Finanzkommissarin Mairead McGuinness liebäugelt mit einem Provisionsverbot in der Finanzberatung. © picture alliance / EPA | JULIEN WARNAND
  • Von Oliver Lepold
  • 21.07.2023 um 12:52
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Fallende Abschlussprovisionen, Druck aus Brüssel und alternative Vergütungsmodelle lassen viele Vermittler über neue Einnahmequellen nachdenken. Worauf ist zu achten? Pfefferminzia hat sich in der Branche umgehört.

Zunächst überwog die Skepsis. Als Christiane Göpf vor sieben Jahren von ihrem Poolpartner, der Netfonds Gruppe, ein Servicegebührenmodell vorgeschlagen wurde, wollte sie weder vom Service noch von der Gebühr etwas wissen. Sie berät mit ihrem Unternehmen FemFinanz Frauen zu Geldanlage und Altersvorsorge. Nach einem Coaching in Bezug auf Empfehlung, Vermittlung und Nachsorge schrieb sie jedoch ihren bewährten Service einmal schwarz auf weiß auf und erkannte konkret Vorteile und Wert für ihre Kundinnen.

Heute arbeitet sie im Investmentbereich über die Vermögensverwaltung mit Servicegebühren. „Die Einkommenssituation wird entspannter, weil Servicegebühren zu regelmäßigen Einkünften und einem planbaren Einkommen führen, unabhängig von Abschlüssen“, sagt Göpf.

Es ist verständlich, dass sich Vermittelnde nach vielen Jahren der aus Kundenperspektive vermeintlich kostenfreien Beratung zunächst schwertun, direkt Geld von ihren Kunden zu verlangen. „Dieses Feedback unserer Makler war damals der Anlass für unsere Servicevereinbarung mit Leistungspaket. Dazu bieten wir Workshops und Onlineschulungen an. Dabei berichten Makler für Makler über die erfolgreiche Umsetzung und nehmen ihnen Ängste und Sorgen“, berichtet Kevin Jürgens, Vertriebsvorstand der Phönix Maxpool Gruppe, über einen gängigen Zugangsweg. Zur Umsetzung gehört dabei auch eine Kunden-App, die nicht nur Versicherungen verwalten lässt, sondern auch alle Dokumente und Dinge des täglichen Lebens, etwa Mikroversicherungen wie Reisegepäck, Unfall und Cyber.

„Die laufenden Service-Entgelte sind keine Provisionen und unterliegen daher der Mehrwertsteuer. Nicht nur in der Vermögensverwaltung, auch im Versicherungsbereich gewinnen sie mehr und mehr Freunde“, betont Oliver Kieper, Versicherungsvorstand der Netfonds Gruppe. Viele Kundinnen und Kunden schätzten den persönlichen Service ihrer Berater, und zwar nicht nur im Schadenfall. „Regelmäßige Updates, Tarifvergleiche, Hotline-Services und dergleichen mehr sind Bausteine, die Vermittelnde schon heute in ihre Servicemodelle einbauen“, so Kieper. Der große Vorteil: Sie sind unabhängig von der Vermittlung eines Produktes und daher zukunftsweisend – ein mögliches Provisionsverbot kann ihnen nichts anhaben.

Die Branche orientiert sich aktuell sehr bewusst an Servicegebühren und anderen laufenden Vergütungsmodellen. „Dies geschieht nicht aus Furcht vor einem möglichen Provisionsverbot, sondern allein aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen zur Substanzmehrung des eigenen Unternehmens“, unterstreicht Rolf Schünemann, Vorstandsvorsitzender von BCA. Wenn bei einem größeren Vertragsbestand der Anspruch auf laufende Vergütungen besteht, bietet dies auch eine gewisse Sicherheit für das Maklerunternehmen. Und einen erhöhten Unternehmenswert. Denn die gängigen Bestandsbewertungsmethoden basieren allesamt auf laufenden Erträgen. Abschlussprovisionen spielen dafür keine Rolle.

