Landgericht Hamburg: Teilerfolg für Verbraucherschützer gegen Restschuldversicherungen © picture alliance/dpa | Markus Scholz
  • Von Sabine Groth
  • 21.08.2024 um 14:51
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Die Verbraucherzentrale NRW hat vor Gericht einen ersten Sieg erstritten. Die Ausschlussklausel „psychische Erkrankungen“ in Restschuldversicherungen der Sogecap gilt nun als unwirksam. Die Schlacht ist jedoch noch nicht geschlagen. Es geht in die Berufung. Kunden sollten dennoch schon handeln.

Die Verbraucherzentrale NRW hat ein Urteil zugunsten von Besitzern von Restschuldversicherungen erstritten. Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass die Klausel „Der Versicherungsschutz ist ausgeschlossen bei psychischen Erkrankungen“ unwirksam ist. Erschienen war er im Kleingedruckten von Verträgen des zur Société-Générale-Gruppe gehörenden Versicherers Sogecap.

Die Ausschlussklausel „psychische Erkrankungen“ sei im Gegensatz zum Ausschluss „behandlungsbedürftige psychische Erkrankungen“ zu weit gefasst und greife auch bei nicht behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen, heißt es von der Verbraucherzentrale. Nach der Ausschlussklausel reiche zudem eine sogenannte Mitursächlichkeit aus. Das heißt, bereits wenn die psychische Erkrankung nur eine Begleiterkrankung einer anderen Erkrankung ist, könne der Versicherer die Leistung verweigern. Dies benachteilige die Versicherungsnehmer unangemessen, entschied das Gericht.

Sogecap hat bereits Berufung eingelegt. „Damit muss die Versicherung den von uns geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruch zunächst nicht umsetzen, kommt also erst mal umhin, alle Versicherten zu informieren, dass der Risikoausschluss nicht wirksam ist und vergangene Leistungsverweigerungen keinen Bestand haben“, sagt Rita Reichard, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW.

Kunden mit Restschuldversicherung, bei denen die Verjährung droht, sollten ihrer Meinung jedoch schon handeln. Wer seine Ansprüche 2021 geltend gemacht hat und in dem Jahr abgelehnt wurde, muss vor Ende 2024 tätig werden. Bei späteren Fällen könne die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg abgewartet werden.

Verbraucherzentralen mögen die Restschuldversicherung nicht

Restschuldversicherungen sind den Verbraucherzentralen schon lange ein Dorn im Auge (die Gründe haben sie hier zusammengefasst). Sie werden häufig zusammen mit Verbraucherdarlehen vermittelt und sollen bei Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit des Versicherten für einen bestimmten Zeitraum die fälligen Kreditraten übernehmen. Diese Absicherung ist aus Sicht der Verbraucherschützer in der Regel zu teuer, schließt Leistungen in vielen Fällen aus, zahlt nur für einen begrenzten Zeitraum und hat zudem Wartezeitklauseln. „Statt in eine Absicherung führen Restschuldversicherungen viele Menschen in die Verschuldung bis hin zur Insolvenz“, kritisiert Reichard.

Um zu verhindern, dass Verbraucher eine solche Versicherung beim Kreditabschluss aufgedrängt bekommen, wurde mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz eine ab 2025 geltende Cooling-off-Phase eingeführt. Diese ermöglicht den Abschluss einer Restschuldversicherung frühestens eine Woche nach Darlehensabschluss. Ein völlig falscher Weg, meint die Versicherungsbranche. Der Versichererverband GDV hat zusammen mit 22 Unternehmen Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung eingereicht.

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Sabine Groth

Sabine Groth schreibt seit über 20 Jahren schwerpunktmäßig über Geldanlage sowie weitere Finanz- und Wirtschaftsthemen, seit 2009 als freie Journalistin. Zu ihren Auftraggebern zählen vor allem Fachmagazine und -portale.

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