Carsten Zielke, Geschäftsführer von Zielke Research Consult © Klaus Berner/Carsten Zielke
  • Von Redaktion
  • 12.07.2016 um 11:35
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Das anhaltende Niedrigzinsumfeld macht die Garantien in der Lebensversicherung teuer. Versicherer, die klassische Policen anbieten, geraten unter den Druck. Carsten Zielke, Geschäftsführer von Zielke Research Consult, gibt im Interview eine aktuelle Einschätzung zur Situation in der Versicherungsbranche.

Ab wann müssen Versicherer ihre Altgarantien konkret absenken? Wie könnte man einen solchen einschneidenden Schritt beim Kunden positiv argumentieren?

Meiner Meinung nach ist der Zeitpunkt schon jetzt gekommen. Wenn man alle Garantien zum Beispiel auf ein Prozent senken würde, könnten dann die Lebensversicherer viel freier investieren und mittelfristig wieder eine attraktive Rendite für den Versicherungsnehmer erwirtschaften. Diese könnten sie aber nicht auf dem Altniveau garantieren.

Sind die deutschen Lebensversicherer in Sachen Innovationskraft, Know-how und Visionen in der Lage, diese Krise zu meistern?

Wenn Sie sich einen Ruck geben, dann ja. Wenn Sie auf alte Muster bauen, dann nicht. Aber Krisen sind in der Regel dazu da, sich neu zu erfinden. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld und die weiterhin stark zunehmende Regulierung führen zur Bildung einer Schicksalsgemeinschaft aus Banken, Asset Managern und Versicherungen. Dadurch entstehen Wechselwirkungen.

Die Versicherer sollten Ansätze anstreben, die ihrer individuellen Bedürfnisstruktur in der jeweiligen Phase gerecht werden. In dem daraus entstehenden Dialog zwischen den Marktteilnehmern liegt natürlich auch eine Chance, um die Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln – beispielsweise im Hinblick auf die Kapitalanlagekompetenz, die Versicherungen für den Versicherungsnehmer stärker ins Zentrum stellen.

In einer Studie haben Sie untersucht, wie die zehn größten Versicherer ihre Kapitalanlagen absichern und dabei keine klare Linie, aber drei Wege festgestellt: Sie achten entweder auf Bilanzschutz oder sie denken nur ökonomisch oder sie vermeiden Abschreibungen dank HGB. Wer macht es richtig?

Die Gefahr eines rein ökonomischen Denkens ist, dass bilanzielle Gefahren unterschätzt werden und umgekehrt. Aus diesem Grund denke ich, dass eine optimale Absicherungspolitik im Schutz des Eigenkapitals stehen sollte.

Beobachten Sie auch eine Veränderung auf der Nachfrageseite? Rücken Kunden langsam von ihrem sklavischen Wunsch nach Garantie in der Altersvorsorge ab und sind sie bereit, mehr Risiko für mehr Rendite in Kauf zu nehmen?

Ich habe das Gefühl, dass sie lieber auf andere Sparformen ausweichen, wenn sie keine Garantien mehr bekommen. Die fondsgebundene Police ohne Garantien oder die klassische Police ist für mich die wahre Lösung. Diese könnte mit einem Fondssparplan außerhalb des Versicherungsmantels kombiniert werden, um dem Kunden die nötige Liquiditätsflexibilität zu geben. Doch ich gebe zu – das ist vielen Aktuaren zu einfach.

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Gibt es positive oder negative Erkenntnisse aus dem bereits wesentlich länger in einer Niedrigzinsphase verharrenden japanischen Markt für Deutschland?

Japan sollte kein Beispiel für Deutschland sein. Die verkaufen eigentlich kaum Sparprodukte mehr.

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