertriebs- und Arbeitsrecht spezialisierten Kanzlei Banerjee & Kollegen aus Mönchengladbach. Banerjee begleitet regelmäßig Handelsvertreter bei Vertragsverhandlungen und -gestaltungen.

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