Daniel Wilm, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Müller © Wilm / Hengeler Müller
  • Von Oliver Lepold
  • 04.09.2018 um 10:17
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lesedauer Lesedauer: ca. 02:30 Min

Wie wirkt sich ein möglicher harter Brexit auf britische Versicherer und ihre deutschen Lebensversicherungskunden aus? Was müssen Makler und Kunden wissen? Daniel Wilm, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Müller, klärt im Gespräch mit Pfefferminzia die wichtigsten Fragen.

Pfefferminzia: Was würde es für Versicherungsverträge deutscher Kunden bei britischen Versicherern bedeuten, falls Großbritannien ohne bilaterale Regelungen die EU verlässt?

Daniel Wilm: Nach einem harten Brexit können britische Versicherer ihr Geschäft in der EU voraussichtlich nicht mehr in gleicher Weise wie bisher betreiben. Die Versicherungsverträge selbst bleiben zwar unverändert bestehen. Sofern es keine Übergangsregelungen gibt, werden sich aber die rechtlichen Rahmenbedingungen verändern. Die Versicherer müssen ihre Organisationsform daran anpassen. Sonst werden sie voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein, die Betreuung der Versicherungsverträge in Deutschland und den anderen EU-Ländern in der gleichen Weise wie bisher fortzuführen. Dies ist sowohl für die Kunden als auch für die Versicherer ein unbefriedigender Zustand. Daher sind die Versicherungsunternehmen faktisch gezwungen, ihre Organisationsform so zu ändern, dass sie weiterhin in Deutschland tätig bleiben können.

Wie können sie das machen?

Noch können britische Versicherer in Deutschland oder anderen EU-Staaten mit einer EU-weiten geltenden Zulassung – dem sogenannten EU-Pass – tätig sein. Mit dem Brexit fällt diese Möglichkeit weg. Danach ist eine EU-Lizenz notwendig. Daher gründen viele britische Versicherer eine Gesellschaft in der EU, die die Lizenz zum Betrieb des Versicherungsgeschäfts in der EU erhält. Auf diese Gesellschaft muss dann das EU-Versicherungsgeschäft des britischen Versicherers übertragen werden. Wegen der Sprache, aber auch der bereits in der Vergangenheit engen Kooperation der Aufsichtsbehörden und bestehenden Strukturen in den Unternehmensgruppen besteht eine gewisse Tendenz, das Geschäft auf eine irische Gesellschaft der Versicherungsgruppe zu übertragen.

Wie funktioniert eine solche Bestandsübertragung? Ist eine Sitzverlegung dafür notwendig?

Eine Verlegung des Sitzes findet dabei nicht statt. Die Versicherer bleiben in Großbritannien, da sie häufig noch Geschäft dort sowie außerhalb der EU haben, das sie ja auch weiter betreiben müssen. Lediglich das EU-Geschäft wird auf eine Gesellschaft innerhalb der EU übertragen. Die Bestandsübertragung nennt sich in Großbritannien „Part VII Transfer“. Das ist die zusammengefasste Übertragung einer Vielzahl von Versicherungsverträgen von einem Versicherer auf einen anderen. Die Besonderheit dabei ist, dass nicht jeder Versicherungsnehmer individuell der Übertragung zustimmen muss. Die Bestandsübertragung wird vielmehr durch die zuständigen Aufsichtsbehörden und das zuständige Gericht geprüft und überwacht. Nur diese müssen der Übertragung zustimmen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, kurz Bafin, entscheidet hier also im Sinne aller deutscher Versicherter?

Richtig, die Bafin prüft im Rahmen des Genehmigungsverfahrens, ob die Belange der Versicherten gewahrt sind. Die Bafin hat im Jahr 2017 mehr als 25 Bestandsübertragungen genehmigt, im ersten Halbjahr 2018 waren es bereits knapp 15.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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