Telekom-Logo an einem Berliner Telekom-Shop. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt
  • Von Achim Nixdorf
  • 01.07.2021 um 18:41
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Der T-Aktien-Absturz Ende der 1990er Jahre verdirbt den Deutschen bis heute die Lust auf die Börse. Das haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) herausgefunden. Damit es nicht erneut zu einem solchen Crash kommt, fordern sie eine bessere Regulierung und Finanzaufsicht.

Sparer wagen zwar auch hierzulande immer öfter den Weg an die Börse, im internationalen Vergleich ist die deutsche Aktienquote aber nach wie vor sehr gering. Warum ist das so? Dieser Frage sind Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Universität Bonn jetzt nachgegangen. Ihre Erkenntnis: Auch 20 Jahre nach dem ersten Börsengang der Telekom investieren Kleinanleger, die den damaligen Kursabsturz der T-Aktie miterlebt haben, zu 60 Prozent seltener in Wertpapiere als jüngere Haushalte.

„Der Kurssturz der T-Aktie hat die Aktienmüdigkeit der Deutschen bis heute verstärkt. Dies ist fatal für den langfristigen Vermögensaufbau, vor allem bei der Altersvorsorge“, sagt Studienautorin Chi Hyun Kim von der Universität Bonn.

Zur Erinnerung: Mit drei Börsengängen Ende der 1990er Jahre wollte das ehemalige Staatsunternehmen Deutsche Telekom – flankiert von einer massiven Werbekampagne – eine zuverlässige Aktie für die breite Bevölkerung etablieren. Doch das Platzen der New-Economy-Blase und unternehmerisches Missmanagement schickten die T-Aktie im Jahr 2000 auf Talfahrt. Die Folge: Als der Kurs von umgerechnet 100 auf 10 Euro abstürzte, mussten viele Kleinanleger herbe Verluste hinnehmen, was nicht nur ihr Vertrauen in den Staat, sondern auch das allgemeine Vertrauen in Aktienanlagen erschütterte.

Bis heute hätten viele Menschen diesen Schock nicht verdaut, stellt das DIW fest und beruft sich dabei auf Daten des sozio-oekonomischen Panels (SOEP). Nicht nur die Aktienquote sei danach gesunken und liege bis heute bei lediglich 25 Prozent. Auch hielten Haushalte, deren Vorstände damals mindestens 20 Jahre alt waren, jetzt signifikant seltener Aktien als jüngere Haushalte. Der Börsencrash habe also langfristig Spuren hinterlassen.

„Hoffnung auf schnellen Reichtum“

Nach Einschätzung von DIW-Studienautor Alexander Kriwoluzky deuten zwar neuere Zahlen auf eine allmähliche Trendwende hin. Steigende Aktienkurse und der leichtere Zugang zum Börsenhandel durch Smartphones und Apps verleiteten vor allem jüngere Menschen zum Aktieninvestment. Doch löse dies nicht das grundsätzliche Problem.

„Viele gehen kurzfristig riskante Anlagen ein wie Masseninvestments bei Gamestop. Scheitern diese Investments, die häufig aus dem Bauch heraus mit der Hoffnung auf schnellen Reichtum getroffen wurden, ist die Gefahr groß, dass diese Personen nicht mehr auf Aktien für den langfristigen Vermögensaufbau setzen“, ist Kriwoluzky überzeugt.

Die Gefahr von neuerlichen Crashs, wie jüngst bei Wirecard, kann nach Ansicht des Experten nur durch eine bessere Regulierung und eine strengere Finanzmarktaufsicht reduziert werden. „Außerdem brauchen wir eine breitere finanzielle Bildung schon in der Schule sowie transparente und allgemeinverständliche Informationen für Kleinanleger.”

Weitere Ergebnisse der DIW-Studie finden Sie hier.

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Achim Nixdorf

Achim Nixdorf ist seit April 2019 Content- und Projekt-Manager bei Pfefferminzia. Davor arbeitete er als Tageszeitungs- und Zeitschriftenredakteur mit dem Fokus auf Verbraucher- und Ratgeberthemen.

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