Finanzwirt und Ruhestandsplaner Mario Strehl © privat
  • Von Mario Strehl
  • 23.05.2023 um 11:22
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Der Finanzwirt und Ruhestandsplaner Mario Strehl hat beobachtet, dass sich Elternteile gegenseitig oft nicht sonderlich sorgfältig absichern. Da wird dann nur mit Daumengrößen gearbeitet, und manche Dinge werden schlicht vergessen. In seinem Gastbeitrag schildert er, wie eine detaillierte Rechnung und Beratung aussehen könnte, und wo die wichtigsten Fallstricke lauern.

Es ist das (meist unausgesprochene und damit in der Beratung oft vernachlässigte) Horrorszenario einer jungen Familie: Ein Elternteil wird aus dem Leben gerissen. Noch während der Trauer und der Verarbeitung des Verlustschmerzes reiht sich die Frage nach dem finanziellen Auskommen ein.

Die Familie nicht angemessen abzusichern, ist fahrlässig. Als Beraterin oder Berater in Finanz- und Versicherungsfragen keinen Nachdruck auf dieses existenzielle Thema zu legen, eher grob fahrlässig und deshalb heute dieser Artikel zum Thema.

Wie sehen Beratung und Versorgung in der breiten Masse oft aus?
  • Mindestens einer der beiden Elternteile (meist die Person mit dem höheren Einkommen) ist pauschal mit zum Beispiel 100.000 bis 150.000 Euro abgesichert. Gelegentlich auch auf Gegenseitigkeit, mit fallenden Summen oder im sinnvollen Über-Kreuz-Verfahren.
  • Eine Risikolebensversicherung in Höhe einer Wohnungs- oder Hausfinanzierung wurde gewählt.

Doch – Achtung! – beide Varianten können erhebliche Fehler beinhalten.

In Variante 1 werden im Todesfall eines Elternteils zum Beispiel 100.000 Euro oder gar mehr ausgezahlt. Viel Geld aus Sicht einer jungen Familie. Das sollte reichen, oder?

Nur: was passiert konkret finanziell im Sterbefall und wie geht es mit und nach der Auszahlung dieser Summe weiter? Was bedeutet dies für das tägliche Leben der überlebenden Familie? Diese Fragen können die meisten Verbraucher nicht beantworten, doch stelle ich im Rahmen des „VorsorgeFührerscheins“ zur eigenen Software VorsorgeInventur immer wieder fest, dass Berater und Vermittler selbst dabei auch nicht immer sattelfest sind.

Variante 1 kann also richtig in der Höhe sein. Ob sie es ist, stellt sich bei vielen Witwen oder Witwern leider erst nach einer gewissen Zeit heraus – und dann ist es zu spät. Man kann das aber schon vorher wissen und berechnen. Machen wir auch noch mit einem Beispiel.

Variante 2 klingt für die meisten sehr plausibel. Ist es aber gleich doppelt nicht. Warum?

Was passiert mit dem Baukredit

Nehmen wir an, die Familie hat eine Wohnung mit zum Beispiel 250.000 Euro finanziert und die Finanzierung läuft bislang ein paar wenige Jahre. Die Restschuld liegt noch recht nah am Ausgangsbetrag. Und nun stirbt ein Elternteil. Die Versicherungssumme in Höhe von 250.000 Euro wird ausgezahlt. So weit so gut.

Was passiert anschließend? Soll mit dieser Summe die Wohnung abgezahlt werden? Macht meistens keinen Sinn, denn es wurde vor ein paar Jahren (möglicherweise mit einem recht niedrigen Zins) finanziert. Will der Witwer, die Witwe, diesen Kredit nun ablösen, dann wird was fällig? Richtig: Vorfälligkeitsentschädigung. Oops! Die war in der notwendigen Versicherungssumme gar nicht hinzugerechnet? Fairerweise muss man sagen: Ging auch schlecht, da man nicht vorhersehen kann, wann eventuell der Kredit abgelöst werden soll und wie hoch zum unbekannten Zeitpunkt dann die Vorfälligkeitsentschädigung wäre. Selbst, wenn direkt mit gleichem Betrag getilgt (und eine mögliche Vorfälligkeitsentschädigung ebenfalls gezahlt) würde, dann lebt die hinterbliebene Familie ab dann ohne Miet- oder Kreditkosten. Sehr gut, aber: Nebenkosten und das ganz normale Alltagsleben finden weiterhin statt. Reichen die gewählte Absicherung und das Einkommen darüber hinaus auch noch?

Seite 2: Status Quo feststellen und Einkünfte berechnen

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Mario

Mario Strehl

Mario Strehl begann 1995 als Quereinsteiger in den Finanzvertrieb. Parallel dazu ließ er sich zum Finanzwirt ausbilden. Heute ist er außerdem Ruhestandsplaner und stellt Software für Berater und Vermittler her und unterrichtet diese auch darin.

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