Zwei Männer verhandeln: Oft kommt es auch bei Kaufverhandlungen von Maklerbeständen kurz vor knapp noch zum Abbruch des Kaufes, beobachtet Unternehmensberater Peter Schmidt. © Pressfoto/Freepik.com
  • Von Peter Schmidt
  • 05.12.2022 um 08:46
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Viele jüngere Makler wollen die Chance nutzen, ihre Firma über den Kauf von Maklerbeständen und Maklerfirmen zu erweitern. Aber der Einstieg in Verhandlungen mit Verkäufern beginnt oft hemdsärmelig. Kurz vor Unterschrift des Kaufvertrages dann nicht selten die Kehrtwende. Nachfolge-Experte Peter Schmidt zeigt einige Ursachen dieser Unentschlossenheit auf – und wie man sie verhindern kann.

Ursachen von Unentschlossenheit kann man bekämpfen

Als Unternehmensberater stehe ich Maklern beim Kauf von Maklerfirmen und Maklerbeständen beratend zu Seite und empfehle vor dem Kauf sich damit zu befassen, ob man selbst als Unternehmer schon so weit ist, größere Verantwortung zu tragen. Deshalb ist dem Thema Eignung für den Kauf eines anderen Unternehmens oder Bestandes ein ganzes Kapital in der Fachbroschüre „Nachfolge – gewusst wie“ gewidmet.

Wenn das geklärt ist, sollte man sich mit dem Thema „NACH DEM KAUF“ befassen, bevor man auf Bestandssuche oder gar Kaufverhandlungen geht. Stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Kann ich überhaupt allein oder mit meinen Mitarbeitern hunderte neue Kunden und Verträge betreuen?
  • Ist mein Maklerverwaltungsprogramm für die sich verdoppelnde oder verdreifachenden Datenmenge geeignet?
  • Wie kann und will ich diese Kunden betreuen?
  • Wer kümmert sich um die oft aufwändige Bestandsübertragung gegenüber Produktgebern, Maklerpools und Vereinen und natürlich den Kunden?

Und ich schreibe es deutlich: Die Antworten auf diese und weitere Fragen sind nicht auf der emotionalen Ebene zu treffen. Aus dem Bauch heraus zu sagen, ich schaffe das, hat schon vielfach zur Reue nach dem Kauf geführt. Gehen Sie diese Fragen und Ihre Antworten so rational wie möglich an. Je durchdachter die Antworten, desto größer wird die fundierte Entschlossenheit. Die wichtigsten Themen sind zu bedenken und die bedeutsamsten Aspekte durchzuspielen – dann besteht eine gute Grundlage, das meiste richtig zu machen.

Als hilfreiches Informationsmedium zum Thema NACH DEM KAUF haben wir zwölf Podcast-Folgen zusammengestellt, die dem Käufer eine Orientierung geben und Unentschlossenheit in gut fundierte Entschlossenheit umwandeln helfen. Lassen Sie uns nun noch drei Praxisfälle anschauen.

Praxisfall 1

Seit langer Zeit bemühte sich Makler S. aus einem Mittelgebirge um einen Bestandskauf. Nun war es so weit. Eine Makler-GmbH unweit seines Heimatortes stand zum Verkauf. Die Begeisterung war groß. So kam es schnell zu einem Vorstellungsgespräch zwischen Verkäufer und Käufer. Das Gespräch lief gut, die Gespräche mit der Bank für ein Darlehen zum Kauf waren Erfolg versprechend. Es folgten bei S. dennoch schlaflose Nächte, die seine Unentschlossenheit stärkten und nach Wochen zum Anruf der Offenbarung führten: „Ich habe eigentlich gar keine Zeit für den neuen Bestand, ich schaffe schon so kaum meine Arbeit“.

Fazit: Mangelndes Selbstbewusstsein, die Herausforderung zu bewältigen. Bereits vorherrschende schlechte Arbeitsorganisation und uneffektive Arbeitsprozesse.

Praxisfall 2

Makler T. führt selbst eine größere Maklerfirma in Bayern, die kontinuierlich über Jahre aufgebaut wurde. Nun ergab sich die Chance, die Firma eines Kollegen aus dem gleichen Bundesland zu kaufen. Interesse am Kauf wurde im Vorfeld intensiv bekundet. Selbst der vertraute Vertriebsleiter eines Maklerpools wurde eingeschaltet, um in die Verkaufsverhandlungen einzutreten. Der Informationsaustausch begann.

Bereits bei der Terminfindung zu einem Gespräch zwischen Verkäufer und Käufer vor Ort zeigte sich, dass nur schwer ein gemeinsamer Gesprächstermin zu organisieren war. Immer wieder Ausflüchte und Terminverschiebungen ließen dann das Ende schon ahnen. Die Diskussionen über den Kaufpreis, immer neue (oft nichtssagende) Detailnachfragen und aufgeschobene Entscheidungen und Termine führten letztlich zum Scheitern der Verhandlungen.

Fazit: Die Unentschiedenheit basierte hier auf Selbstgefälligkeit und nicht ausgeprägtem Willen, die eigene Firma auf eine neues geschäftliches und professionelles Niveau zu führen. Im Alltag nennt man das Wohl „die Komfortzone nicht verlassen wollen“.

Praxisfall 3

Dieser Fall zeigt, wie ansatzweise schon Praxisfall 2, dass nicht immer nur mangelndes Selbstbewusstsein zur Ursache für Unentschiedenheit werden muss. Makler D. aus Mitteldeutschland führt eine angesehene Maklerfirma. Aussagen wie „Wir kaufen alles“ zeigen: An Selbstbewusstsein mangelt es hier nicht.

Auch starkes Selbstbewusstsein (oder sollte man sagen übersteigertes Selbstbewusstsein?) kann ebenso zum Scheitern von Verkaufsverhandlungen führen. Der Kauf eines stadtbekannten Mitbewerbers scheitert an der überzogenen Selbsteinschätzung zur Bonität seiner Firma, die trotz Millionen-Umsätzen aber eben auch durch Kosten und Darlehen belastet war.

Fazit: Die eigene Bonität mit dem Verkaufswunsch vor dem Kauf abklären und nicht vom gefühlt gehobenen Lebensstandard ableiten.

Fassen wir zusammen: Viele Unentschlossene wollen keine Fehler machen und die perfekte Entscheidung treffen. Die perfekte Entscheidung ohne Kompromisse und unternehmerische Risiken gibt es aber fast nie. Es gilt rational abzuwägen, welche Pros und Contras sachlich für den Käufer bedeutsam sind und welche Risiken man eingehen kann.

Als Unternehmer sollten Sie lernen, auch mit 90-Prozent-Entscheidungen zufrieden zu sein und die restlichen 10 Prozent mit geeigneten Maßnahmen risikominimierend abzusichern. Dann können Sie vor dem Kauf Ihre Unentschlossenheit überwinden.

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Peter Schmidt

Dr. Peter Schmidt ist seit 2013 Inhaber der Unternehmensberatung Consulting & Coaching in Berlin und als Experte für Strategie- und Prozessberatung für Versicherer, Maklerpools, Vertriebe und Makler tätig.

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