Jens Reichow ist Partner der auf Vermittlerrecht spezialisierten Kanzlei Jöhnke & Reichow. © Kanzlei Jöhnke & Reichow
  • Von Jens Reichow
  • 15.04.2019 um 17:15
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Dem Kunden eines Versicherungsmaklers wird der Radlader entwendet – das kommt vor, dafür ist der Mann ja versichert. Dem war aber nicht so. Nun hat auch der Makler ein Problem: Weil sein Kunde davon ausging, dass ein reiner Haftpflichtschutz genügt, verletzte der Vermittler seine Beratungspflicht. Das besagt ein Urteil des OLG Schleswig, auf das der Fachwanwalt Jens Reichow in seinem Gastbeitrag hinweist.

Im zugrunde liegenden Fall wies der Versicherungsmakler den Versicherungsnehmer nicht auf ein Diebstahlrisiko hinsichtlich eines – später tatsächlich entwendeten – Radladers und eine entsprechende Versicherung hin. Der Kunde ging davon aus, dass es (lediglich) eines Haftpflichtversicherungsschutzes bedarf. Damit verletzte der Versicherungsmakler eine Beratungspflicht im Sinne des 61 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), so das Oberlandesgerichtes (OLG) Schleswig in seinem Urteil vom 15. November 2018 (Aktenzeichen: 16 U 26/18).

Der Versicherungsmakler hatte die streitgegenständliche Beratung nicht dokumentiert, so dass er den ihm obliegenden Beweis, doch hinreichend beraten zu haben, nicht erbringen konnte. Nach Ansicht des OLG Schleswig ist hier deshalb zugunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der Hinweis vom Versicherungsmakler nicht erteilt wurde.

Pflicht des Versicherungsmaklers zur eigeninitiativen Bedarfsermittlung

Dem Versicherungsnehmer war vorliegend der Unterschied zwischen Haftpflicht- und Kaskoschutz hinsichtlich seines betrieblich genutzten Radladers nicht bewusst. Der Versicherungsmakler hätte den Versicherungsnehmer daher auf die Möglichkeit eines Diebstahlschutzes hinweisen und den Bedarf einer Diebstahlsversicherung ermitteln müssen, so die Richter.

Einem Versicherungsmakler treffen – ungeachtet von Kenntnissen des Versicherten über die Unterschiede von Haftpflicht- und Kaskoschutz bei Kraftfahrzeugen – die Pflicht zur eigeninitiativen Bedarfsermittlung. Nur der ausdrückliche Wunsch des Versicherungsnehmers nach eingeschränkter Beratung entbindet den Versicherungsmakler von dieser Verpflichtung.

Da der Versicherungsmakler die vorhandene Gewerbe-Inhaltsversicherung des Versicherten auf hinreichenden Schutzumfang prüfte, hätte er auch den allgemeinen Diebstahlschutz der gewerblich genutzten Fahrzeuge prüfen müssen.

Allein das typische und allgemeine Diebstahlsrisiko begründet eine Beratungs- beziehungsweise eine Nachfragepflicht, selbst wenn der Versicherungsnehmer lediglich einen Wunsch nach Haftpflichtversicherungsschutz äußert. Der Versicherungsnehmer schaltet einen Versicherungsmakler ja gerade deshalb ein, weil er sich auf eine eigene Risikobeurteilung nicht verlassen möchte.

Fazit

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zeigt also in seinem Beschluss auf, dass eine eigeninitiative Bedarfsermittlung Hauptpflicht eines Versicherungsmaklers ist. So muss er bei Prüfung auf ausreichende Deckung neben der Vermittlung einer Haftpflichtversicherung auch den Bedarf einer Diebstahlsversicherung unabhängig davon ermitteln, ob dem Versicherungsnehmer der Unterschied zwischen Haftpflicht- und Kaskoschutz bekannt ist.

Makler sind daher gut beraten, wenn sie lediglich auf der Grundlage eines spartenbezogenen Maklervertrages ihre Tätigkeit erbringen. Hierdurch erfolgt bereits eine Eingrenzung des Tätigkeitsumfanges.

Über den Autoren

Jens Reichow ist Rechtsanwalt und Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Die Kanzlei wird zu diesem Themenbereich 2019 auf mehreren Vermittler-Seminaren informieren: Düsseldorf (7. Mai), Kassel (8. Mai), Leipzig (9. Mai), Nürnberg (21. Mai), Stuttgart (22. Mai) und Frankfurt (23. Mai).

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Jens Reichow

Jens Reichow ist Partner und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht bei der auf Versicherungs- und Vertriebsrecht spezialisierten Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut die Bereiche Bankrecht, Kapitalanlagerecht, Vertriebs- und Vermittlerrecht.

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