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  • Von Redaktion
  • 01.05.2013 um 21:58
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Borussia Dortmund hat es geschafft. Nach dem 4:1 zuhause hat der Ruhrpott-Klub es in Madrid noch mal super spannend gemacht und ist im Finale der Champions League.

Der Spielbericht von Peter Ehlers, Herausgeber Pfefferminzia

Das Rückspiel Dortmund gegen Malaga am 9. April war schon ein Spiel, wie es sich Drehbuchautoren ausdenken würden. In der Realität erlebt man so was fast nie. Und wenn, dann mit schlechtem Ende für die deutschen Mannschaften. Und so ein Drama wiederholt Dortmund in Madrid bei Real.

Wahnsinn.

Bis zur 82. Minute konnte das Team von Jürgen Klopp standhalten. Die spielerische Überlegenheit der Spanier war deutlich, aber Dortmunds Abwehr stand gut und wirkte konzentriert. Vor allem Mats Hummels gewann überlegen seine Zweikämpfe und baute das Spiel danach auf – sofern das Mittelfeld mitmachte.

Dennoch waren die ersten 20 Minuten dramatisch anzusehen. Das Mittelfeld war etwas zu weit hinten, dadurch hatte Real Raum zum Spielen und konnte gefährlich in den Strafraum passen und flanken. Die Spanier waren dabei aber nicht wirklich zwingend, es wirkte optisch nur drückend überlegen. Die Räume waren zu eng. Dennoch eine gefährliche Strategie, da ein frühes Tor den ohnehin enormen Druck auf Dortmund noch mal deutlich erhöht hätte.

Özil schießt vorbei

Richtig gefährlich wurde es immer, wenn das Mittelfeld Bälle leichtfertig verlor und nicht schnell genug auf Defensive umschaltete. Die schnellen Konter der Madrilenen hätten eigentlich zu frühen Toren führen müssen. In der vierten Minute scheiterte Gonzalo Higuaín frei vor Dortmunds Torwart Roman Weidenfeller. Dann vergaben auf der einen Seite Robert Lewandowski und auf der anderen Seite Christiano Ronaldo fast identische Chancen, bei denen sie den Ball aus kurzer Entfernung volley in Richtung Tor droschen (12. Minute).

Bender patzte im Mittelfeld und lies Mesut Özil laufen, der plötzlich völlig frei vor Weidenfeller auftauchte aber knapp rechts am Tor vorbeischoss (17. Minute). Eigentlich nicht seine Art. Glück für Dortmund.

Götze fällt aus

Kurz zuvor war Mario Götze mit einer Oberschenkelverletzung (Musekelfaserriss) vom Platz gegangen und durch Kevin Großkreutz ersetzt worden. Der rannte erst mal völlig planlos auf der grünen Wiese herum. Und spielte zwei einfache Pässe so ungenau in die Spitze, dass zwei potenzielle Super-Chancen einfach verpufften. Ok, er ist jung, aufgeregt und ihm fehlt derzeit die Spiel-Routine.

Insgesamt bekam Dortmund ab der 20. Minute das Spiel aber besser in den Griff. Madrid hatte seinen ersten Sturmlauf mit viel Kraftaufwand beendet. Fruchtlos. Dortmund nutze diesen körperlichen Rückzug der Spanier und begann zu spielen. Die Defensive rückte etwas weiter auf, um so die Räume früher eng zu machen.

100-Prozent-Chancen für Dortmund

Bis zwanzig Minuten vor Schluss verlief das Spiel so. Dazwischen lagen drei 100-prozentige Chancen der Dortmunder. Zweimal Lewandowski und einmal Gündogan. Lewandowski hämmerte den Ball aus etwa acht Metern schräg zum Tor stehend unter die Latte. Gündogan vergab dann aus fünf Metern frei vor dem Tor und schoss die Hand von Madrid-Keeper Diego López an, der sich mit letzter Verzweiflung und wohl selbst nicht mehr an eine Chance, den Ball zu halten glaubend vor das Tor warf.

