Blick auf den Bundestag und die Spree in Berlin. © dpa/picture alliance
  • Von Christian Müller
  • 15.05.2017 um 16:00
artikel drucken artikel drucken
lesedauer Lesedauer: ca. 07:15 Min

Fünf Makler- und Vermittlerverbände haben sich kürzlich zu einer Gesprächsrunde zusammengefunden, über die Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD gesprochen und ein gemeinsames Positionspapier aufgesetzt. Darin machen die Verbände vier Forderungen, was sich an IDD noch ändern muss. Versicherungsberater Christian Müller hat sich die IDD und das Positionspapier einmal angeschaut und nimmt kritisch dazu stellen. Sein Fazit: Vor allem der Gesetzgeber, aber auch die Makleverbände haben mehrere „historische Chancen“ vertan.

Der zweite Unterpunkt dieser Forderung: Gleiches Recht für alle, also alle Vertriebskanäle. Gleicher Rechtsrahmen, gleiche Verpflichtungen. Fokus Online-Vertriebskanäle. Ja, korrekt. Das will auch die IDD. Passt. Offene Flanke: Ausländische Anbieter. Ein Server kann nämlich überall stehen. Und dann? Regelungstücken im Detail. Juristen sind eben noch nicht in der digitalen Welt angekommen. Und selbst wenn, so hat sich in der Rechtsprechung immer noch nicht etabliert, wie ein VVG-konformer Beratungsprozess auszusehen hat.

Dritter Unterpunkt dieser Forderung: das Durchleitungsgebot. Man will Verbraucherschutz und die gigantische Armada von 311 Versicherungsberatern pushen. Und zwar mit der Erlaubnis, dass diese Bruttotarife vermitteln dürfen. Unter der Maßgabe, dass bis zu 80 Prozent an den Kunden weitergeleitet werden. Ja, da hat die Lobby-Arbeit der Versicherer ganze Arbeit geleistet.

Chance, echte Nettotarife einzufordern ist vertan

Die historische Chance, von den Versicherern echte Nettotarife zu fordern, wurde damit vertan. Stattdessen: ein Verwaltungsmonster und eine Idee, die prozessual, betriebswirtschaftlich und auch steuerrechtlich der größte Humbug aller Zeiten darstellt. Ok, IBM und Co. dürften sich jetzt vor Programmier- und Consulting-Aufträgen nicht retten können. Der Freelancer-Markt ist aktuell wegen solcher kruden Regelungen leergefegt. Hochkonjunktur!

Auch hier der Realitätscheck: Kein Versicherungsberater wird sich das antun. Deren Tätigkeitsfeld ist anders gelagert; die wenigsten im Bereich der Vermittlung tätig. Attraktiv ist es für den einen oder anderen Makler. Besteht doch bei der neuen Spezies Honorar-Versicherungsberater die Chance, Bestandsprovisionen zu behalten und künftig beim Endverbraucher auch Rechnungen zu stellen. Wobei bei „Sach“ alles beim Alten bleiben soll. Klingt attraktiv. Doch ist die Rechnung auch mit dem Versicherer gemacht worden?

Verwaltungsmonster ante portas

Was holt der sich denn in den Bestandsführungssystemen für ein Verwaltungsmonster ins Haus? Vom Update der Courtagezusagen und Verträge mal abgesehen. Außerdem unklar: Die Rolle von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Das wird lustig im Bereich der Umsatzsteuer – und viel Spaß bei der Betriebsprüfung geben. Wenn es dumm läuft: Zusätzliche Umsatzsteuereinnahmen für den Staat und – ein ganz schmaler Business Case für den Verbraucher. Fazit: Der Verbrauchervorteil landet beim Bundesfinanzminister. In Form der Mehrwertsteuer. Well done!

Ob der Verbraucher, der die Zeche zahlen soll, das mitmacht? Das würde mich wundern. Praxisbeweis: Wäre die Bereitschaft gegeben, würde die Zahl der Versicherungsberater – die bereits jetzt legal so vermitteln dürfen – deutlich höher sein als aktuell nur 311.

autorAutor
Christian

Christian Müller

Christian Müller ist Unternehmens- und Versicherungsberater und gemeinsam mit seiner Frau Esther Riehl-Müller Teilhaber der RWM Group in Kassel.

kommentare

Hinterlasse eine Antwort

Hinterlasse eine Antwort