Weltcup der Turner in Stuttgart: Am 16. März stehen die Teilnehmer des Mehrkampfs der Männer in der Porsche-Arena zum Wettstreit bereit. Weniger Kampf und mehr kollegiales Miteinander wünscht sich Versicherungsmakler Eckhard Borchardt von der eigenen Branche. © picture alliance/Marijan Murat/dpa
  • Von Eckhard Borchardt
  • 26.03.2019 um 16:42
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Neben „sehr, sehr guten Vermittlern“, die zu den Themen Berufsunfähigkeitsversicherung, PKV und Altersvorsorge beraten, gebe es leider auch „eine Menge Unsinn im Netz zu lesen und fachlich – sowie manchmal leider auch menschlich – unterirdisch schlechte Berater“, meint Versicherungsmakler Eckhard Borchardt. In Pfefferminzia stellt er zwei Fälle vor, die ihn diese Woche um Fassung ringen ließen. „Die Branche braucht mehr Fachkenntnis und mehr Ehrlichkeit“, so der Appell des Maklers.

Fall 1:

Desinformation über die Berufsunfähigkeitsversicherung – bei Google ganz weit oben platziert 

Mehr oder weniger zufällig stoßen wir auf einen Artikel über die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) im Netz. Dieser ist bei Eingabe verschiedener Suchbegriffe weit oben in den Suchergebnissen von Google gelistet. Beim Lesen des Artikels staunten wir nicht schlecht. In dem Artikel wimmelt es geradezu vor fachlichen Patzern. In fast jedem Satz ein Fehler.

Man sagt, Google sei in den vergangenen Jahren immer schlauer geworden, was die Anzeige von Suchergebnissen angeht, die für den Suchenden den größten Nutzen stiften. Doch in einigen Fällen scheint der Algorithmus von Google zu versagen. Das ist deshalb bedauerlich, weil dem Nutzer in diesem Fall wirklich „Unsinn hoch 3“ geboten wird.

Schauen wir mal hinein in den Artikel „Wann ist man berufsunfähig?“ auf der Webseite, die auf den ersten Blick wie ein Verbraucherinformationsportal aussieht, sich auf den zweiten Blick allerdings als Webseite eines Versicherungsmaklers entpuppt.

Fehler Nr. 1

„Das Versicherungsvertragsgesetz regelt, ab wann man berufsunfähig ist. Die Versicherung zahlt den Versicherten immer dann eine Rente, wenn eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent von einem Arzt oder Gutachter diagnostiziert worden ist.“  

Das regelt das Versicherungsvertragsgesetz allerdings gerade nicht. In Paragraf 172 VVG wird ausdrücklich offen gelassen, ab welchem Grad der BU eine Berufsunfähigkeit vorliegt. Das VVG gibt lediglich vor: „ganz oder teilweise“. Der Begriff „teilweise“ wird erst in den Bedingungen der Versicherer konkretisiert. 

Fehler Nr. 2

„Eine andere Definition könnte auch lauten, dass Zahlungen immer dann erfolgen, wenn der Beruf auf Grund von Krankheit oder Unfall nicht mehr wie gewohnt ausgeübt werden kann.“

Völlig unklar ist, warum das eine „andere Definition von berufsunfähig“ sein könnte. Diese Definition, nach der der Beruf „nicht mehr wie gewohnt ausgeübt werden kann“, findet sich so weder im VVG, noch in irgendeinem derzeit auf dem Markt verfügbaren Bedingungswerk zur Berufsunfähigkeitsversicherung. Wie gelangen die Autoren also zu der Annahme, dies könnte eine Definition von Berufsunfähigkeit sein? Es scheint wohl eher der eigenen Phantasie oder der Unwissenheit der Autoren entsprungen zu sein.

Fehler Nr. 3

„Im Gegensatz zur gesetzlichen Erwerbsminderungsrente zahlt eine Berufsunfähigkeitsversicherung auch bei psychischen Erkrankungen.“

Völliger Unsinn! Natürlich kann eine Erwerbsminderungsrente (EM) auch gezahlt werden, wenn eine psychische Erkrankung vorliegt, sofern die Voraussetzungen einer Erwerbsminderung gegeben sind. Nirgendwo steht, dass die gesetzliche Rentenversicherung psychische Erkrankungen als Ursache einer EM ausschließt.

Fehler Nr. 4

„Bereits vor dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung sollten Versicherte mit dem Anbieter bestimmte Klauseln vertraglich ausschließen. Das gilt vor allem für die abstrakte und die konkrete Verweisung.“

Mit dem Versicherer bestimmte Klauseln ausschließen? Wie soll das denn gehen. Glauben die Autoren, dass man Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen mit dem Versicherer verhandeln kann? Gemeint ist wohl: Man soll darauf achten, dass diese Klauseln nicht enthalten sind. Aber auch die konkrete Verweisung? Das ist wieder großer Unsinn, denn 99 Prozent aller Bedingungswerke enthalten die konkrete Verweisung. Nur ein uns bekannter Versicherer verzichtet zwar in der Erstprüfung, nicht aber in Nachprüfung, auf die konkrete Verweisung. Ein Vorteil in diesem Verzicht ist nicht ersichtlich. Dann soll also nur dieser eine Versicherer „gut“ sein? 

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Eckhard Borchardt

Eckhard Borchardt ist Versicherungsmakler mit den Schwerpunkten BU, private Krankenversicherung (PKV) und Altersvorsorge in Hamburg. Er schreibt außerdem regelmäßig in seinem Blog zu den Themen BU, PKV und Altersvorsorge.

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