Dann wechselte Morinho Benzema und Kaka ein. Das war die Wende im Spiel. Madrid stürmte fortan wesentlich überlegter und mit mehr Plan. Benzema bewegte sich immer in die unerwarteten Räume und wirbelte die Dortmunder Abwehr immer wieder durcheinander. Kaka fand zu alter Spielführer-Kunst zurück und verteilte die Bälle zunehmend besser. Parallel merkte man bei Dortmund die schwindenden Kräfte. Man liegt 4:1 vorn und wird müde. Madrid hingegen hatte nichts zu verlieren und spielte auch so. Psychologisch eine extrem gefährliche Situation. Wäre hier ein frühes Tor in der Schlussphase gefallen, wäre Dortmund wahrscheinlich nicht ins Finale gekommen. Madrids Druck und Dortmunds-Psyche gingen mehr und mehr zu Madrids Gunsten auseinander.

Hummels auf Top-Niveau

Dank Mats Hummels, der sowohl bei Dortmund, als auch in der Nationalelf immer wieder mal für katastrophale Fehler gut ist, der hier aber fehlerlos und auf absolutem Top-Niveau spielte, hielt die Abwehr stand. In der 82. Minute kam dann, was kommen musste: Das 1:0 für Madrid. Özil konnte rechts frei durchlaufen und quer passen. Benzema ballerte den Ball aus vier Metern ins Tor, Weidenfeller, der sonst alles hielt, hatte keine Chance.  Ein typisches Tor, das in derartigen Druckphasen gern mal fällt.

Das Tor motivierte Madrid dann richtig. Der Druck wurde unfassbar. Müde Dortmunder peppelten sich noch einmal auf und gaben alles. Sie gewannen dann wieder mehr wichtige Zweikämpfe am Strafraum. Dennoch kam Madrid immer stärker nach vorn. Dortmunder Konter wurden leichtfertig vertendelt – die Kraft zum konzentrierten Abschluss fehlte.

Zwei Tore in sechs Minuten

Der Run auf Dortmunder Tor führte dann auch zum 2:0 (88. Minute) durch den brutalsten Spieler auf dem Platz: Sergio Ramos, der Lewandowski immer wieder mit dem Ellenbogen ins Gesicht schlug. Aktionen, die nur der englische Schiedsrichter Howard Webb via sehr eigener Regel-Interpretationen durchgehen lässt, anderen Schiedsrichter hätten Ramos mehr als nur eine gelbe Karte gegeben.

Nach dem 2:0 verletzte sich Bender und musste vom Platz getragen werden. Eine mehrminütige Pause, die so entstand und Dortmund wohl rettete. Denn der extrem hohe Adrenalin-Spiegel der Madrilenen baute sich durch das minutenlange Stehen und Warten etwas ab.

Trotz fünfminütiger Nachspielzeit gelang den Spaniern nicht mehr das entscheidende 3:0. So zog Dortmund in einem unfassbar spannenden Halbfinale ins Finale der Champions-League ein.

Madrids Trainer Mourinho zeigte sich zwar ruhig, wollte aber für ein ungewolltes Handspiel von Hummels am 16-Meter-Raum der Dortmunder in der zweiten Halbzeit eine rote Karte sehen. Wenn er die erhalten hätte, wäre das Spiel laut Mourinho anders verlaufen. Ja. Vermutlich. Mourinho vergisst dabei aber, dass Ramos normalerweise drei rote Karten kassiert hätte, wenn der Schiedsrichter nicht Howard Webb geheißen hätte. Und mit dem Konjunktiv in der dritten Halbzeit gewinnt man eh keine Spiele. Dortmund ist jetzt im Finale gegen Bayern München.

Top-Spieler bei Dortmund: Weidenfeller, Hummels, Piszczek, Reus (in der zweiten Halbzeit)

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