Blick auf den Bundestag und die Spree in Berlin. © dpa/picture alliance
  • Von Christian Müller
  • 15.05.2017 um 16:00
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Fünf Makler- und Vermittlerverbände haben sich kürzlich zu einer Gesprächsrunde zusammengefunden, über die Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD gesprochen und ein gemeinsames Positionspapier aufgesetzt. Darin machen die Verbände vier Forderungen, was sich an IDD noch ändern muss. Versicherungsberater Christian Müller hat sich die IDD und das Positionspapier einmal angeschaut und nimmt kritisch dazu stellen. Sein Fazit: Vor allem der Gesetzgeber, aber auch die Makleverbände haben mehrere „historische Chancen“ vertan.

Forderung 2: Gleiche Regeln für Alle  

Der erste Unterpunkt dieser Forderung zielt auf die Vergütung ab. Schauen wir doch mal auf den Status Quo, um das besser zu verstehen. Kriegsschauplatz Verbraucher. Momentan hat der Makler die Wahl zwischen Courtage-Tarifen oder courtagefreien Tarifen plus ein umsatzsteuerfreies Vermittlungsentgelt.

Die letzte Option soll wegfallen, die IDD ist da eindeutig, Wer Makler ist, darf künftig dem Endverbraucher keinen Cent abnehmen. Da gibt es nichts zu interpretieren.

Hier setzt der Kritikpunkt des Konsenspapiers an. Freie Preisgestaltung bei Verbrauchern ist gewünscht. Klar, ohne Stornorisiko. Alles andere ist Einschränkung der Berufs- und Gewerbefreiheit wird argumentiert. Und selbstverständlich darf auch ein Seitenhieb auf die Honorarberatung und das Argument, das die Vergütungsform kein Garant für Qualität ist, nicht fehlen. Vollkommen korrekt. Aber warum wird das dann gerade gefordert? Ein kleiner Widerspruch ist das schon bei näherer Betrachtung.

Politiker eiern rum und zeigen sich mutlos

Gerade im Vergütungsbereich ist in den vergangenen Monaten viel diskutiert worden. Service-Pauschalen, Nettoentgelte, Vermittlerentgelt – selbst gestandene Vermittler kommen da ab und an ins Schleudern. Um es klar zu sagen: Gesetzgeber und Rechtsprechung eiern da seit Jahrzehnten herum. Auch hier fehlt der Mut der Politik durch ein Maklergesetz und gegebenfalls eine Verkammerung des Berufstands, den erforderlichen ordnungspolitischen Rahmen zu schaffen, um die hehren Ziele der IDD zu stützen. Nächste historische Chance vertan. Diesmal auf Seiten der Politik. Setzen Sechs!

Die Forderung nach freier Preisgestaltung wäre deutlich mehr als der Status Quo. Freie Preise für freie Bürger und freie Makler. Ein Traum. Aber deckungsgleich mit dem, was ein Makler laut Leitbild sein sollte? Mir fehlt der Glaube daran.

Nun mal den Realitätscheck zur freien Preisgestaltung. Was könnte passieren in dem Fall? Schauen wir uns die Airlines und auch die Urlaubsportale an. Atomisierung der Preise mit „Add Ons“ sind die Folge. Statt Transparenz eher das Gegenteil. Also das Gegenteil dessen, was man in Europa im Sinne des Verbraucherschutzes eigentlich will. Ob das der Kunde will: Neben Produktvielfalt noch Preisvielfalt zusätzlich? Und in der Branche einen Preiskrieg, der in Verdrängungsmärkten ein ganz normaler Mechanismus ist?

Umdeckungen bald wieder an der Tagesordnung?

Wenn, dann wäre dieses überhaupt relevant für die Sparte Leben. Mit Riester und Rürup. Im Ernst: Damit wäre das Thema Stornohaftung vollkommen eliminiert. Courtagefreier Tarif und stornofreie Rechnungen an den Verbraucher: Es würde mich nicht wundern, wenn dann Umdeckungsszenarien wieder an der Tagesordnung wären. Und das nachdem die Versicherer mit viel Mühe und Not längere Stornohaftungszeiten mit dem LVRG II durchgesetzt haben, um die Bilanzen zu hübschen.

Also nicht im Sinne des Erfinders. Denn machen wir uns nichts vor. Lichtgestalten sind noch genug unterwegs. Aktuell mit Bitcoins. Und auch der Bosporus ist noch per Call Center aktiv. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

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Christian Müller

Christian Müller ist Unternehmens- und Versicherungsberater und gemeinsam mit seiner Frau Esther Riehl-Müller Teilhaber der RWM Group in Kassel.

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