Beim Trend zu alternativen Vergütungsmodellen erkennt Dirk Erfurth hingegen sehr wohl einen Zusammenhang mit der Provisionsverbot-Diskussion. „Da das Thema immer wieder aufflammt und dadurch Unsicherheiten bestehen bleiben, nehmen Informationen und Fragen zum Start und einer erfolgreichen Umsetzung stärker zu. Die Beweggründe dafür sind sehr unterschiedlich. So sehen immer mehr Vermittler Vorteile in der variablen Ausgestaltung ihrer Vergütung bei Nettotarifen, dem Wegfall der Stornohaftungszeiten und von Liquiditätsnachteilen“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter von Creator diPAY, einem Servicedienstleister, der Vermittler bei der Umsetzung von Servicegebührenmodellen unterstützt. Durch die erzielten Kostenvorteile könnten Vermittelnde so ihren Kunden attraktivere Angebote bieten und sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Schriftliche Vereinbarung schafft Transparenz

Die rechtlichen Aspekte müssen dabei in jedem Fall beachtet werden. „Servicevereinbarungen für die überobligatorischen Tätigkeiten, die mit Sicherheit jede Maklerin und jeder Makler leistet, sind die einfachsten Varianten alternativer Vergütungsmodelle“, bestätigt Norman Wirth, Vorstand des AfW Bundesverbands Finanzdienstleistungen. Der Verband kämpft in Brüssel und Berlin fortlaufend für den Erhalt des Provisionssystems in friedlicher Koexistenz zur Honorarberatung und -vermittlung. Sein Rat: „Transparenz! Also eine schriftliche Vereinbarung, die für den Kunden verständlich ist. Es muss einfach sehr klar sein, wofür etwas bezahlt werden soll. Der Kunde darf nicht hinterher sagen können: Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich das nicht gemacht.“ Aus diesem Grund ist eine individuelle, rechtliche Beratung angeraten.

Im aktuellen AfW-Vermittlungsbarometer, für das der Verband mehr als 1.300 Vermittelnde befragt hat, spielt das Thema Vergütung eine wichtige Rolle. So gaben 60 Prozent der Befragten an, dass sie ihren Mehrwert als Berater klar beschreiben können und ihre Kunden wissen, welche Leistung sie erbringen und welchen Wert die Zusammenarbeit mit ihnen hat. „Die Ablehnung, die Vergütung von der Abschluss- zur Bestandsprovision hin zu verlagern, ist klar gesunken. Statt 40 Prozent wie im Vorjahr sind nur mehr 25 Prozent dagegen“, erläutert Wirth. Mit 43 Prozent steht eine relative Mehrheit der Frage positiv gegenüber. Auch zur Höhe einer Servicegebühr haben viele Befragte eine Vorstellung.

Viel Unterstützung durch Maklerpools

Maklerpools bieten ihren angeschlossenen Partnerinnen und Partnern weitreichenden Support und verschiedene rechtssichere Modelle für die Umsetzung von Service-Entgelten. Dazu gehören auch Kooperationen mit Servicedienstleistern wie diPAY, etwa für die Auslagerung der Abrechnung. Dort werden zudem Vermittelnde unterstützt, die mit Nettopolicen arbeiten möchten. „Gerade bei der Altersversorgung kann man sehr gut den Einstieg durch einen hybriden Vertriebsansatz schaffen, indem man seinen Kunden ein Courtage- und ein Nettoangebot des Versicherers vorlegt. Im Ergebnis entscheidet sich der Kunde dann meist für den Nettotarif“, betont Experte Erfurth.

Als typische Fehler nennt er eine falsche Kundenansprache oder keine ausreichend attraktiven Mehrleistungen für Kunden. „Will man nicht planlos seine Chance vertun, gilt es, ein Konzept mit Verträgen, Inhalten und Marketing aufzusetzen und den gesamten Ablauf, bis hin zur Rechnungs- und Zahlungsabwicklung zu organisieren“, rät Erfurth.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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