Schäden durch Hochwasser setzen Wohngebäudeversicherungen zu: Hier im Juni 2024 in Passau © picture alliance / Wolfgang Maria Weber | R7172
  • Von Andreas Harms
  • 10.09.2024 um 13:41
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Das Analysehaus Assekurata hat sich mit der Lage in der Wohngebäudeversicherung auseinandergesetzt. Die Erkenntnisse sind aufschlussreich, aber nicht gerade erbaulich. Interessant sind aber vor allem die Rolle der Rückversicherung und die Frage, warum man überhaupt Wohngebäudeversicherungen anbieten sollte.

Die Anbieter von Wohngebäudeversicherungen haben es offenbar nicht leicht. Sie stehen schon lange unter Druck, weil die Zahl der Schäden und ihre Kosten seit Jahren steigen. Als Beispiele gelten Leitungswasserschäden und Schäden durch Naturgefahren.

Dieses Fazit zieht der Geschäftsführer des Analysehauses Assekurata, Reiner Will, in einem aktuellen Beitrag. Darin setzt er sich mit der Wohngebäudeversicherung in Deutschland auseinander. Wie viele Häuser bieten sie an? Und wie rentabel ist sie überhaupt? Aus dem Markt und von Rating-Kunden bekomme man immerhin schon Hinweise, dass man dort die Zukunft dieser Policen zunehmend kritisch sieht.

Doch allzu simpel sind die Zahlen nicht zu vergleichen. Denn Will weist zunächst auf einen Sondereffekt hin: die Feuerschutzsteuer. Die wird auf 14 Prozent der Prämieneinnahmen fällig und beträgt 19 Prozent. Das macht (per Dreisatz) 2,66 Prozent der Prämien aus. Da die Wohngebäudeversicherer die Steuer auf die Prämien schlagen, erhöht das diese. Die Ausgaben für Schäden verändert das aber nicht. Die Steuerausgaben in Richtung Finanzamt tauchen lediglich in den „sonstigen versicherungstechnischen Aufwendungen“ auf. Deshalb steht die Schaden-Kosten-Quote (Combined Ratio) allein durch diese Steuer etwas besser da, als sie eigentlich müsste.

Nur 16 Anbieter mit versicherungstechnischem Gewinn

Das sollte man beachten, wenn man sich anschaut, was die Assekurata-Analysten über die Wohngebäudeversicherung zusammengetragen haben. Es geht insbesondere um die Schaden-Kosten-Quote brutto – also vor Rückversicherung – und den Netto-Ertrag von 52 Schaden- und Unfallversicherern. Die Analyse deckt laut Assekurata 95 Prozent des Marktes für Wohngebäudeversicherungen ab.

22 Gesellschaften landen 2023 mit der Combined Ratio in der begehrten Zone unter 100 Prozent. Die Amplitude über alle hinweg beträgt 70,8 bis 144,1 Prozent. Einen versicherungstechnischen Gewinn für eigene Rechnung (also nach Rückversicherung) fahren 16 Gesellschaften ein.

Und beim Netto-Ergebnis beträgt die Spanne 23,1 bis minus 55,8 Prozent. Wobei jene fünf Gesellschaften mit den höchsten Netto-Ergebnissen aus zwei Versicherungsgruppen kommen: Huk und Württembergische Gemeinde. Was laut Assekurata mit an deren deutlich unterdurchschnittlichen Betriebskosten liegt.

Rückversicherung nicht unterschätzen

Eine andere Erkenntnis bezieht sich auf die Rückversicherung. Denn die Branche konnte in den vergangenen 23 Jahren nur ein einziges Mal einen Nettogewinn erzielen. Das war 2020 mit einem Netto-Ergebnis von 2,0 Prozent der Nettoprämie. Demnach ist die Wohngebäudeversicherung nach Rückversicherung ein „systematischer Verlustbringer“, wie Reiner Will schreibt. Kleiner Trost: In 8 der 23 Jahre lag die branchenweite Combined Ratio unter 100 Prozent.

Dazu passen weitere Zahlen, die Assekurata ausgewertet hat. Nämlich der Beitrag der Rückversicherung. Der lässt sich an einer Art separater Schaden-Kosten-Quote messen, indem man die gezahlten Rückversicherungsprämien mit deren Beteiligung an Schäden abgleicht. Rückversicherungs-Saldo nennt sich das Ergebnis, in Prozent der Prämien.

Branchenweite Durchschnitte gibt es erst seit 2012. Und seitdem liegen sie zwischen den Extremwerten minus 113,2 Prozent (2021 mit den Schäden im Ahrtal) und plus 29,9 Prozent (2020). Insgesamt stabilisieren sie aber die Ergebnisse in der Wohngebäudeversicherung, merkt Will an. Denn die Combined Ratio (ohne Rückversicherung) schwankt viel stärker als das Netto-Ergebnis (das durch die Rückversicherung geglättet wirkt).

Und warum das Ganze überhaupt?

Gleichwohl drängt sich laut Assekurata die Frage auf, warum Versicherer angesichts der schwierigen Ergebnisse überhaupt in Wohngebäude machen sollten. Nun, ein paar Gründe gibt es offenbar doch. Zunächst stehen laut Analyse nicht alle Versicherer gleich schwierig da, manche liefern solide Ergebnisse ab.

Ein weiterer Grund lautet: Cross-Selling. Zunächst kommen Wohngebäude-Kunden mit mittleren und höheren Einkommen daher und sind bereit, höhere Prämien zu zahlen und weitere Dienstleistungen zu nutzen. „Zusätzlich führt der Abschluss einer Wohngebäudeversicherung häufig auch zu einem Vertrag für eine Hausratversicherung, die vielfach rentabler verlaufen“, schreibt Will.

Trotzdem müssen Wohngebäudeversicherer aufpassen, heißt es weiter. Zwar steigen die Beiträge regelmäßig und stabil. Doch die zunehmenden Schäden und steigenden Kosten sorgen im Gegenzug für mehr Schwierigkeiten. Wills Fazit: „Versicherer müssen daher kontinuierlich ihre Prämien und Leistungen anpassen, um profitabel zu bleiben oder zu werden. Dies bringt einen erheblichen Wettbewerbsdruck mit sich.“

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Andreas Harms

Andreas Harms schreibt seit 2005 als Journalist über Themen aus der Finanzwelt. Seit Januar 2022 ist er Redakteur bei der Pfefferminzia Medien GmbH.

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