Rechtsanwalt Andreas Otto Kühne. © BKL Fischer Kühne + Partner
  • Von Redaktion
  • 16.02.2021 um 14:13
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Auch „enterbte“ Angehörige haben Anspruch auf einen Teil des hinterlassenen Vermögens. Schnell kommt es dann zum Streit mit den Erben. Unternehmer und vermögende Personen sollten mit lebzeitigen Vereinbarungen vorbauen, rät Rechtsanwalt Andreas Otto Kühne in seinem Gastbeitrag.

Erhöhte Vorsicht ist bei gemeinschaftlichen Testamenten gefragt. Zwar erben die Kinder erst nach dem Tod beider Partner. Was viele nicht wissen: Jedes Kind hat schon beim ersten Todesfall Anspruch auf einen Pflichtteil. Zum Schutz können die Eltern eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel in ihren letzten Willen einbauen. Die Folge: Macht ein Kind beim Tod des ersten Elternteils bereits den Pflichtteil geltend, bekommt es auch beim zweiten Erbfall nur den Pflichtteil.

Erblasser sollten ihre Familiensituation und Vorstellungen mit einem erfahrenen Spezialisten für Familien- und Erbrecht diskutieren. So lassen sich böse Überraschungen vermeiden und tragfähige Lösungen entwickeln.

Rechte von enterbten Angehörigen

Enterbte Kinder, Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner haben einen Geldanspruch auf einen Teil des Nachlasses. Sie dürfen aber nicht untätig bleiben. Enterbte Nachkommen müssen spätestens zum Ende des dritten Jahres, welches dem Jahr der bekannt gewordenen Enterbung folgt, ihren Pflichtteil einfordern. Andernfalls verjährt der Anspruch.

Damit nicht genug: Pflichtteilsberechtigte haben zudem Anspruch auf einen sogenannten Pflichtteilsergänzungsanspruch, der sich auf alle Schenkungen des Erblassers in den letzten zehn Jahren bezieht. Mit jedem seit der Schenkung vergangenen Jahr reduziert sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch in Bezug auf den verschenkten Vermögenswert um 10 Prozent. Für Schenkungen, die beim Erbfall länger als zehn Jahre zurückliegen, besteht kein Ergänzungsanspruch mehr.

Spezial-Regelungen für besondere Fälle

Für einige Schenkungen gelten besondere Regelungen. Bei Schenkungen unter Eheleuten beginnt die zehnjährige Frist erst mit der Auflösung der Ehe, also mit dem Tod des Erblassers. Schenkungen unter Nießbrauchvorbehalt lösen grundsätzlich keine Jahresfrist aus und sind voll zu berücksichtigen.

Um ihren Anspruch zu beziffern, haben enterbte Pflichtteilsberechtigte ein Auskunftsrecht über die genaue Höhe des gesamten Nachlasses zum Todestag. Zudem müssen die Erben die lebzeitigen Schenkungen des Erblassers offenlegen. Zu diesem Zweck wird in der Regel von einem Notar ein Vermögensverzeichnis erstellt. Alle in den letzten zehn Jahren verschenkten Vermögenswerte werden wieder „fiktiv“ einbezogen und zumindest anteilig berücksichtigt. Um ihre Rechte optimal zu wahren, sollte enterbte Pflichtteilsberechtigte einen erfahrenen Berater zu Rate ziehen. So können sie kostspielige Fehler vermeiden und ein bestmögliches Ergebnis erzielen (siehe Infokasten „Den Pflichtteil richtig einfordern“ auf der nächsten Seite).

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