Eine Frau genießt ihren Kaffee. Kommt es im Büro auf dem Weg zum Kaffeeholen zu einem Sturz, so gilt dies als Arbeitsunfall, urteilte das Hessische Landessozialgericht. © picture all./Bildagentur-online/Blend Images/Dmitry Ageev
  • Von Lorenz Klein
  • 24.02.2023 um 12:56
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 01:40 Min

Wer im Büro auf dem Weg zur Kaffeemaschine stürzt, ist unfallversichert. Das hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) entschieden. Der Weg zum Kaffeeholen stehe „im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit“, so die Begründung der Richter. Anders verhält es sich beim Besuch der Toilette oder der Kantine.

Was ist geschehen?

Eine 57-jährige Frau ist als Verwaltungsangestellte in einem Finanzamt beschäftigt. Am 25. Februar 2021 um 15.30 Uhr rutscht sie auf dem Weg zum Kaffeeholen aus – sie stürzt und zieht sich unter anderem einen Bruch des dritten Lendenwirbelkörpers zu. „Die Patientin sei auf nassem Fußboden ausgerutscht und habe versucht sich abzufangen“, heißt es später im Arztbericht. Die Frau möchte ihren Sturz als Arbeitsunfall von der Unfallkasse Hessen anerkannt bekommen – doch diese lehnt ab. Begründung: Der gesetzliche Unfallschutz ende mit dem Durchschreiten der Kantinentür, da der Kantinenraum „nicht zum versicherten Bereich in der gesetzlichen Unfallversicherung“ gehöre.

Das möchte die Verwaltungsangestellte nicht akzeptieren – der Fall landet schlussendlich vor dem Sozialgericht Fulda. Dieses weist die Klage der Frau. Im Berufungsverfahren schauen sich die Richter des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) den Sachverhalt noch einmal genauer an.

Das Urteil

Das LSG hebt den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda in seinem Urteil vom 7. Februar 2023 auf – die Frau bekommt Recht (Aktenzeichen: L 3 U 202/21). Die Begründung der Richter: „Das Zurücklegen des Weges zum Holen eines Kaffees im Betriebsgebäude des Arbeitgebers steht im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit“, heißt es im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts. Ein Beschäftigter, der sich zum „alsbaldigen Verzehr“ Nahrungsmittel besorge, sei grundsätzlich gesetzlich unfallversichert, befinden die Richter. Wenn hingegen Lebensmittel für den häuslichen Bereich gekauft würden, bestehe für den Beschäftigten kein Schutz. Gleiches gilt für die Nahrungsaufnahme selbst, denn diese sei Teil des privaten Lebensbereichs.

Das Holen eines Kaffees sei hingegen eine Verrichtung, die durch die Notwendigkeit geprägt gewesen sei, „persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten“, wie es weiter heißt. Der Versicherungsschutz ende daher auch nicht mit dem Durchschreiten der Tür in den Sozialraum, denn dieser befinde sich innerhalb des Betriebsgeländes und gehöre zum Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Der Sozialraum sei zum Zeitpunkt des Unfalls auch nicht als Kantine oder zur Nahrungsaufnahme genutzt worden, so die Richter.

Doch das letzte Wort dürfte in dieser Sache noch nicht gesprochen sein – die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel ließ das Hessische Landessozialgericht ausdrücklich zu.

autorAutor
Lorenz

Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

kommentare

Hinterlasse eine Antwort