Rolf Tilmes ist Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland. © FPSB Deutschland
  • Von Karen Schmidt
  • 07.10.2019 um 10:28
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Wie teuer es ist, zum Pflegefall zu werden, können die meisten Deutschen nicht richtig einschätzen. Sie gehen davon aus, dass der Staat den Großteil der Kosten übernimmt – was aber ein Irrglaube ist. Das Financial Planning Standards Board Deutschland hat mal errechnet, wie hoch diese Kosten bei einer durchschnittliche Pflegezeit von sieben Jahren sind.

Wenn Pflegebedürftige ins Pflegeheim müssen, kostet sie das im Bundesdurchschnitt 1.830 Euro im Monat. „Die Erfahrungen aus unserem Beratungsalltag zeigen aber, dass nur die wenigsten Verbraucher wissen, was an Pflegekosten auf sie zukommen kann“, sagt Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des Financial Planning Standards Board Deutschland (FPSB Deutschland).

Eine kürzlich durchgeführt Umfrage der Postbank beispielsweise habe ergeben, dass 43 Prozent der Bevölkerung glaubten, die gesetzliche Pflegeversicherung übernehme die Kosten für einen vollstationären Pflegeplatz in voller Höhe. Was nicht stimmt. Die Praxis zeige vielmehr, dass die Betroffenen oder ihre Angehörigen häufig einen Großteil der anfallenden Kosten selbst bestreiten müssten.

Wie hoch die Kosten sein können, die auf die Betroffenen und ihre Familien zukommen, hat des FPSB Deutschland einmal ausgerechnet: Bei einem Eigenanteilssatz von monatlich 1.800 Euro für ein Pflegeheim in der Pflegestufe II (die gesetzliche Pflegeversicherung ist hier bereits berücksichtigt) handelt es sich um die reinen Unterbringungskosten. Aufwendungen für Mobilität, Medikamentenzuzahlungen und soziales Leben seien noch zu addieren, so dass von einem Durchschnittswert von mindestens 2.500 Euro monatlich ausgegangen werden sollte.

Eigenanteil dürfte in Zukunft weiter steigen

„Das bedeutet, dass eine durchschnittliche Pflegezeit von sieben Jahren – Tendenz steigend – schnell zu Aufwendungen in Höhe von 210.000 Euro führt“, heißt es weiter. Um über diese Summe zu verfügen, müssten – bei einer Rendite nach Kosten, Steuern und Inflation von 3 Prozent – „erhebliche Sparleistungen“ erbracht werden, so das FPSB Deutschland. „Ein 40-Jähriger zum Beispiel muss pro Monat 360 Euro ansparen beziehungsweise einmalig 86.500 Euro aufbringen. Bei einer 50-jährigen Person wären es bereits 640 Euro monatlich beziehungsweise einmalig 116.300 Euro.“ Die Rechnung berücksichtige dabei nicht, dass die Teuerungsrate im Bereich Pflege und Gesundheit bedeutend höher ausfalle als die ausgewiesene Gesamtinflation. Aus diesem Grund seien die genannten 210.000 Euro sogar nur ein Minimalwert.

Berechnungen der Bertelsmann Stiftung zufolge wird die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit rund 3 Millionen Menschen bis zum Jahr 2045 auf 5 Millionen Menschen wachsen. „Weil angesichts der steigenden Zahlen ein weiterer Anstieg des Beitrags zur gesetzlichen Pflegeversicherung wahrscheinlich ist, dürfte auch der Eigenanteil im Pflegefall tendenziell eher ansteigen“, klärt das FPSB Deutschland weiter auf. Um ein böses Erwachen zu vermeiden, sollte sich daher jeder frühzeitig mit dem Thema Pflege auseinandersetzen und sich dabei von Experten beraten lassen.

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Karen Schmidt

Karen Schmidt ist seit Gründung von Pfefferminzia im Jahr 2013 Chefredakteurin des Mediums.

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