Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht zugeschaltet am 17. März 2022 im deutschen Bundestag. Der Krieg bringt nicht nur Leid über die Menschen in der Ukraine, sondern sorgt auch für wirtschaftliche Verwerfungen – die europäischen Versicherer betrifft das auf unterschiedlichen Ebenen. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber
  • Von Redaktion
  • 17.03.2022 um 12:59
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Der Krieg in der Ukraine ist eine tragische und humanitäre Katastrophe. Die dadurch hervorgerufenen Verwerfungen an den internationalen Kapitalmärkten erfordern eine eingehende Analyse der Ausfall- und Zinsrisiken für die europäische Versicherungswirtschaft. In seinem Gastbeitrag analysiert Rötger Franz, Partner von Plenum Investments, wie stark die Branche vom Krieg betroffen ist und wie Anleger reagieren können.

Uniqa hat Investitionen in Höhe von 200 Millionen Euro in Russland und der Ukraine offengelegt. Darüber hinaus hält der Emittent rund 150 Millionen Euro an Schuldtiteln der Raiffeisenbank, die in der Region stark engagiert und Minderheitsaktionär der Uniqa ist. Demgegenüber stehen rund 4,4 Milliarden Euro an Solvency-II-Eigenmitteln im Geschäftsjahr 2020. Uniqa hat sowohl in Russland als auch in der Ukraine lokale Versicherungstöchter. Beide tragen jedoch nur etwa 3 Prozent der Prämieneinnahmen und 5 Prozent des Nettoergebnisses zum Geschäft bei. Diese Einheiten werden in den Büchern der Uniqa derzeit mit jeweils rund 40 Millionen Euro bewertet, und der Emittent hat keinen Goodwill angesetzt.

Axa wies ein direktes Engagement in russischen Vermögenswerten in Höhe von 50 Millionen Euro sowie ein Engagement in Nord Stream 1 in Höhe von 144 Millionen Euro aus, das noch nicht von Sanktionen betroffen ist. Im Vergleich dazu beliefen sich die zugrunde liegenden Erträge in 2021 auf 6,8 Milliarden Euro, die Solvency-II-Eigenmittel auf 62,0 Milliarden Euro und die Solvency-II-Quote auf 217 Prozent. In der Versicherung politischer Risiken hat der Emittent ein maximales Nettoengagement von 90 Millionen Euro in Russland und 65 Millionen Euro in der Ukraine.

Generali hält eine 39-prozentige Beteiligung an dem russischen Versicherer Ingosstrakh. Der Emittent gab keine genauen Zahlen bekannt, geht aber davon aus, dass mögliche Wertberichtigungen nicht wesentlich sind.

Royal London teilte mit, dass es rund 90 Millionen britische Pfund an von russischen und ukrainischen Unternehmen begebenen Wertpapieren hält, wovon 74 Prozent auf das fondsgebundene Geschäft entfallen.

Die Vienna Insurance Group (VIG) teilte in ihren Ergebnissen für das Geschäftsjahr 2021 mit, dass sich die gesamten Prämieneinnahmen aus der Ukraine auf rund 100 Millionen Euro pro Jahr belaufen und in den letzten vier Jahren einen durchschnittlichen Gewinnbeitrag von rund 10 Millionen Euro leisteten. Im Vergleich dazu beliefen sich die gesamten Prämieneinnahmen der Gruppe im Geschäftsjahr 2021 auf 11,0 Milliarden Euro und der Gewinn vor Steuern auf 511,3 Millionen Euro. Der Nettoinventarwert liegt bei rund 55 Millionen Euro, und es gibt keinen Firmenwert. Die VIG ist mit 210 Millionen Euro in Russland (davon 44 Millionen Euro in Staatsanleihen und 113 Millionen Euro in Unternehmensanleihen) und 60 Millionen Euro in der Ukraine (davon 41 Millionen Euro in Staatsanleihen und keine Unternehmensanleihen) engagiert.

Aegon gab an, dass es nur einen unwesentlichen Betrag von 27 Millionen Euro an allgemeinen Anlagen in Russland und keine in Belarus hält. Die verantwortungsvolle Anlagepolitik des Emittenten schloss bereits jegliche Investitionen in russische oder weißrussische Staatsanleihen aus.

Ausblick

Die Kreditmärkte und nachrangige Versicherungspapiere verzeichneten seit Kriegsbeginn zum Teil wesentliche Kursverluste. Insbesondere sogenannte Restricted-Tier-1-Anleihen schnitten schlechter ab, da sie dem Aktienmarkt folgten, während die Anleger in die üblichen sicheren Häfen flüchteten. Dies hat zur Folge, dass der Markt den Versicherungssektor heute noch stärker unterbewertet als vor Kriegsbeginn.

Wir gehen davon aus, dass die Zinsen im Einklang mit den zunehmenden Inflationsängsten weiter steigen werden. Insbesondere längerfristige Anleihen könnten unter Druck bleiben, weshalb wir das kürzere Ende der nachrangigen Versicherungspapiere für am attraktivsten halten.

Über den Autor

Rötger Franz ist Partner des Schweizers Vermögensverwalters Plenum Investments AG, wo er seit April 2020 tätig ist und dort für Insurance Bonds verantwortlich ist. Franz verfügt nach eigenen Angaben über mehr als 20 Jahre Erfahrung im internationalen Versicherungsmarkt. Er verfügt über einen Abschluss der Universität zu Köln (Dipl.-Kfm.) mit Schwerpunkt Versicherungswissenschaft. 

 

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