Thomas Olaynig, Chief Market Officer von Marsh Deutschland: „Die Ergebnisse der Sachversicherer sind schlecht, und sie werden reagieren müssen.“ © Marsh
  • Von Lorenz Klein
  • 19.02.2018 um 17:17
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Die industrielle Sachversicherung hatte 2017 mit Naturkatastrophen und Großschäden zu kämpfen. In welchen Sparten die gebeutelte Branche hierzulande wieder auf bessere Zeiten hoffen kann, zeigt der Versicherungsmarktreport 2018 des Maklerunternehmens Marsh. Hier geht es zum Überblick.

Die zunehmend unübersichtliche Risikolandschaft bringe für Versicherer wie auch für Kunden vielfältige Herausforderungen. Das teilt das Maklerunternehmen Marsh auf Basis seines jährlichen Branchenausblicks Versicherungsmarktreport 2018 mit.

„Die Ergebnisse der Sachversicherer sind schlecht, und sie werden reagieren müssen“, sagt Thomas Olaynig, Chief Market Officer von Marsh Deutschland. „Unsere Analysen zeigen, dass dies sehr kundenspezifisch und individuell geschehen wird“, so Olaying.

Wie es um die jeweiligen Sparten in der industriellen Sachversicherung bestellt ist und wo die Zeichen laut Marsh-Prognose auf Wachstum, Stagnation oder Abschwung stehen, erfahren Sie im Folgenden:

Haftpflichtversicherung

Prämienentwicklung: Leicht sinkend 0 bis minus 10 Prozent

In der Haftpflichtversicherung stehen weiterhin ausreichend Kapazitäten zur Verfügung. Die Versicherungsnehmer profitieren vom unverändert weichen Haftpflichtversicherungsmarkt durch beitragsfreie Erhöhungen der Limits/Sublimits ihrer Deckungen oder kostengünstigen Einkauf zusätzlicher Kapazitäten. Nur eingeschränkt gilt dies auch für anspruchsvolle Risiken in den Bereichen Produkthaftpflicht und Kfz-Rückruf. Hier werden Kapazitäten in zunehmendem Maße erst nach einem intensiven Risikodialog und sogenannte Risk Assessments der Versicherer angeboten beziehungsweise erhöht.

Einige Versicherer ziehen sich hier jedoch bereits zurück. Neben Rückrufrisiken achten Versicherer vor allem auf Haftungsszenarien bei Elektromobilität, digitaler Vernetzung im Bereich Industrie 4.0, IT-Haftpflicht und Drohnen.

Sachversicherung

Prämienentwicklung: Stabil bis leicht steigend 0 bis 10 Prozent

Die in Deutschland tätigen Industriesachversicherer schreiben in der Mehrzahl tiefrote Zahlen. In der Breite hat jedoch der weiterhin intensive Wettbewerb Prämienerhöhungen für das Versicherungsjahr 2018 verhindert. Wohin die Reise in der industriellen Sachversicherung genau geht, werden die nächsten Monate zeigen.

Unfallversicherung

Prämienentwicklung: Stabil bis leicht steigend 0 bis 10 Prozent

Die Prämienerosion der letzten Jahre ist vorüber und das Preisniveau in der Unfallversicherung stabil. Bei schadenträchtigen Verträgen werden jedoch zum Teil erhebliche Prämienerhöhungen gefordert, die der Markt nicht mehr abfedern kann.

Die Gruppenunfallversicherung ist für Unternehmen nach wie vor ein wichtiges Instrument der Mitarbeiterbindung und -fürsorge. Unter anderem steigt auch die Nachfrage hinsichtlich international ausgerichteter Unfallversicherungsprogramme.

Die im Mai in Kraft tretende EU-Datenschutz-Grundverordnung wirkt sich stark auf das Unfallversicherungsgeschäft aus. So ist der Arbeitgeber in der betrieblichen Unfallversicherung künftig verpflichtet, die Mitarbeiter über das Bestehen einer Unfallversicherung und über das Merkblatt bezüglich der Datenverarbeitung zu informieren.

Kraftfahrtversicherung

Prämienentwicklung: Stabil

Die Sanierungsmaßnahmen relevanter Versicherer der letzten Jahre haben gegriffen und der Wettbewerb im Kfz-Flottengeschäft ist lebendiger geworden. Eine gute Nachricht für Kunden, denen damit eine größere Anzahl an Versicherern zur Deckung ihrer Risiken zur Verfügung steht.

Insgesamt betrachtet steht die Kraftfahrtversicherung vor einer großen Transformation: Mit der fortschreitenden Entwicklung des autonomen Fahrens ist zu erwarten, dass das Haftungsrisiko künftig nicht mehr beim Fahrzeughalter, sondern beim Fahrzeughersteller liegen wird.

Financial Lines

Prämienentwicklung: Stabil

Die Prämien im Bereich der Directors & Officers-(D&O-)Versicherung bewegen sich auf einem nach wie vor niedrigen Niveau. Weiterhin steigt die Anzahl der Anbieter, die D&O-Versicherungen zeichnen. Die Bestrebungen einzelner Marktteilnehmer, die Wordings einzuschränken oder Prämien anzuheben, gelingen in diesem Marktumfeld nur vereinzelt.

Die Marktsituation in der Vermögensschadenhaftpflicht ist weiterhin von einem starken Wettbewerb unter den Versicherern geprägt und damit kundenfreundlich. Mit innovativen Deckungskonzepten und aggressiver Prämiengestaltung setzen neue Anbieter die etablierten Versicherer im Markt unter Druck.

Cyber

Prämienentwicklung: Stabil

Weltweit ist eine starke Zunahme von Cyber-Angriffen zu beobachten, und 2018 hat gleich mit einem Paukenschlag begonnen: Spectre und Meltdown. Das vermeintlich sichere Speichern von Daten in einer Cloud hat sich damit vorerst als Illusion herausgestellt.

Dies wird vermutlich zu einer Wende im Umgang mit dem bisher vielfach genutzten Outsourcing kritischer Anwendungen in eine Cloud führen. Die Stärkung der eigenen IT in Kombination mit globalen, dezentralen Trust-Plattformen (zum Beispiel Blockchain) wird an Konjunktur gewinnen wird.

Für mittelständische Unternehmen befinden sich die Prämien für Cyberversicherungen auf stabilem Niveau. Für Finanzinstitute, Energieversorger und sonstige kritische Infrastrukturen gestaltet sich die Platzierung von Cyber-Risiken jedoch häufig schwierig und die angefragten Kapazitäten lassen sich nicht ohne Weiteres darstellen. Das Prämienniveau ist in diesem Bereich weiterhin hoch.

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Lorenz Klein

Lorenz Klein gehörte dem Pfefferminzia-Team seit 2016 an, seit 2019 war er stellvertretender Chefredakteur bei Pfefferminzia. Im Oktober 2023 hat Klein das Unternehmen verlassen, um sich neuen Aufgaben in der Versicherungsbranche zu widmen.

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