Christian Nuschele © Rüdiger Glahs
  • Von Oliver Lepold
  • 14.12.2017 um 14:50
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Die Generation 50plus gilt aus Sicht der Makler als besonders lukrative Zielgruppe für eine umfassende Beratung. Christian Nuschele, Vertriebschef der Standard Life, sieht hier manche Initiative der Branche kritisch.

Pfefferminzia: Gibt es neue Erkenntnisse zur Zielgruppe 50plus?

Christian Nuschele: Wir betrachten die Zielgruppe 50plus aus zwei Blickwinkeln. Auf der einen Seite fragen wir, was Menschen in dieser Lebensphase für tatsächliche Bedarfe haben. Auf der anderen Seite sehen wir, was Berater für Konzepte haben, um mit dieser Zielgruppe umzugehen. Der Durchschnitt der Vermittler ist statistisch 53 Jahre alt, wird immer älter und hat meist Kunden in der gleichen Altersklasse. Diese wurden typischerweise gewonnen, als Makler und Kunden in den Dreißigern waren. Damals ging es um Ansparvorgänge und Risikoabsicherung. Doch nun geht es um andere Themen.

Hat sich das Gros der Makler ausreichend damit auseinandergesetzt?

Nein, viele haben sich nie über die zweite Lebenshälfte Gedanken gemacht, es wird immer nur bis 60 oder 65 beraten. Sie übersehen, dass schon mit 50 die Lebensphase beginnt, in der sich Menschen auf die Phase nach 65 vorbereiten. Es geht dann weniger darum, noch Vorsorgelücken aufzuspüren, sondern darum, was mit dem bis dato angesparten Vermögen getan wird. Ist bisher alles nach Plan verlaufen? Ist das Vermögen so justiert, das es zu dem passt, was der Kunden später mal vorhat? Testament und Vermögensübertragung muss man regeln, aber der Kern ist die Finanzplanung, die einem niemand abnimmt. In Deutschland gibt es kaum Berater, die sich auf diese Phase spezialisiert haben.

Wirklich? Aber Ruhestandsplanung wird nun doch überall propagiert?

Ich sage es mal provokant: Ruhestandsplanung ist ein verzweifelter Versuch der Branche, ein neues Thema zu besetzen und neue Kunden zu gewinnen, ohne aber ein echtes Beratungskonzept dafür zu haben. Das heißt, als Berater lasse ich mich ausbilden und weiß dann, wie ich zu einer Vorsorgevollmacht komme, dass ich ein Testament machen müsste. Ich weiß auch, dass ich steuerliche und juristische Beratung bräuchte, aber ich setze mich nicht wirklich damit auseinander, wie ich dann von dieser zusätzlichen Dienstleistung aus meine Rolle als Berater konkret ändere. Genau da gilt es anzusetzen. Die Identität des Beraters muss sich ändern.

Werden diese neuen Anforderungen aktiv von Kundenseite an den Berater herangetragen?

Nein, die 50plus-Kunden müssen aktiv seitens des Maklers angesprochen werden. Ich kenne keinen 55-Jährigen, der sagt, heute müsste ich mal zum Finanzplaner gehen und Cash-flow-Modeling betreiben. Aber wenn sie Vertrauen haben, sind Kunden nach der richtigen Ansprache dafür offen, sich konkret Gedanken zu machen, wie ihre Vermögensstruktur aussehen soll. Gerade bei ihren Bestandskunden tun sich Vermittler aber schwer, weil sie eben anders vorgehen müssen als bisher.

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Oliver Lepold

Oliver Lepold ist Dipl.-Wirtschaftsingenieur und freier Journalist für Themen rund um Finanzberatung und Vermögensverwaltung. Er schreibt regelmäßig für Pfefferminzia und andere Versicherungs- und Kapitalanlage-Medien.

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